#Das Exklusivinterview mit dem Mörder kostet Geld
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„Das Exklusivinterview mit dem Mörder kostet Geld“
Es war schwer genug, einem der beiden überlebenden Attentäter des Anschlags auf israelische Sportler bei dem Olympischen Spielen 1972 in München zuzuhören. Mohammed Safady brüstet sich mit seiner Tat, er würde jederzeit wieder Juden töten, sagt er vor der Kamera. „Heroisch“ sei seine Tat gewesen, er bereue nichts, hören wir den heute 69-Jährigen in der Dokumentation „Tod und Spiele – München ’72“ sagen, die in der ARD lief. Elf israelische Sportler und ein bayerischer Polizist kamen damals ums Leben.
Noch schwerer zu ertragen ist die Einlassung, seit bekannt wurde, dass Safady für seinen Auftritt vor der Kamera vom Produzenten der vierteiligen Dokumentation 2000 Dollar erhalten hat.
„Ein Medienskandal der ARD“
„Für mich ist es ein Medienskandal der ARD, dass Killer für ihre menschenverachtenden Aussagen mit Geld bezahlt werden“, sagte die Sprecherin der Opferfamilien, Ankie Spitzer, deren Ehemann André mutmaßlich von Mohammed Safady erschossen wurde, dem Magazin „Focus“, das die Geschichte öffentlich machte. Der Zentralrat der Juden in Deutschland zeigte sich fassungslos und fragt, „wie es dazu kommen kann“. Mörder dürften für ihre Verbrechen „nicht auch noch belohnt werden“, gerade „für die Opferfamilien“ sei das „unerträglich“. Einem Attentäter in einer TV-Dokumentation „eine Bühne zu bieten ist schon skandalös genug“, sagte der Generalsekretär der Europäische Rabbinerkonferenz (CER), Gady Gronich, in München. „Ein Schlag ins Gesicht der Opfer und ihrer Angehörigen“ sei es, seine „krude antisemitische Weltsicht und seinen Hass auf Israel noch zu alimentieren“.
Und wie kam es dazu? Bei der ARD erfuhr man erst durch die Anfrage des „Focus“ von der Sache. „Tod und Spiele – München ’72“, so teilte der Rundfunk Berlin-Brandenburg stellvertretend für die beteiligten ARD-Sender mit, sei „eine internationale Koproduktion, genauer eine Produktion von LOOKSfilm in Koproduktion mit RBB, SWR (gemeinsame Federführung) und BR für die ARD in Zusammenarbeit mit France Télévisions und VPRO“. Voraussetzung für die beteiligten ARD-Sender sei gewesen, „dass keine Interviewhonorare an die zwei überlebenden Attentäter der Olympischen Spiele von 1972 gezahlt werden“. Der Produzent Gunnar Dedio habe „mehrfach – auch schriftlich“ versichert, „dass keine Honorare für die gewährten Interviews mit den palästinensischen Geiselnehmern gezahlt wurden. Ausschließlich branchenübliche Aufwände, insbesondere für Sicherheitsvorkehrungen im Rahmen des Interviews mit einem der Attentäter, wurden von Seiten der Produktion übernommen.“ Dann aber habe der Produzent für seine Nutzungsrechte – „sowohl für das Interview als auch für zur Verfügung gestellte Dokumente und Fotos“ – einige Monate nach den Dreharbeiten „eine zeitlich begrenzte Exklusivität mit einem der Geiselnehmer vereinbart, die mit 2000 US-Dollar von Seiten der Produktionsfirma abgegolten wurde. Unsere Redaktionen sind darüber vom Produzenten – das bestätigte uns LOOKSfilm – nicht informiert worden.“
Der Produzent bestätigt
Der Produzent Gunnar Dedio stellt dies auf Anfrage der F.A.Z. ebenso dar. Er bestätigte, „dass die im Rahmen der Produktion ,Tod und Spiele‘ geführten Interviews mit den überlebenden Geiselnehmern der Olympischen Spiele von 1972 für die an der Produktion beteiligten ARD-Sender an die unabdingbare Bedingung beziehungsweise Voraussetzung geknüpft waren, dass keine Interviewhonorare an die Attentäter gezahlt werden“. Das habe er den „Sendern mehrfach – mündlich wie schriftlich – garantiert“. Weiterhin bestätigte er, „dass LOOKSfilm Monate nach den Aufnahmen die begrenzte Exklusivität der Nutzungsrechte – sowohl für das Interview als auch für zur Verfügung gestellte Dokumente und Fotos – einem der Attentäter mit einer Zahlung von 2000 USD abgegolten hat. Die Redaktionen der an der Produktion beteiligten ARD-Sender“, so Gunnar Dedio, „wussten nichts von dieser Zahlung.“ „Das tut mir sehr leid“, sagte der Produzent. „Ich hätte mich mit ihnen abstimmen müssen – auch auf die Gefahr hin, dass sie einer nachträglichen Exklusivbindung nicht zugestimmt hätten.“
Trailer
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„Tod und Spiele – München ’72“
Video: ARD, Bild: OCEANIX/BIG-Bjarke Ingels Group
Sein Handeln, erklärte Dedio, sei ihm „notwendig“ erschienen, „da Monate nach den geführten Interviews eine internationale Sender-Plattform, die nicht an unserer Serie beteiligt ist, eine Pressemitteilung veröffentlichte, dass sie in ihrer Produktion über das Olympia-Attentat exklusive Zeitzeugen präsentieren wird“. Erst daraufhin, „also Monate nach den bereits abgeschlossenen Interviews“, habe er „beschlossen, der Produktion, für die ich verantwortlich bin, die erreichten Ergebnisse ebenfalls durch eine zeitlich begrenzte Vereinbarung über Exklusivität mit einem der Geiselnehmer gegen eine Zahlung von USD 2000 zu sichern. Das hat sich als Fehler erwiesen.“ Er „bedaure zutiefst“, so der Produzent, „sollten durch diese Zahlung die Gefühle der Angehörigen der Opfer verletzt worden sein. Das war zu keinem Zeitpunkt meine Absicht. Schließlich ist es gerade die Perspektive der Opfer und der Angehörigen der Opfer, die im Mittelpunkt der Schilderungen steht und zu Recht den größten Raum in der Produktion einnimmt. Meine Solidarität gilt uneingeschränkt den Opfern und deren Angehörigen.“
Das Interview mit dem Terroristen, das man journalistisch als „Scoop“ werten könnte – weil die Filmemacher Mohammed Safady ausfindig machten und er sich erstmals in einem Film äußerte, so unerträglich man seine von mörderischem Judenhass getragene Stellungnahme auch findet –, wollte der Produzent also absichern. Dafür gab es die 2000 Dollar.
Doch was folgt daraus? Außer der gewissermaßen „technischen“ Erklärung? Pech gehabt, und weiter geht’s mit dem Dreh? Keine Erklärung den Hinterbliebenen und den jüdischen Verbänden gegenüber? Kein Hinweis in der Mediathek? Die Fragen haben wir der ARD gestellt. Auf die Antwort warten wir noch.
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