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#„Mama, sie haben uns verraten!“

„Mama, sie haben uns verraten!“

Mit der Entscheidung, die Ukraine mit ei­ner „militärischen Spezialoperation“ vom „Nazismus“ zu „befreien“ (so die in Russland vorgeschriebene Ausdrucksweise) hat Präsident Wladimir Putin nicht nur die große Mehrheit der Russen überrascht, sondern auch seine eigenen Soldaten. Dafür sprechen nicht nur Aussagen russischer Gefangener, welche die Ukrainer veröffentlichen. Auch aus Berichten russischer Medien wird klar, dass mindestens die niederen Dienstränge bis zum Schluss nichts wussten.

Ein Beispiel dafür ist der 23 Jahre alte Pawel Abramow, mit dessen Mutter die unabhängige Zeitung „Nowaja Gaseta“ sprach. Nach ihren Worten trat Abramow nach der Ausbildung zum Englisch- und Französischlehrer den Wehrdienst an. Gefreiter in einer motorisierten Schützenbrigade im Fernen Osten Russlands wurde Abramow dann nicht wirklich freiwillig: Er musste, wie andere unwillige Wehrdienstleistende, tagelang schwere Mu­­nitionskisten schleppen. Ihm schmerzte der Rücken, er kam auf die Kranken­station, unterschrieb im vergangenen September den Vertrag.

Smartphones sind verboten

Die Praxis, aus Wehrdienstleistenden Berufssoldaten zu machen, geht laut Valentina Melnikowa von der Hilfsorga­nisation „Komitee der Soldatenmütter Russlands“ weit zurück. Sie berichtet der F.A.Z., seit dem vergangenen November hätten ihre Freiwilligen viele Berichte er­reicht, wonach Leute gezwungen wurden, sich zu verpflichten. Laut Abramows Mutter erhielt der Gefreite dann von den versprochenen umgerechnet 515 Euro Monatssold nur 310 Euro.

Im Januar wurde er aus dem Fernen Osten ins westrussische Brjansk geschickt, zwei Wochen im Zug, angeblich zu Manövern. Er unterschrieb einen Verlegungsbefehl. In Brjansk standen die Soldaten aber nur vier Stunden, ohne die Waggons zu verlassen. Es ging weiter nach Belarus, zum Manöver „Unionsentschlossenheit 2022“.

Trümmer rund um das zerstörte Regierungsgebäude in Charkiw.





Bilderstrecke



Angriff auf die Ukraine
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Zwischen Trümmern und Molotow-Cocktails

Russlands Soldaten dürfen seit den Erfahrungen von 2014 und 2015, als ihre Einträge in den sozialen Medien Einblicke in Russlands verdeckten Krieg im Donbass gewährten, keine Smartphones mehr in den Einsatz mitnehmen. So rief Abramow mit einem einfachen Mobiltelefon täglich seine Mutter an. Am 16. Februar habe ihr Sohn gesagt, die Übungen seien vorbei, vier Tage eher als geplant. Damals machte sich die Mutter, wie Politiker und Staatsmedien, darüber lustig, dass der Westen für denselben Tag einen Angriff Russlands auf die Ukraine angekündigt hatte.

Abramow kehrte aber nicht zurück. Er erzählte, man schlafe „in Autos“, dann in Zelten: Die Manöver waren „verlängert“ worden. Der Sohn erzählte, man sei noch näher an die Grenze gebracht worden, sehe ukrai­nisches Gebiet. Die Mutter beruhigte ihn: Die Westpresse lüge, wenn sie sage, ein Angriff stehe bevor.

Am Abend des 23. Februar – Stunden vor Putins Ansprache zu Kriegsbeginn – rief Abramow wieder an: Man habe ihm und den Kameraden gesagt, sie hätten die Grenze nach Belarus illegal überquert, da im Verlegungsbefehl Brjansk stehe. „Ihr habt keinen Bezug zur russischen Armee, ihr seid Deserteure“, hätten die Kommandeure gesagt. Jetzt seien die Soldaten ein „Strafbataillon“, müssten die Ukrainer an­greifen. „Mama, sie haben uns verraten!“, habe ihr Sohn geschrien. Früh am Donnerstag habe er das letzte Mal angerufen. Man habe Flugzeuge und Schüsse gehört.

„Mama, wir werden in Autos gesetzt, wir fahren los, ich liebe dich, wenn es Begräbnisse gibt, glaub es nicht gleich, überprüfe es unbedingt.“ Die Mutter gab an, wie an­dere Mütter von Soldaten der Brigade nichts weiter zu wissen. Sie hat sich laut „Nowaja Gaseta“ an die Staatsanwaltschaft und das Militär gewandt.

Informationen nur über Telegram

Moskau hat zwar eine von Kiew eingerichtete Website gesperrt, mit der Russen ihre in der Ukraine vermuteten Angehörigen suchen können. Auf Telegram jedoch funktioniert das Angebot. Rasch landet man bei Bildern gefallener Soldaten, oh­ne Gesicht, ohne Kopf, im Schnee. Valentina Melnikowa und ihre Freiwilligen müs­sen die Suchenden auf die ukrainischen Listen verweisen. Russische gibt es nicht. „Wir haben we­der die Zeit noch die Kraft noch die Leute, um selbst zu suchen“, sagt sie. Kiew zählt bis Mittwoch mehr als 5800 getötete russische Soldaten. In Russland gaben bis Mittwochabend nur Regionalführungen einzelne Opfer be­kannt; dann nennt das Militär erstmals Zahlen, spricht von 498 getöteten und 1597 verwundeten Soldaten.

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