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#„Ich bin schon ein Nerd“

„Ich bin schon ein Nerd“

Das Max-Planck-Institut für Kohlen­forschung in Mülheim an der Ruhr ist ein großer Gebäudekomplex am Rande eines Villenviertels. Im Inneren des Laborhochhauses sieht man durch Glaswände Menschen in weißen Kitteln mit Schutzbrillen arbeiten. Das Büro von Benjamin List, Nobelpreisträger für Chemie und Direktor des Instituts, liegt im 9. Stock. Wir kennen uns aus Frankfurt und duzen uns. List trägt einen dunklen Anzug mit Turnschuhen und entschuldigt sich, dass es zum Kaffee keine Milch gibt.

Anke Schipp

Redakteurin im Ressort „Leben“ der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung.

Am 6. Oktober hast du mit deiner Frau in einem Café in Amsterdam gesessen. Was ging in deinem Kopf vor, als gegen 11 Uhr das Handy mit einer schwedischen Nummer klingelte?

Ich wusste natürlich, dass der Nobelpreis an diesem Tag vergeben wird. Das weiß man einfach, wenn man in einer bestimmten Liga spielt. 2009 gab es auch schon mal das Gerücht auf einer wissenschaftlichen Website, dass ich ihn bekomme. Aber damals habe ich genauso wenig damit gerechnet wie in diesem Jahr, sonst wäre ich auch nicht mit meiner Frau auf ein Konzert nach Amsterdam gefahren. Wenn überhaupt, dann hätte ich gedacht, dass ich ihn mit 70 oder 80 Jahren bekomme.

Aber nicht mit 53.

Genau. Dennoch, als es um 11 Uhr in meiner Hosentasche vibrierte, hatte ich schon im Kopf, welcher Tag das ist. Auf dem Handy sah ich dann eine ganz lange Nummer und unten das Wort „Schweden“. Zu meiner Frau sagte ich: „Schweden ruft an.“ Und sie sagte mehr so aus Witz: „Das ist der Anruf.“

Und was sagte „Schweden“ dann?

„Hallo, hier ist Göran Hansson vom Nobelkomitee, ich habe eine erfreuliche Mitteilung an Sie.“ Ich kannte seine Stimme von den Pressekonferenzen im Internet und sagte: „Das gibt’s doch gar nicht!“ Und er erwiderte: „Sie wissen doch noch gar nicht, um was es geht.“ Dann hat er mir noch mal offiziell verkündet, dass ich den Nobelpreis bekomme. Und ganz viele Leute haben danach mit mir geredet, unter anderem der Organiker aus der Kommission. Und ich wurde gefragt, ob ich den Preis annehme. Sartre hat ihn ja mal aus politischen Gründen abgelehnt.

Hansson sagte später, dass sich noch nie jemand so gefreut habe wie du.

Das kann sein, aber ich war einfach wahnsinnig aufgeregt, als ich da vor dem Café stand. Und ich musste meiner Frau durch das Fenster noch körpersprachlich vermitteln, dass das jetzt der Anruf ist.

Wie hast du das gemacht?

Ich habe angedeutet, dass ich in Ohnmacht falle.

Dann hattet ihr eine Dreiviertelstunde Zeit, den Schock zu verarbeiten, bis die Meldung in die Welt gehen sollte.

Normalerweise wäre es so gewesen. Wir haben dann noch was bestellt, obwohl ich gar nichts essen konnte. 15 Minuten später rief Hansson noch mal an und bat mich um die Handynummer des Mitpreisträgers David MacMillan, den er nicht erreicht hatte. Die gab ich ihm und schrieb David eine SMS: „Dave, wake up!“ Als er mich zurückrief und ich ihm sagte, dass er gleich einen Anruf aus Stockholm bekommen würde, entgegnete er nur: „Sorry, Ben, aber das ist ein prank. Ich habe auch so verrückte Studenten, die ständig diese Scherze mit mir machen.“ Er ist fest davon ausgegangen, dass wir veräppelt werden.

Aber du warst dir sicher?

Ich hatte ja die Stimme von Hansson erkannt. Ich dachte: Wenn es ein Scherz ist, dann ist es ein ziemlich guter, dann müssen sie mit Stimmenimitatoren gearbeitet haben. Aber David wollte es einfach nicht glauben und schrieb mir noch eine SMS, dass es ihm leid tue für mich, dass seine Studenten miese Kerle seien und er 1000 Dollar wette, dass der Anruf nicht echt war. Kurze Zeit später, als Hansson ihn endlich erreicht hatte, schrieb er dann: „Ok, no more sleep tonight!“

Den Nobelpreis zu bekommen ist so ähnlich wie 100 Jahre alt werden. Jeder fragt sich: Wie schafft man das? Wie fing es bei dir an?

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