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#"Lächel' doch mal!": Mein Leben mit Resting Bitch Face

Im Alltag wechsele ich eigentlich hauptsächlich zwischen zwei Gesichtsausdrücken hin und her:
1. Lachen
2. Resting Bitch Face

Resting Bitch Face, kurz: RBF, heißt: Sobald ich meine Gesichtsmuskeln entspanne und einen vermeintlich neutralen Gesichtsausdruck aufsetze, sehe ich arrogant, sauer, schlecht gelaunt, abweisend, wütend oder wie eine Serienmörderin aus. Vielleicht bin ich in dem Moment tatsächlich auch genervt oder plane ein Mordkomplott. Sehr wahrscheinlich denke ich allerdings nur über meine nächste Mahlzeit nach. Oder frage mich, warum es in ganz Hogwarts niemanden gab, der Harry Potters Sehschwäche einfach wegzaubern konnte. Möglich ist aber auch, dass ich gerade wirklich einfach an nichts denke.

„Bist du irgendwie sauer auf mich?“

Augen leicht zusammengekniffen, Brauen zusammengefurcht, Mundwinkel nach unten – in dieser Position findet mein Gesicht sich unweigerlich zum relaxten Chillen wieder, wenn es von dem Mimik-Workout für die Basisemotionen Freude, Wut, Ekel, Furcht, Überraschung, Traurigkeit und Verachtung erschöpft ist. Ein Stück Restverachtung bleibt jedoch im RBF-Modus immer im Blick. Und genau das sorgt gerne für Irritationen bei meiner Umwelt.

Weil ich und mein Resting Bitch Face ständig unbewusst Miesepetra-Signale senden, bekomme ich oft besorgte Nachfragen:
„Hey, bist du irgendwie sauer auf mich?“,
„Sag mal, gefällt’s dir hier wirklich?“ und
„War das gerade sarkastisch oder ernst gemeint?“

Sogar meine beste Freundin gestand mir irgendwann, dass sie das erste halbe Jahr lang dachte, ich würde sie hassen. Dabei fand ich sie von Anfang an toll, meine Begeisterung überträgt sich einfach nicht immer sonderlich überzeugend auf mein Gesicht.

Es sind Frauen, von denen im Privaten wie Beruflichen stets ein Lächeln erwartet wird. Lächelt man gerade mal nicht, wird man automatisch als zickig, sprich Bitch abgewertet.

Zugegebenermaßen erschrecke ich manchmal vor mir selbst, wenn ich an Schaufenstern vorbeilaufe und unvorbereitet einen Blick auf meine böse Miene erhasche. Und ich zeige nur äußerst ungern meinen biometrischen Perso mit Lächelverbot vor, auf dem ich aussehe wie ein krimineller Hamster.

Das Gesicht dient nun mal als Spielfläche für nonverbale Kommunikation und verrät der Außenwelt, wie wir uns fühlen. Eine freundliche Miene mit einem Lächeln wirkt entwaffnend, offen, nett und empathisch, sie erweckt Vertrauen. Und es sind Frauen, von denen im Privaten wie Beruflichen stets ein Lächeln erwartet wird. Lächelt man gerade mal nicht, wird man automatisch als zickig, sprich Bitch abgewertet.

Mit Schönheitsoperationen zum Dauerlächeln

Und so kriege ich gerne mal von wildfremden Menschen (okay, es sind eigentlich ausschließlich Männer) ein „Lächel‘ doch mal!‘ vor den Latz geknallt. Was in mir nur eine absolute Trotzreaktion auslöst: Jetzt erst recht nicht!

Meinem Vater hingegen, von dem ich das Resting Bitch Face geerbt habe, hat sich noch nie jemand getraut, ein „Lächel‘ doch mal!“ in sein auf 1,90 Meter Höhe thronendes Gesicht zu werfen. Wenig überraschend hat sich „Resting Asshole Face“ als männliches Pendant zum RBF auch nie in der Popkultur etabliert.

Ist man die ewigen Kommentare leid, gibt es inzwischen jedoch auch Schönheitsoperationen, um das Resting Bitch Face loszuwerden. Für die beliebteste Anti-Bitch-Face-Prozedur werden mit Botox die Muskeln geschwächt, die die Mundwinkel nach unten ziehen und letztere mit Fillern nach oben korrigiert. Und fertig ist der Real-Life-Joker mit Dauerlächeln.

Ein Resting Bitch Face ist wie ein kleiner magischer Schutzschild gegen Prospekteverteiler*innen, Pick-up Artist Wannabes und geschwätzige Omas in der Tram.

Mich unters Messer zu legen, um einer vermeintlichen Freundlichkeitsnorm zu entsprechen, kommt für mich schon mal gar nicht infrage. Immerhin bin ich mit meinem Resting Bitch Face in prominenter Gesellschaft: Icons wie Bella Hadid und Victoria Beckham haben es trotz oder gerade wegen ihrer unbeeindruckten Miene weit gebracht.

Ein Resting Bitch Face ist außerdem wie ein kleiner magischer Schutzschild gegen Prospekteverteiler*innen, Pick-up Artist Wannabes und geschwätzige Omas in der Tram. Durchaus praktisch, wenn man eh gerne seine Ruhe hat.

Dank RBF strahle ich weiterhin so viel Wärme aus wie der Berliner Winter. Als Kommunikationsstrategie liefere ich einfach noch verbale Untertitel, wenn mein bitchy Pokerface wieder böse Miene zum guten Spiel macht. Ich bin nämlich gar nicht sauer, das ist einfach nur mein Gesicht.

 

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