#Und immer wieder lockt Facebook
„Und immer wieder lockt Facebook“
In Tübingen sind die Bürger über Boris Palmers neuesten Konflikt mit seiner Partei gespalten. Einige Geschäftsleute danken dem Oberbürgermeister in ihren Schaufenstern für die Corona-Teststrategie. Linke Studenten demonstrieren und sprühen Parolen aufs Pflaster: „Kein Rassismus in Tübingen“. Das Schwäbische Tagblatt ist seit Tagen randvoll mit Leserbriefen. Aus einigen spricht Hochachtung für die Leistungen des Oberbürgermeisters, viele Schreiber sind es aber auch satt, ihre Stadt ständig wegen Palmers Facebook-Sucht in den Medien zu sehen: „So viel Verstand, so wenig Vernunft. Schade, traurig“, schreibt ein Leser. Andere schreiben von der „Droge Wichtigkeit“ oder einfach nur: „Nicht mein OB“.
Die von Palmer seit 2015 unter großem Medienwirbel inszenierten Diskussionen nahmen die Bürger lange recht gelassen hin – „so isch halt der Boris“, hieß es. Aber mit seinem neuesten Posting hat Palmer für viele die Grenze endgültig überschritten. Er hatte verbreitet: „Der Aogo ist ein schlimmer Rassist. Hat Frauen seinen Negerschwanz angeboten.“ Satire, rechtfertigte sich Palmer später. Der Hintergrund: Der ehemalige Fußballspieler Dennis Aogo hatte zuvor bei einer Spielanalyse im Fernsehen von „trainieren bis zur Vergasung“ gesprochen. Palmer wollte ihn in Schutz nehmen. Ein solcher Satz müsse mit einer Entschuldigung erledigt sein. Daraufhin, so Palmer, habe ein Mitglied der grünen Jugend ihn gefragt, ob er mal wieder Rassismus relativiere. Palmer antwortete mit dem oben genannten Satz. Er bezog sich dabei auf einen anderen Facebook-Eintrag, machte das aber nicht kenntlich. Er habe, so Palmer, „einen absurden Rassismusvorwurf so weit ins Groteske gesteigert, dass unmittelbar ersichtlich sein sollte, wie abwegig das ist“.
Doch so kam es bei den meisten nicht an. Die Grünen-Vorsitzende Annalena Baerbock empfand Palmers Posting als abstoßend und rassistisch, es reihe sich in immer neue Provokationen ein. Habeck nannte das Parteiausschlussverfahren unvermeidlich. Das war es auch, weil Palmer im Telefonat mit Baerbock eine Entschuldigung ablehnte. Der Bogen sei überspannt, sagen viele Grüne. Diese Provokation Palmers sei einfach eine zu viel gewesen, und dann noch zu diesem Zeitpunkt. Palmer verdirbt den Grünen den Landesparteitag in Stuttgart – und den Bundestagswahlkampf. Selbst Grüne, die Palmer nach eigenem Bekunden mögen, sind von ihm genervt, weil er „das Wasser nicht halten kann“. Warum glaubt der Oberbürgermeister von Tübingen, diesen „Facebooksenf“ absondern zu müssen? Der Satz, so formuliert es ein Grüner, hätte auch von der AfD stammen können. Die Partei habe keine andere Wahl gehabt, als das aufs Heftigste zu verurteilen. Denn was wäre es für ein Zeichen gewesen, wenn man es mal wieder bei tadelnden Worten belassen hätte? Hätte es dann nicht geheißen: Ah, das Wort „Neger“ gehört jetzt zum guten Ton bei den Grünen?
Der Grünen-Bundestagsabgeordnete Konstantin von Notz sagt: „Wenn jemand in seiner Partei sozusagen in der Opposition ist zu seiner eigenen Partei, ist das in der Öffentlichkeit unheimlich profilbildend. Bosbach, Gauweiler, Sarrazin, die bürsten gegen den Strich, und da sagen die Leute: Guter Typ, der lässt sich nicht unterkriegen. Gleichzeitig werden diese Leute Kronzeugen der Medien gegen den eigenen Laden.“ Aber Parteien hätten auch einen bestimmten Wertekanon. Und „wenn jemand offensiv und wiederholt Dinge sagt, die mit diesem Wertekanon überhaupt nicht vereinbar sind, dann muss die Partei darauf reagieren“.
Wenn Ihnen der Artikel gefallen hat, vergessen Sie nicht, ihn mit Ihren Freunden zu teilen. Folgen Sie uns auch in Google News, klicken Sie auf den Stern und wählen Sie uns aus Ihren Favoriten aus.
Wenn Sie an Foren interessiert sind, können Sie Forum.BuradaBiliyorum.Com besuchen.
Wenn Sie weitere Nachrichten lesen möchten, können Sie unsere Nachrichten kategorie besuchen.