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#Langjährige Haftstrafen im Onecoin-Prozess

Weltweit wurden Anleger um mehr als vier Milliarden Euro gebracht, allein in Deutschland waren es 320 Millionen Euro. Nun wurden drei Verantwortliche verurteilt.

Im Betrugsskandal um die erfundene Kryptowährung „Onecoin“ hat es in Deutschland erste Urteile gegeben. Eine große Strafkammer am Landgericht Münster verurteilte am Montag drei Komplizen der untergetauchten „Kryptoqueen“ Ruja Ignatova zu mehrjährigen Haftstrafen. Ein 71 Jahre alter Marketingfachmann muss wegen Beihilfe zum schweren Betrug und Verstoßes gegen das Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz für fünf Jahre ins Gefängnis, seine 50 Jahre alte Ehefrau wurde zu vier Jahren verurteilt. Ein ebenfalls angeklagter Rechtsanwalt aus München muss wegen leichtfertiger Geldwäsche für zwei Jahre und neun Monate hinter Gitter.

Außerdem ordnete die Strafkammer die Einziehung von Vermögenswerten an. 41 Millionen Euro sind es im Fall der gemeinsamen Firma der Eheleute im münsterländischen Greven. Der Mann muss zudem 1,2 Millionen Euro an die Staatskasse zahlen, seine Frau 43.500 Euro und der Anwalt 627.000 Euro. Nach 43 Verhandlungstagen und einer umfangreichen Beweisaufnahme sahen es die Richter als erwiesen an, dass das Trio maßgeblich am Aufbau und der Aufrechterhaltung des Schneeballsystems mit der fiktiven Währung beteiligt war, mit dem allein in Deutschland bis zu 90.000 Privatanleger betrogen wurden.

Anleger mussten Lehrmaterialien kaufen

Onecoin war nämlich nie wirklich eine digitale Währung. Das Hauptgeschäft waren Lehrmaterialien rund um den Wertpapierhandel. Solche Pakete kosteten mindestens 100 Euro, es konnten aber auch sechsstellige Beträge fällig werden. Dazu gab es auch ein sogenanntes Token, mit dem man Onecoin erzeugen und auf dem Onecoin-Marktplatz handeln konnte – allerdings nur, wenn man mehr als ein Starterpaket erworben hatte. Dazu gab es, je nach Paket, tägliche Verkaufslimits.

Es war also nur stark begrenzt möglich, die wertlosen Onecoins zu tauschen, und dies auch nur, wenn man selbst mehr Geld ausgab – ein klassisches Schneeballsystem, das Ignatova nach Schätzungen 4,3 Milliarden Dollar einbrachte. Geld, das in großen Teilen auf Offshore-Konten weitergeleitet wurde und auf das die Anleger, Gläubiger und die Ermittler bis heute keinen Zugriff haben. Mehr als 4,3 Milliarden Dollar wurden so gestohlen, nach Ignatova wird seit Jahren international mit einem Haftbefehl gesucht – erfolglos.

Die selbsternannte „Kryptoqueen“ Ruja Ignatova liebte die große Bühne.


Die selbsternannte „Kryptoqueen“ Ruja Ignatova liebte die große Bühne.
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Bild: WDR/Onecoin

So stand im Mittelpunkt des Verfahrens nun auch nicht die Deutsch-Bulgarin Ignatova als Gründerin von Onecoin, sondern ihre deutschen Helfer, die das Schnellballsystem mitbetrieben. Das Ehepaar soll die europäische Finanzzentrale für Onecoin betrieben haben. Der 71 Jahre alte Mann war schon zuvor ein Fachmann für sogenannte Multi-Marketing-Systeme, bei dem eine ständig wachsende Anzahl von Mitgliedern zum Funktionieren des Geschäftsmodells benötigt wird. Zwischen Ende 2015 und 2016 nahmen die beiden Gelder von Anlegern an. Aus dem Onecoin-Vertrieb wanderten dann nach Erkenntnis der Fahnder 320 Millionen Euro auf Konten ins Ausland, ohne dass dies von der Finanzaufsicht Bafin genehmigt worden war. Der Anwalt half dabei, die wahre Herkunft der Gelder zu verschleiern. Durch seine Hilfe flossen bis zu 75 Millionen Euro auf Bankkonten auf den Cayman-Inseln. Wegen der hohen Überweisungsbeträge reagierte die Bafin im Jahr 2017. Erst dann ließen die Aufseher Konten sperren, die für die Onecoin-Transaktionen genutzt worden waren.

Wenig Hoffnung für Anleger

Angesichts der Dauer war es ein Mammutverfahren für das Landgericht Münster. Der erste Prozess begann im September 2021. Aufgrund der Komplexität des Falles und der umfangreichen Beweisaufnahme hatte die Große Strafkammer Termine bis Ende Mai 2022 vorgesehen. Während der Corona-Pandemie galten besondere Schutzvorschriften. Doch alle Vorkehrungen halfen nichts. Zwei ehrenamtliche Richter fielen aus, in einem Fall war auch nach einer Pause ein weiterer Einsatz nicht möglich. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft und der Verteidigung setzte die Kammer das Verfahren am 30. Mai 2022 aus. Ab Spätherbst 2022 musste neu verhandelt werden, auch die Beweisaufnahme musste abermals durchgeführt werden.

Viel Hoffnung, ihr gesamtes Geld zurückzuerhalten, dürfen sich Privatanleger hierzulande nicht machen. In ihren jahrelangen Ermittlungen hat die Staatsanwaltschaft Bielefeld bisher 28 Millionen Euro an Vermögenswerten sichergestellt, wie die Behörde am Dienstag mitteilte.

Auch anderswo geht die Aufarbeitung des Onecoin-Betrugs weiter. So wurde ihr Mitgründer Karl Sebastian Greenwood im Herbst vergangenen Jahres zu 20 Jahren Haft in einem amerikanischen Bundesgefängnis verurteilt. In den Vereinigten Staaten stehen außerdem weitere ranghohe Mitarbeiter vor Gericht, darunter auch der Bruder von Ruja Ignatova. Ein luxemburgischer Staatsbürger, der von seinem Heimatland unter Hausarrest gestellt worden war, ist im Frühsommer 2023 untergetaucht.

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