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#Künstlerinnen mit Kind verlangen: Neue Fördermodelle – jetzt!

Künstlerinnen mit Kind verlangen: Neue Fördermodelle – jetzt!

Gender Show Gap, Gender Pay Gap, Altersarmut: Künstlerinnen mit Kind sind davon besonders betroffen. In einem offenen Brief an die staatlich finanzierten Förderanstalten in Deutschland machen jetzt 13 Bündnisse und Initativen aus Film, Theater, Kunst und Literatur Vorschläge, wie die Fördermodelle für Care-Taker verbessert werden können.

Zum Bündnis „Fair Share! Sichtbarkeit für Künstlerinnen“ gehört auch das Schriftstellerinnen-Kollektiv „Writing with CARE/RAGE“, das Mitte Juni zu diesem Thema in Berlin ein Online-Festival veranstaltet.

So ein Kind ist klasse, für Künstlerinnen aber schnell ein Hindernis – weil die Fördermodelle Mütter schnell ausgrenzen. Foto: Imago/Addictive Stock

Die Villa Aurora in Los Angeles ist ein gleißend weißes Sehnsuchtsziel für freischaffende Künstler:innen. Die Jurys des Vereins Villa Aurora & Thomas Mann House wählen pro Jahr zwölf Stipendiat:innen in den Sparten Literatur, Film, Musik und Bildende Kunst aus. Finanziert werden die Stipendien vom Bund.

Das Haus war das Exildomizil des deutsch-jüdischen Schriftstellers Lion Feuchtwanger. Mütter sind allerdings nicht willkommen. Schon gar nicht, wenn sie alleinerziehend sind. Ein breites Bündnis von Künsterlinnen-Initiativen verlangt: Im deutschen Fördersystem muss sich einiges ändern.

Künstlerinnen mit Kind: Quasi immer Homeoffice

Eine der Bedingungen für das Stipendium lautet nämlich: „Die Mitnahme von Familienmitgliedern ist grundsätzlich nicht möglich.“ So steht es auf der Webseite der Villa Aurora. Künstlerinnen mit Kleinkindern können sich die Bewerbung damit sparen. Außer es gibt einen Vater, der in dem Vierteljahr die Betreuung des Nachwuchses allein wuppt. Es brauchte nicht die Corona-Pandemie, um zu erkennen, dass diese Option oft genug mit dem Partner nicht funktioniert. Mit der Virus-Krise ist die Situation für Künstlerinnen mit Care-Verpflichtungen – neben Kindern können das auch pflegebedürftige Angehörige sein – aber noch einmal dramatischer geworden. Dem jüngsten „Gender Gap Report“ des Weltwirtschaftsforum (WEF) zufolge hat die Pandemie die Gleichstellung der Geschlechter um 40 Jahre zurückgeworfen.

Für Künstlerinnen, Schriftstellerinnen oder Musikerinnen mit Kleinkindern ist quasi immer Homeoffice. Dass sie damit von vielen Stipendien ausgeschlossen sind, die beispielsweise im Literaturbetrieb für eine wesentliche Einnahmequelle sind, ist einer von vielen Fehler im Fördersystem.

Drohende Folgen für die Mütter in der Kunst: Gender Show Gap, Gender Pay Gap, spätere Altersarmut.

Am 28. Mai haben 13 Bündnisse und Initiativen deshalb einen offenen Brief an die staatlich finanzierten Förderanstalten in Deutschland adressiert. Im Aktionsbündnis „Fair Share! Sichtbarkeit für Künstlerinnen“ sind zum Beispiel Pro Quote Bühne, Pro Quote Film, „Mehr Mütter für die Kunst“, das Theater Autor*innen Netzwerk und das Schriftstellerinnen-Kollektiv „Writing with CARE/RAGE“ vertreten. Der Tenor des Briefs: „Gesellschaftlich wegweisende Fördermodelle jetzt!“.

Offener Brief für gendergerechte Fördermittel-Verteilung

In dem Schreiben fordert das Bündnis unter anderem eine gendergerechte Verteilung der Fördermittel mit einem Mindestanteil von 50 Prozent bei der Gelderverteilung für Frauen und kinderfreundliche Stipendien, zum Beispiel mit dem Angebot einer Kinderbetreuung vor Ort, aber auch ortsunabhängigen Varianten, etwa über digitale Residenzen.

Ein weiterer Vorschlag ist die Abschaffung der Altersbeschränkungen bei Ausschreibungen für Stipendien und Förderungen. Oft richten sich Ausschreibungen an junge Künstlerinnen, beispielsweise bis zu einem Alter 35 Jahre. Ein Lebensabschnitt, in dem Frauen gemeinhin Kinder bekommen können. Damit ist es ihnen aber unter diesen Bedingungen nur schwer möglich, sich in derselben Phase auch als Künstlerin zu etablieren. Und wenn die Kinder aus dem Gröbsten raus sind, ist es dafür möglicherweise schon zu spät.

Das Aktionsbündnis schreibt: „Es darf nicht sein, dass Menschen wegen ihrer Elternschaft, oder weil sie andere Care-Arbeit leisen, disqualifiziert werden. (…) Nach häufig hervorragenden Studienleistungen und einem vielversprechenden Start ins Berufsleben verschwinden viele Künstler*innen, sobald sie Mutter geworden sind, für immer von der Bildfläche.“

Der offene Brief wird von Vereinen und Initiativen mitgetragen.

Eine der beteiligten Initiativen, das Schriftstellerinnen-Kollektiv „Writing with CARE/RAGE“, veranstaltet vom 18. bis 20. Juni in Berlin eine Konferenz im digitalen Raum, die das Dilemma der schreibenden Mütter als Randfiguren in der Literatur offensiv zum Thema macht. Die Berliner Schriftstellerin Sharon Dodua Otoo, die kürzlich im von Christian Baron und Maria Barankow herausgegebenen Sammelband „Klasse und Kampf“ sehr eindringlich ihre finanziellen Restriktionen als Schriftstellerin und Mutter beschrieb, eröffnet #WritingWithCare mit einem Grußwort, es gibt Workshops, Panels etwa zu „Care und Kollegialität“ und „Care und Exil“ und, mangels Disko, am Samstagabend eine Playlist des Kollektivs Henrike Iglesias. Dann kann dann vor dem eigenen Rechner mitgetanzt werden. Kennen wir alle ja aus den Lockdowns eins bis drei.

Schriftstellerinnen mit Kind: Konferenz im virtuellen Raum

Schon der Name des Kollektivs steckt die emotionale Bandbreite ab: von „Care“ – der Vereinbarkeit von Schreiben und Sorgearbeit –, bis „Rage“ – die Wut über die aus ihrer Sicht mangelnde Gleichbehandlung im Literaturbetrieb. Es besteht aus elf Literatinnen, viele davon aus Berlin, die sich kurz vor Ausbruch der Corona-Krise zusammenfanden: zum Beispiel Julia Wolf, Caca Savic, Elisabeth R. Hager, Sandra Gugic, Verena Güntner, Berit Glanz, Daniela Dröscher und Lene Albrecht.

Die Konferenz war von Anfang an als digitale Veranstaltung geplant. Mit der aktuellen Entspannung der Pandemie-Situation hätte sie eigentlich auch als Publikumsveranstaltung stattfinden können.

Aber wer passt dann auf die Kinder auf?


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