#Kommentar zur Corona-Notbremse: Es brennt
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„Kommentar zur Corona-Notbremse: Es brennt“
Die Kritiker der deutschen Corona-Politik stellen die Bundesrepublik gerade als eine Art Myanmar dar. In der AfD haben die Fraktionsvorsitzenden Alice Weidel und Alexander Gauland die Planungen der großen Koalition für eine „Bundes-Notbremse“ zur einheitlichen Eindämmung der Pandemie als einen „Anschlag auf die föderale Ordnung und auf demokratische Grundprinzipien unserer Republik“ beschrieben – ganz so, als ließe Angela Merkel jetzt schon in die Menge schießen oder als rollten Panzer über den Alexanderplatz.
Solche Formeln dokumentieren in ihrer Maßlosigkeit nur, wie gleichgültig der extremen Rechten im Bundestag demokratische Prinzipien sind. Wo es ihr passt, zum Beispiel, wenn es um den Gesinnungsgenossen Wladimir Putin geht, drückt sie alle Augen zu, und wo sie es opportun findet, verramscht sie gespielte Grundrechtsempörung wie ein Marktschreier kurz vor Budenschluss für zwei Mark fuffzig.
Dabei wird die geplante Notbremse alles andere sein als ein Putschgesetz. Ausnahmsweise ist der Name in diesem Fall eine klug gewählte Metapher. Auf jeder deutschen Notbremse steht heute schließlich „Missbrauch strafbar“. Unübersehbar ist ihr die Warnung vor leichtfertiger Anwendung aufgedruckt. Das Sprachbild ist aber auch deshalb treffend, weil es ja in jeder Straßenbahn der Republik neben der Not- auch die ganz normale Bremse gibt. Die zieht der Schaffner jeden Tag, wenn gerade jemand ins Gleis läuft.
Alles andere als ein Putschgesetz
So ist das auch bei der Pandemiebekämpfung. Die normalen Bremsen, also die Regelungsbefugnisse der Länder, bleiben das Hauptinstrument. Sie sind längst in Paragraf 28a des Infektionsschutzgesetzes geregelt, und wenn sie konsequent angewendet werden, ist die Hoffnung berechtigt, dass der Inzidenzwert 100, ab dem jetzt Bundesregeln gelten sollen, gar nicht erst erreicht werden muss. Die Länder haben es damit auch selbst in der Hand, ob sie ihre Kompetenzen behalten oder nicht.
Trotzdem: Ausgangssperren, die Schließung von Läden und Schulen, Kontaktbegrenzungen, sind ernste Dinge. So etwas schränkt Grundrechte ein. Deshalb ist es nicht verwerflich, wenn die FDP oder die Linke gegen den Plan der Bundeskanzlerin Bedenken haben, ab 21 Uhr den Deutschen das Verlassen ihres Hauses (mit Ausnahmen) notfalls zu verbieten. Eine Opposition, die hier nicht aufpasst, versteht ihren Job nicht.
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Das Pochen auf verbriefte Rechte ist legitim, aber es darf jetzt, am Kulminationspunkt der Pandemie, den Staat nicht lähmen. Jeder Tag zählt. Buchstäblich jede Stunde Zögern kostet Menschenleben. Selten war so deutlich wie heute, was die Theoretiker der Aufklärung schon vor 200 Jahren wussten: Die Rechte des Menschen leben nicht von Natur aus in friedlicher Eintracht miteinander. Manchmal ist eines des anderen Feind.
Wenn es eilt, ist Pragmatismus gefragt
Versammlungsfreiheit, Handlungsfreiheit können mit dem Recht auf Leben kollidieren. Dann ist Pragmatismus gefragt. Der Pragmatismus von Feuerwehrleuten, die aus brennenden Häusern zuerst Menschen retten und dann erst ihr Eigentum. Und die sehr wenig Zeit haben, zu diskutieren. Auch diese Metapher ist übrigens gerade im Schwange. Zuletzt hat Gernot Marx sie verwendet, der Chef der deutschen Intensivmediziner: „Es brennt“, sagt er.
Wenn es aber brennt, bilden alle, die guten Willens sind, Eimerketten. Auch Bundestagsabgeordnete. Und wenn dann 473 von 709 zusammen sind, reicht es für die Zweidrittelmehrheit und das Eilverfahren, das Menschen rettet – ganz gleich, ob einer nun von der Union kommt oder von der Linken. Und darauf kommt es an.
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