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#Wie Russland weiter in die Diktatur abgleitet

Wie Russland weiter in die Diktatur abgleitet

Es ist eine neue Wegmarke in Russlands Abgleiten in die Diktatur: Erstmals haben die Moskauer Machthaber ein Medium als „unerwünschte Organisation“ eingestuft, verbieten ihm damit faktisch die journalistische Arbeit. Betroffen ist Projekt, ein 2018 gegründetes Investigativportal. Seine Website, Proekt.media, die am Freitag noch aufzurufen war, bietet mittlerweile Dutzende Enthüllungen über die Macht- und Geldverhältnisse in Russland.

So schildert der jüngste, am Donnerstag veröffentlichte Bericht, wie ein Politiker und Geschäftsmann aus dem sibirischen Irkutsk unter Gesetzesverstößen Taiga-Holz an europäische Möbelunternehmen wie IKEA verkaufe. Indes wurde in den Mutmaßungen darüber, was den Ausschlag gegeben haben könnte, warum Projekt nun „unerwünscht“ sein soll, an spektakulärere Veröffentlichungen erinnert.

Themen, die gefährlich werden

Gründer Roman Badanin hatte das Ziel ausgegeben, Projekt zu Russlands „leitendem Investigativmedium“ zu machen und auch heikle Themen anzugehen. So berichteten die Journalisten über eine bis dahin unbekannte dritte Tochter von Wladimir Putin, die demnach einer außerehelichen Liebschaft des Präsidenten mit einer nun üppig versorgten Petersburgerin entspross; solche Enthüllungen gelten spätestens als Tabu, seit eine Moskauer Zeitung 2008 nach einer Veröffentlichung über Putins Beziehung zur früheren Sportlerin Alina Kabajewa schließen musste.

Kabajewas Aufstieg im Medien-, Immobilien- und Geschäftsimperium von Putins Weggefährten Jurij Kowaltschuk beleuchtete Projekt ebenso wie Verbindungen des Leiters des Auslandsgeheimdienstes SWR, Sergej Naryschkin, zu einem ausländischen Geschäftsmann, einem gegen Russlands Südkaukasus-Verbündeten Armenien eingestellten Aserbaidschaner. Projekt schrieb über den berüchtigten Gastrounternehmer Jewgenij Prigoschin, der mit Söldnern und Online-Hetzern verbunden wird, über die Rolle des Geheimdiensts FSB im Bankensektor, ordnete dem gefürchteten Machthaber der Teilrepublik Tschetschenien, Ramsan Kadyrow, eine zweite Frau zu und klärte über die Winkelzüge der Machthaber auf, um niedrige Corona-Totenzahlen vorzulegen.

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So wurde das Medium zum naheliegenden Ziel. Am 29. Juni veröffentlichte Projekt eine Enthüllung über Immobilien von Verwandten des Innenministers Wladimir Kolokolzew, zog Verbindungen zum organisierten Verbrechen. Tags darauf fanden Razzien bei Journalisten des Mediums statt, offiziell in einem (eigentlich verjährten) Verleumdungsfall. Das Vorgehen wirkt nun wie das Vorspiel auf die am Donnerstag verkündete Entscheidung der Generalstaatsanwaltschaft. Erstmals kommen dabei zwei Instrumente gegen Staatsfeinde – denn als solche werden Journalisten wie die von Projekt mittlerweile behandelt – in Kombination zum Einsatz.

Einerseits die Regeln gegen „unerwünschte Organisationen“, zu denen seit 2015 etliche westliche Organisationen, die sich etwa für Demokratie und freie Wahlen einsetzen, erklärt worden sind. Diese Regeln werden immer weiter verschärft, jede Zusammenarbeit mit „unerwünschten Organisationen“ kann mit langjähriger Lagerhaft geahndet werden, auch ihre Finanzierung. Etwa durch Spenden, um die Projekt seine Leser für die Arbeit bittet. Die Finanzierung ist ein übliches Einfallstor für Diffamierung.

„Bestellung amerikanischer Dienste“

Prigoschin-Medien haben Projekt als Instrument des amerikanischen Geheimdiensts CIA dargestellt, was die Sicht der Entscheider um Putin wiedergibt; so bezeichnete der Präsident eine Projekt-Enthüllung um seinen ehemaligen Schwiegersohn Kirill Schamalow, der demnach mit geringstem Einsatz zu einem riesigen Dollar-Millionenvermögen kam, als „Bestellung“ amerikanischer Dienste. Der Staatssender RT nannte als Geldgeber für Projekts Startkapital von 500.000 Dollar europäische und amerikanische Stiftungen für Demokratie, die in Russland schon länger „unerwünscht“ sind, sowie den russischen Geschäftsmann Boris Simin, der auch den inhaftierten Oppositionsführer Alexej Nawalnyj unterstützt.

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