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#Kommentar zu Antisemitismus an Hochschulen: Raum der Angst

Die identitäre Linke grenzt erbarmungslos und gewaltsam aus. Zu beobachten ist das besonders an Hochschulen in Berlin. Doch die Leitungen sind nahezu machtlos.

Die antisemitische Gewalt an den Berliner Hochschulen nimmt in erschreckendem Maße zu. Nach der Besetzung eines Hörsaals durch propalästinensische Studenten wurde in der vergangenen Woche ein jüdischer Student der FU von einem propalästinensischen Studenten in Berlin-Mitte krankenhausreif geschlagen.

Als Studenten der Universität der Künste (UdK) im November in Berlin mit schwarzen Corona-Masken und rot gefärbten blutverschmierten Händen propalästinensische Propagandarufe skandierten, gaben sie ihrer sogenannten „Performance“ die vielsagende Überschrift „It’s not complicated“. Deutlicher hätten sie ihrer eigenen Komplexitätsverweigerung kaum Ausdruck verleihen können. Die Lust, sich an Komplexität abzuarbeiten, haben sie womöglich nie entwickelt, sie wurde dem schnellen Effekt einer publikumswirksamen „Aktion“ geopfert. Der Präsident der UdK, der die Solidarität mit Israel erklärte, wurde niedergebrüllt.

Nicht alle werden vor Ausgrenzung geschützt

Es ist eine Minderheit identitärer, antiisraelischer radikal Linker, die immer nur das Leid Einzelner und singuläre Gruppeninteressen kennt, aber noch nicht einmal auf den Gedanken kommt, alle gleichermaßen vor Ausgrenzung zu schützen. Diese Minderheit trifft auf eine Mehrheit völlig unpolitischer Studenten an der Universität, die ihr Studium möglichst effizient hinter sich bringen will, die Universität aber in den seltensten Fällen als Lebensraum oder Labor des gemeinsamen Denkens und Ringens um Erkenntnis erfährt. So wenig wie möglich anwesend zu sein, ist vielen Studenten seit der Corona-Pandemie zur unliebsamen Gewohnheit geworden. Viele jüdische Studenten dagegen trauen sich aus Angst vor Übergriffen nicht mehr an die Hochschulen.

Die identitäre Linke behauptet besonders inklusiv zu sein, sie ist das Gegenteil davon: Sie grenzt erbarmungslos und gewaltsam aus und schreckt vor Antisemitismus nicht zurück. Sie entzieht sich jedem Diskurs, weil sie weder Argumente hat noch die geringste Bereitschaft, sie überhaupt zu hören, geschweige denn, sich damit auseinanderzusetzen. Es geht um Rechthaberei und eingebildete moralische Überlegenheit, nicht um den Streit um das bessere Argument. In den sozialen Netzwerken gibt es ja auch nur Schwarz oder Weiß – Like oder Dislike, Freund oder Feind. Zwischentöne sind nicht gefragt.

Konfliktscheue Hochschulen

Auch wenn es in Berlin gegenwärtig so scheint: Deutsche Hochschulen sind (noch) nicht Hort des Antisemitismus. Aber sie sind in den vergangenen Jahren konfliktscheu geworden. Der akademische Streit ist einer merkwürdigen Harmoniesucht gewichen, die ängstlich auf mögliche Nachteile beim Ringen um Exzellenz, Forschungsgelder oder Projekte schielt. Die Zensurscheren in vielen Köpfen der freiesten Menschen der Republik, so will es scheinen, werden immer größer.

Selbst Hochschulleitungen fallen nicht durch besonderen Mut auf. So brauchte das Präsidium der Freien Universität, durch sein Schwanken beim Plagiatsfall Franziska Giffey schon einschlägig bekannt, eine zweite Erklärung, um den brutalen Übergriff als das zu bezeichnen, was er ist: eine antisemitische Gewalttat.

Und das Berliner Hochschulgesetz sorgt dafür, dass die Übergriffe kaum zu ahnden sind. Der Forderung des Zentralrats der Juden, den Gewalttäter zu exmatrikulieren, kann die FU nicht nachkommen. Während die Hochschulgesetze aller anderen Länder Ordnungsmaßnahmen gegen Studenten mit dem schärfsten Mittel der Exmatrikulation kennen, gilt das nicht für Berlin. „Das Ordnungsrecht über die Studierenden wird aufgehoben“, heißt es ausdrücklich im derzeit gültigen Hochschulgesetz. Es war die Linke im Berliner Senat, die 2021 dafür sorgte, dass die vermeintlich „repressiven“ Systeme in Gestalt von Hochschulleitungen ihre Macht nicht ausüben können. Damals ging es darum, Hochschulautonomie einzuschränken und Postdocs zu entfristen.

Kein sicherer Ort

Als Gründe für eine Exmatrikulation gelten derzeit in Berlin ausschließlich nicht erfüllte Studienformalitäten wie die nicht fristgemäße Rückmeldung, die verpasste Zahlung von Gebühren und andere Banalitäten. Die scheinbar studentenfreundliche Regelung bewirkt das Gegenteil. Denn sie schützt rassistische oder antisemitische Gewalttäter, sexuelle Belästiger und alle anderen, die den vermeintlich sicheren Ort des Campus für ihre Kommilitonen zum wirklichen Angstraum machen.

Das wurde damals jedoch nicht bedacht. Jetzt merken sämtliche Berliner Hochschulleitungen, dass das befristete Hausverbot, das sie verhängen können, ein zahnloser Tiger ist. Selbst der Präsident der FU gibt nun öffentlich zu erkennen, dass er das schärfere Schwert der Exmatrikulation mit seiner präventiven Wirkung gern besäße, um jüdische Studenten besser zu schützen. Es wäre jetzt die Aufgabe der Regierungskoalition im Abgeordnetenhaus, das Ordnungsrecht wieder gesetzlich zu verankern – auch und gerade wegen der jüdischen Studenten.

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