Wissenschaft

#Künstliche Intelligenz mit Geruchssinn

Blumig-frisch oder doch eher süßlich-rosig? Geruchsmoleküle in der Luft aktivieren eine Vielzahl verschiedener Rezeptoren in unserer Nase und erzeugen damit komplexe Geruchswahrnehmungen. Nun ist es Forschenden mit Hilfe maschinellen Lernens gelungen, die molekulare Struktur tausender Geruchsstoffe mit ihren Wahrnehmungseigenschaften in Verbindung zu bringen. Eine von ihnen trainierte künstliche Intelligenz konnte unbekannte Gerüche allein anhand der Molekülstruktur der Duftstoffe genauer beschreiben als trainierte menschliche Test-Schnüffler.

Für viele unserer Sinne lässt sich relativ genau vorhersagen, welcher äußere Reiz zu welcher Wahrnehmung führt. Licht einer bestimmten Wellenlänge hat eine bestimmte Farbe und Schall mit einer bestimmten Frequenz nehmen wir als bestimmte Tonhöhe wahr. Komplizierter ist es beim Geruchssinn: Über 400 verschiedene Geruchsrezeptoren in unserer Nase reagieren auf eine unglaubliche Vielfalt chemischer Moleküle. Dabei können sich selbst strukturell sehr ähnliche Moleküle geruchlich stark voneinander unterscheiden. Bislang war es deshalb nicht möglich, für neue Substanzen zuverlässig vorherzusagen, ob und wie sie riechen.

Von der Molekülstruktur zum Geruch

Das hat ein Team um Brian Lee vom Google Research Brain Team in Cambridge nun geändert. Anhand eines Trainingsdatensatzes mit 5000 detailliert beschriebenen Geruchsstoffen trainierten die Forschenden ein KI-Modell darauf, die Molekülstruktur mit den Geruchseigenschaften in Verbindung zu bringen und mit Worten zu beschreiben. Auf diese Weise erstellten sie eine Geruchskarte, die den komplexesten unserer Sinne vorhersagbar und maschinell erfassbar macht.

„Das Modell schließt uralte Lücken im wissenschaftlichen Verständnis des Geruchssinns“, sagt Co-Autor Joel Mainland vom Monell Chemical Senses Center in Philadelphia. „In der Geruchsforschung besteht seit langem die Frage, welche physikalischen Eigenschaften ein Molekül so riechen lassen, wie es das Gehirn wahrnimmt. Wenn nun aber ein Computer die Beziehung zwischen der Form der Moleküle und der Art und Weise, wie wir ihren Geruch wahrnehmen, erkennen kann, dann kann die Wissenschaft dieses Wissen nutzen, um zu verstehen, wie unser Gehirn und unsere Nase zusammenarbeiten.“

Besser als menschliche Test-Riecher

Um das Modell zu validieren, schulte das Forschungsteam 15 menschliche Probanden darin, Gerüche mit einer Auswahl von 55 Worten zu beschreiben, darunter blumig, muffig, moschusartig, rauchig, fleischig und erdig. Zusätzlich sollten sie jeweils auf einer Skala von eins bis fünf angeben, wie ausgeprägt die jeweilige Geruchsnuance war. Im Anschluss ließ das Team sowohl die KI als auch die menschlichen Tester 400 neue Gerüche bewerten. Die Künstliche Intelligenz erhielt dabei jeweils die Molekülstruktur, die menschlichen Schnüffler eine aufgereinigte Probe der jeweiligen Substanz.

Das Ergebnis: „Das von der KI erzeugte Geruchsprofil stimmte besser mit dem Mittelwert der menschlichen Beschreibungen überein als jeder menschliche Tester einzeln“, berichten die Autoren. Bei mehr als der Hälfte der getesteten Moleküle schnitt das maschinelle Modell besser ab als die menschlichen Probe-Schnüffler. „Das überraschendste Ergebnis ist jedoch, dass das Modell auch bei Geruchsaufgaben erfolgreich war, für die es nicht trainiert war“, sagt Mainland. „Der Clou war, dass wir es nie darauf trainiert hatten, die Geruchsstärke zu erlernen, es aber trotzdem genaue Vorhersagen machen konnte.“ Für 500.000 potenzielle Duftmoleküle, die bislang noch nicht beschrieben wurden, konnte das Modell klassifizieren, welche potenziell trotz sehr unterschiedlicher Molekülstruktur ähnlich riechen und welche sich trotz nahezu identischer Struktur geruchlich stark voneinander unterscheiden.

Digitalisierung von Gerüchen

„Wir hoffen, dass diese Karte Forschenden aus der Chemie, den Geruchsneurowissenschaften und der Psychophysik als neues Instrument zur Erforschung der Natur des Geruchsempfindens nützlich sein wird“, so Mainland. Unter anderem könnten die Vorhersagen des Modells dabei helfen, neue Düfte für die Parfümindustrie zu kreieren, funktionelle Gerüche beispielsweise zur Abwehr von Insekten zu erzeugen oder neue Geschmacksstoffe herzustellen. „Unser Ansatz ermöglicht Geruchsvorhersagen auf breiter Basis und ebnet den Weg zur Digitalisierung von Gerüchen“, schreiben die Forschenden.

Quelle: Brian Lee (Google Research, Brain Team, Cambridge) et al., Science, doi: 10.1126/science.ade4401

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