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#Löw und sein erstaunlicher Optimismus

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Löw und sein erstaunlicher Optimismus

Der frustrierte und hadernde Timo Werner führte beim Abgang vom Rasen ein Selbstgespräch und verschwand flugs in den Katakomben des Duisburger Stadions. Ilkay Gündogan kam nicht so leicht davon. In der Rolle als Kapitän, die er vom auf der Bank sitzenden Torwart Manuel Neuer übernommen hatte, führte sein Weg nach Abpfiff direkt an den Spielfeldrand vor die Kamera des übertragenden TV-Senders RTL. Dort sollte der Nationalspieler erklären, wie solch eine Blamage passieren konnte: Deutschland verlor im eigenen Stadion in der WM-Qualifikation mit 1:2 gegen Nordmazedonien. Es klang wie ein schlechter Scherz am Vorabend des 1. April. Aber es war bittere Fußball-Realität.

Tobias Rabe

Tobias Rabe

Verantwortlicher Redakteur für Sport Online.

„Viele Worte fallen mir gerade nicht ein“, begann Gündogan, um dann doch noch etwas mehr zu sagen. „So eine Niederlage darf nicht passieren“, wiederholte der Mittelfeldspieler von Manchester City in ähnlicher Wortwahl gleich vier Mal im Ansatz einer Erklärung für das scheinbar Unerklärliche. „Gefühlt waren die Nordmazedonier zweimal vor unserem Tor – und haben zweimal getroffen. Wir sahen bei beiden Toren nicht gut aus. Uns bleibt nichts anderes übrig, als weiterzumachen. Das ist nicht unser Anspruch, das ist nicht zu erklären, aber man muss es akzeptieren. Es tut vielleicht umso mehr weh, dass jetzt zwei Monate nicht viel passieren wird, bis wir uns wiedersehen.“

Vor knapp viereinhalb Monaten stand die erste Auswahl des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) schon einmal an einem ähnlichen Tiefpunkt. Das 0:6 von Spanien war eine Vorführung sondergleichen in der Geschichte der Nationalmannschaft. Es folgte die lange Winterpause mit heftigen Debatten um die Zukunft, vor allem um die von Joachim Löw. Der Bundestrainer durfte bleiben – und kündigte dann am 9. März doch seinen Rückzug nach der Europameisterschaft in diesem Sommer an. Das 3:0 gegen Island wie das 1:0 in Rumänien zum Auftakt der Länderspiel-Trilogie im Frühjahr machten etwas Mut, doch der Zusammenbruch vom Mittwochabend ließ den zarten Wiederaufbau krachend scheitern.

Ruf nach den alten Weltmeistern

„Die Enttäuschung ist riesengroß“, sagte Löw. „Wir haben im Spiel nach vorne viele Bälle verloren, die Defensive war insgesamt nicht stabil. In den ersten Spielen haben wir gute Ansätze gesehen. Das haben wir uns selber eingebrockt, dass wir das aus der Hand gegeben haben.“ Nach dem Rückstand in der Nachspielzeit der ersten Hälfte durch Goran Pandev (45.+2 Minute) glich Gündogan mit einem Elfmeter aus (63.). Die komplette Wende vergab Werner, als er frei vor dem Tor aus wenigen Metern danebenschoss (80.). Eljif Elmas 1:2 sorgte schließlich für die Sensation Nordmazedoniens (85.).

Am Abend in Duisburg konnte man sich schnell ausmalen, was losgewesen wäre, wenn Löw seinen Rückzug nicht schon bekanntgegeben hätte. Die Debatte um ihn wäre abermals ausgebrochen. Nun erweist sich die frühzeitige Ankündigung als durchaus vorteilhaft mit Blick auf das kontinentale Turnier im Juni und Juli. Einen vorzeitigen Trainerwechsel wird es jetzt auch nicht mehr geben. So konnte Löw seine Durchhalteparolen nochmal allen mitteilen: „Auf keinen Fall dürfen wir jetzt völlig den Glauben verlieren an die Stärke, die die Mannschaft hat. Auf keinen Fall dürfen wir auch das Gefühl verlieren, dass wir in der Lage sind, ein sehr gutes Turnier zu spielen. Das habe ich eben auch den Spielern gesagt.“

Ob die Spieler derzeit daran glauben? Die Vorstellung vom Mittwoch lässt Zweifel auskommen. Die kämpferische Komponente war durchaus erkennbar. Doch es haperte an vielen Stellen. Wieder war die Verwertung der Chancen, siehe Werner, mangelhaft. Leon Goretzka scheiterte früh an der Latte (9.), Serge Gnabry jagte den Ball aus wenigen Metern über das Tor (31.). Bisweilen fehlten das Tempo und die Präzision in den Aktionen gegen die leidenschaftlich verteidigenden Nordmazedonier. Und nach zwei gegentorlosen Spielen taten sich auch in der Abwehr wieder erschreckende Lücken auf.

Die Vorstellung führt fast automatisch zu einem Reflex: dem Ruf nach den alten Weltmeistern. Wenn nicht jetzt, wann dann kehren Mats Hummels, Thomas Müller oder Jerome Boateng zurück? Ganz so leicht will Löw nicht nachgeben und spielt auf Zeit. „Die Frage ist jetzt heute nicht zu beantworten aufgrund des einen Spiels. Die Frage ist auch nicht gestellt worden nach den letzten beiden Spielen. Wir haben gesagt, dass die Entscheidung insgesamt im Mai fällt.“ Eine Woche vor dem Trainingslager im österreichischen Seefeld nominiert der Bundestrainer seinen vorläufigen Kader für die EM, im Juni den endgültigen. „Wir werden uns die nächsten Tage und Wochen intensive Gedanken machen.“

Wie schon so oft setzt Löw auf die unmittelbare Turniervorbereitung. Doch ob dieser Plan aufgeht, ist mit einem großen Fragezeichen versehen. „Wenn wir etwas Zeit haben, dann werden wir schon auch Konstanz reinbringen und die richtigen Dinge anpacken“, sagte Löw mit erstaunlichem Optimismus. Viel Zeit bleibt nicht, zumal die Nationalspieler nach der schlauchenden Corona-Saison wohl nicht in allerbester Verfassung im Trainingslager erscheinen werden. Zwei Tests stehen noch an: Am 2. Juni gegen Dänemark, am 7. Juni gegen Lettland. Dann warten Weltmeister Frankreich, Europameister Portugal und Ungarn in der EM-Vorrunde – alle nicht unbedingt schlechter als Nordmazedonien.

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