#Man sieht den Wald vor lauter Bären nicht
Inhaltsverzeichnis
Ernsthafte Themen im Fernsehfilm sind nicht selten wie das schlappe Salatblatt auf dem Burger. Man braucht das kulinarische Leichtgewicht als Vehikel, um Grünzeug unters Volk zu bringen. Fiktion und Unterhaltung stehen unter Irrelevanzverdacht, auch dann noch, wenn es um Umweltkriminalität geht. Man könnte meinen, dass dort, wo die journalistische Genauigkeit gefordert ist, die Fiktion über- und gleichzeitig unterfordert ist.
Hier glänzt der Dokumentarfilm wie Jens Schanzes „La Buena Vida – Das gute Leben“, der von der Kohlegewinnung im Tagebau „El Cerrejón“ in Kolumbien auf dem illegal bewirtschafteten Gebiet eines indigenen Volkes in großen Kinobildern erzählt. Oder die Arte-Dokumentation „Das Gift der Mafia“, in der es um das Geschäft der illegalen Entsorgung von Giftmüll geht. Ökothriller, denen es gelingt, Wissensvermittlung, Dramaturgie und berührende Figuren interessant zu balancieren, kann man im Programm mit der Lupe suchen.
„Blutholz“, ein Film zum illegalen Wälderkahlschlag in den siebenbürgisch-rumänischen Karpaten, gelingt die Balance erstaunlich gut. Désirée Nosbusch als Siebenbürger Sächsin, die in Kronstadt/Brasov als Staatsanwältin gegen die in Rumänien gegen die allgegenwärtige Korruption vorgeht und als „gläserne“ Bürgermeisterin kandidiert, und Król, der einen versoffenen Privatermittler am Tiefpunkt seiner Karriere gibt, der von einem deutschen Holzverarbeitungskonzern beauftragt wird, in den Karpaten nach einem verschwundenen Manager zu suchen, geben ihren Figuren Tiefe. Sie, sind nicht, wie oft in Ökothrillern, Pappkameraden zur Problemverdeutlichung.
Der Film beginnt mit Szenen, die freilich aus Dutzenden Krimis mit Mystery-Hauch vertraut scheinen. Bären verfolgen einen Mann durch dichte, nebelverhangene Wälder, Hundeführer scheinen Wölfe loszulassen, um einen nackten, fliehenden Mann, den Manager des Holzkonzerns Sasse, zerreißen zu lassen. Aber diese ersten Szenen sind wie eine Finte der Bildgestaltung Hannes Hubachs, eine gedankenproduktive falsche Fährte oder Fragezeichen für Zuschauer.
Ein gebrochener Mann kehrt zurück
Der Konzern Sasse schickt hochmögende, aber hilflose Juristen nach Kronstadt/Brasov, darunter die junge Katja Schöne (Alina Levshin). Begleitet wird sie von Hans Schüssler (Król), einem von hier, der vor vierzig Jahren im kommunistisch regierten Rumänien mit einem Schulfreund Westwaren schmuggelte, an den Geheimdienst Securitate verraten, gefoltert und von der Kohl-Regierung freigekauft wurde, bei der Bundeswehr berufliche Heimat fand und als Zielfahnder arbeitete.
Er ist ein gebrochener Mann, der nun zum ersten Mal wieder in sein Heimatdorf fährt und dem Vater (Peter Franke) seines seit damals verschwundenen Freundes Rede und Antwort steht. Die Dritte im Freundschaftsbund war Silvia Dancu (Nosbusch). Sie blieb, machte nach dem Sturz der Kommunisten Karriere in der Justiz und punktet nun mit „deutschen Werten“ in der Regionalpolitik. Schüsslers Jugendschwarm.
Ambitioniert: Désirée Nosbusch spielt eine Staatsanwältin, die Bürgermeisterin in Siebenbürgen werden möchte.
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Bild: ZDF und Hannes Hubach
Neben die Unrechtsaufarbeitung tritt die aktuelle Thematik. Hier wird es komplex und ansatzweise unübersichtlich. Visuelle Strukturierung bieten die Aufnahmen der Karpatenwälder, des – noch – größten zusammenhängenden Urwaldgebiets Europas. Ein Idyll ist das nicht. Eine brandneue, mit EU-Mitteln gebaute Straße durchschneidet die Abgeschiedenheit, Drohnenaufnahmen zeigen, wie dichter Wald abrupt endet und in kahlgeschlagene Bergkuppen übergeht.
Der Verschwundene wollte den Wald retten
Der verschwundene Manager war Experte für Nachhaltigkeit, betrieb mit seiner Frau (Anja Schneider) eine Stiftung zur Rettung der Wälder und zur Gründung eines Nationalparks. Schüssler entdeckt ein Roma-Dorf, in dem durch einen Erdrutsch Menschen starben, findet Feindseligkeit, falsche Gutachten und mit dem Straßenbauunternehmer Rednic (Geo Dobre) eine dubiose Figur, die ihn daran erinnert, dass die alten Seilschaften meist auch die neuen Seilschaften bilden.
Obwohl sich die Skandale nun türmen, bleibt man an „Blutholz“ dran. Das liegt einerseits daran, dass sich kaum jemand Gedanken zu machen scheint, wo all das Holz herkommt, das hierzulande als Billigmöbel angeboten wird. Es liegt aber auch, neben dem Spiel von Król und Nosbusch, am Drehbuch von Alexander Buresch, unter Mitarbeit von Sven Taddicken und nach einer Idee des Produzenten Martin Lehwald entstanden. Und es liegt an der überlegten Regie von Torsten C. Fischer, der ebenfalls am Buch mitgearbeitet hat.
Auf den einen oder anderen gewalttätigen Schurken mit Schießeisen vor Klammkulisse hätte man verzichten können. Aber die Spannung hält bis zum Schluss, und über die tatsächliche illegale Rodung mitten in Europa lernen wir auch etwas.
Blutholz läuft um Montag, 15. Mai, um 20.15 Uhr im ZDF.
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