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#Wie sich die DNA öffnet

Wie sich die DNA öffnet

Im Zellkern ist die DNA eng um Proteine gewickelt, sogenannte Histone. Damit sie abgelesen werden kann, muss sich diese dichte Packung lockern. Diesen Prozess, die sogenannte Nukleosomenatmung, haben Forscher nun mit Hilfe von Computersimulationen auf atomarer Ebene visualisiert. Ihre Ergebnisse geben neue Einblicke in die Mechanismen, die die Genexpression regulieren. Demnach spielen sowohl die DNA-Sequenz als auch die Struktur der Histone eine wichtige Rolle.

Jede Zelle unseres Körpers enthält DNA einer Länge von rund zwei Metern. Damit sie in den winzigen Zellkern passt, ist der lange Erbgutstrang wie auf Spulen um Histon-Proteine gewickelt. Jeweils acht Histone mit der darum gewickelten DNA bilden ein Nukleosom. Die Gesamtheit dieser winzigen Strukturen im Zellkern bezeichnet man als Chromatin – das Material, aus dem Chromosomen bestehen. Solange die DNA auf diese Weise fest aufgewickelt ist, kann sie jedoch nicht abgelesen werden. Damit sie als Bauplan für Proteine dienen kann, muss sich ihre Verpackung etwas lockern. Um das zu ermöglichen, können sich die Nukleosomen bewegen, um die eigene Achse drehen und ein- und auswickeln. Dabei ist der DNA-Strang mal dichter, mal weniger dicht aufgewickelt. Die Übergänge vom sogenannten geschlossenen zum offenen Chromatin gleichen einem „Atmen“. Mit experimentellen Methoden lässt sich dieser Vorgang allerdings kaum sichtbar machen.

„Nanoskop“ macht Bewegungen sichtbar

Ein Team um Jan Huertas vom Hubrecht Institut in Utrecht in den Niederlanden haben diesen Prozess nun mit Hilfe von Computersimulationen visualisiert. Dazu nutzten die Forscher Simulationsverfahren, die so präzise und detailliert sind, dass die entstehenden Bilder aussehen als stammten sie von einem hochauflösendem Nanoskop. Dieses „Computational Nanoscope“ erlaubt es erstmals, die Bewegungen der Erbgutmoleküle auf atomarer Ebene mitzuverfolgen. Huertas und seine Kollegen erstellten auf diese Weise mehrere kurze Filme, die die Bewegung der Nukleosomen in Echtzeit zeigen und auch die typische Dynamik von Öffnen und Schließen sichtbar machen – die sogenannte Nukleosomenatmung.

„Die Atmung von Nukleosomen in Computersimulationen beobachten zu können, ist eine große Herausforderung. Dass wir diese nun visualisieren können, ist ein entscheidender Schritt hin zu einer Simulation des gesamten Spektrums der Nukleosomendynamik – von der Atmung bis zum Entpacken“, sagt Huertas Kollege Vlad Cojocaru. Ein tieferer Einblick in den detaillierten Ablauf dieser Prozesse hilft dabei, einen wichtigen Aspekt bei Regulation der Genexpression besser zu verstehen und die Erkenntnisse womöglich eines Tages therapeutisch zu nutzen.

Histonschwänze regulieren Genexpression

Anhand ihrer Simulation fanden Huertas und seine Kollegen heraus, welche Faktoren die Nukleosomenatmung beeinflussen. Demnach spielt zum einen die DNA-Sequenz eine wichtige Rolle – also die Reihenfolge, in der die einzelnen Basen-Bausteine im Erbgut angeordnet sind. Zum anderen ist die Dynamik der sogenannten Histonschwänze für diesen Prozess essenziell. Dabei handelt es sich um flexible Regionen in den Histonen, die an der Regulation der Genexpression beteiligt sind. Durch chemische Anlagerungen können die Histonschwänze modifiziert sein und so beeinflussen, welche Regionen der DNA abgelesen werden und welche nicht.

Wie genau der Öffnungs-Prozess auf molekularer Ebene abläuft, war allerdings bislang unbekannt. „Unsere Simulationen zeigten, dass zwei Histonschwänze dafür verantwortlich sind, das Nukleosom geschlossen zu halten. Nur wenn sich diese flexiblen Schwänze von bestimmten Regionen der DNA wegbewegten, konnte sich das Nukleosom öffnen“, beschreibt Cojocaru. Entfernten die Forscher die Histonschwänze, konnten sich die Nukleosomen deutlich weiter öffnen. Das grundlegende Muster der Bewegungen, das durch die DNA-Sequenz bestimmt wird, blieb dabei bestehen.

Zusammenspiel zwischen Histonen und DNA

„Aktives (offenes) und inaktives (geschlossenes) Chromatin enthalten unterschiedliche Modifikationen der Histonschwänze“, erläutert Huertas. „Der nächste Schritt ist es, Simulationen mit solchen Modifikationen durchzuführen. Die atomare Auflösung der Simulationen würde es uns ermöglichen, genau zu bestimmen, wie jede Modifikation die Nukleosomen und die Chromatindynamik beeinflusst.“ Auch das Zusammenspiel zwischen den Histonen und der DNA-Sequenz wollen die Forscher zukünftig näher beleuchten.

Während die aktuellen Simulationen nur wenige Mikrosekunden umfassten, könnte sich die beobachtbare Zeitspanne in Zukunft verlängern. „Mit der weiteren Zunahme der weltweit verfügbaren Rechnerleistung werden wir bald in der Lage sein, Millisekunden der Lebensdauer eines Nukleosoms mit all seinen Atomen zu simulieren. Darüber hinaus werden wir dann routinemäßig mehrere Nukleosomen simulieren können, um die Auswirkungen verschiedener Modifikationen von Histonen auf die Genexpression zu untersuchen. Dies wird ungeahnte Einblicke in die Mechanismen ermöglichen, die die Genexpression regulieren“, sagt Cojocaru.

Quelle: Jan Huertas (Hubrecht Institut, Utrecht, Niederlande) et al., PLoS Computational Biology, doi: 10.1371/journal.pcbi.1009013

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