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Krieg mit Pocken

Das Corona-Virus hat sich weltweit verbreitet. Es lässt sich nicht sehen, nicht fühlen, nicht schmecken. Und doch dreht sich inzwischen unser gesamtes Leben um Sars-CoV-2 und seine Folgen. Die Menschheit hat das Virus – weitgehend – als Gefahr anerkannt. Damit könnte diese Geschichte schon zu Ende sein.

Lorenz Hemicker

Dass sie es nicht ist, liegt an Menschen wie Andrew Weber. Er zählt zu einer Gruppe von Fachleuten, die glauben, dass die meisten Menschen von der vielleicht gefährlichsten Gefahr im Zusammenhang mit tödlichen Viren noch immer keinen blassen Schimmer haben: von biologischen Kampfstoffen.

Weber arbeitet für den „Council on Strategic Risks“, eine der zahlreichen sicherheitspolitischen Denkfabriken in Washington. Er hat sich nahezu sein gesamtes Berufsleben mit den Gefahren des militärischen Einsatzes von Viren und anderen natürlichen Erregern beschäftigt. Davon allein 17 Jahre als Berater im Pentagon. Weber schlägt Alarm. Er sagt, dass die Gefahr von Biokampfstoffen definitiv unterschätzt werde. Das falsche Virus, im Labor gezüchtet und als Waffe eingesetzt, könne sich deutlich aggressiver verbreiten als das Coronavirus, das nicht aus einem Labor stammt. Ein künstlich hergestelltes Virus könnte bis zu 30 Prozent der Menschen umbringen, die mit ihm in Kontakt kommen.

Natürliche Giftstoffe seit Jahrhunderten als Waffe eingesetzt

Dass die Gefahr aus dem Blick geraten ist, hat einen Grund: Krankheitserreger und natürliche Giftstoffe sind für militärische Zwecke ziemlich aus der Mode gekommen. Dabei zählten sie über lange Zeit zum Spezialrepertoire. Skythische Reiternomaden sollen schon im vierten Jahrhundert vor Christus ihre Pfeile mit Leichenteilen in Berührung gebracht haben, um ihre Gegner mit Erregern zu infizieren. Perser, Griechen und Römer warfen Tierkadaver ins Wasser ihrer Gegner, um es zu verseuchen. Während des Mittelalters wurde die Pest zum Biokampfstoff der Wahl. Tartaren schleuderten infizierte Leichen mit Hilfe von Katapulten in die belagerte Stadt Caffa auf der Halbinsel Krim, um ihre Übergabe zu erzwingen. Später, bei der Besiedlung Nordamerikas durch die Europäer, wurden die Pocken zum Schrecken der Ureinwohner. Im amerikanischen Bürgerkrieg kam dem Gelbfieber diese Rolle zu.

Im 20. Jahrhundert wurde dann mit der Züchtung von Bakterien versucht, Biokampfstoffe zu den Massenvernichtungswaffen zu entwickeln, als die sie heutzutage gelten. Deutsche Truppen experimentierten im Ersten Weltkrieg mit Milzbranderregern. Im Zweiten Weltkrieg warfen die Japaner Pestflöhe über chinesischem Gebiet ab. Im Kalten Krieg unterhielten die Vereinigten Staaten und die Sowjetunion gewaltige Biowaffenprogramme – ohne freilich zu befriedigenden Resultaten zu gelangen. Am Ende unterzeichneten sie die internationale Biowaffenkonvention, die seit 1975 die Entwicklung, Herstellung und Lagerung von Biowaffen untersagt. 182 Staaten haben den Vertrag inzwischen unterschrieben.

Das ändert an Webers Sorge wenig. Denn der Vertrag ist schwach. Einen Verifikationsmechanismus gibt es nicht. Stattdessen gibt es Hinweise auf Staaten, die ihn unterlaufen. Bei Nordkorea ist sich Weber sicher. „Wir wissen, dass das Land über eine fortgeschrittene biologische Waffenkapazität verfügt.“ Seine Einschätzung deckt sich mit der des amerikanischen Außenministeriums. In einem Bericht, der im April 2020 veröffentlicht wurde, hieß es, Nordkorea verfüge über ein offensives Biowaffenprogramm. Es solle dazu dienen, der militärischen Überlegenheit der Vereinigten Staaten und Südkoreas etwas entgegenzusetzen. Details werden allerdings nicht genannt. Sorge äußerte das State Department auch über China, Iran und Russland, ohne ihnen jedoch eine Vertragsverletzung nachzuweisen.

Blind in die nächste Katastrophe?

Neben Staaten, die das Abkommen brechen, gilt Webers Sorge nichtstaatlichen Akteuren. „Es gibt Terrorgruppen und sogar Individuen, die Angriffe mit Biokampfstoffen verüben können.“ Da gab es schon eine ganze Reihe von Vorfällen. Einer davon ereignete sich in Deutschland. Im Juni 2018 fanden Polizisten Substanzen zur Herstellung von Rizin in einer Kölner Wohnung. Der dort lebende Tunesier, ein Islamist, wurde im März dieses Jahres zu zehn Jahren Gefängnis verurteilt. Nach den Anschlägen vom 11. September 2001 hatte zudem ein amerikanischer Mikrobiologe Briefe mit Milzbranderregern an amerikanische Politiker, Zeitungsredaktionen und Nachrichtensender verschickt. Er war brisanterweise an einer Forschungseinrichtung des amerikanischen Heeres für Infektionskrankheiten tätig gewesen. Als er von den Ermittlungen Wind bekam, beging er Selbstmord. Bereits 1984 hatten Mitglieder der Bhagwan-Sekte im amerikanischen Bundesstaat Oregon in mehreren Restaurants Salatbars und Gemüsetheken mit Salmonellen-Bakterien infiziert. Über 750 Menschen zogen sich Lebensmittelvergiftungen zu.

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