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#„Man kann sich den Impfstoff nicht aussuchen“

„Man kann sich den Impfstoff nicht aussuchen“

Herr Professor Mertens, viele Deutsche sind nicht zufrieden damit, wann sie mit der Corona-Impfung dran sind.

Christian Geinitz

Das kann man wohl sagen. Mein E-Mail-Postfach quillt über. Seit Wochen erreichen mich und andere, die mit der Priorisierung zu tun haben, Forderungen von einzelnen Menschen und Gruppen, sie in eine „höhere Priorisierungsstufe“ einzuordnen.

Ist das nicht das gute Recht der Leute?

Natürlich, aber der Ton macht die Musik. Ich will es mal so sagen: Es gibt sachliche und anspruchsvolle Argumentationen, aber die Ansprüche werden manchmal auch sehr emotional und nicht selten überaus fordernd vorgetragen. Man kann ja über alles reden. Mich wurmt aber, dass viele Menschen Solidarität so verstehen, dass sie oder ihre Gruppe etwas bekommen. Die zweite wichtige Seite der Solidarität bleibt dabei unberücksichtigt, nämlich dass man auf etwas verzichtet zugunsten anderer.

Jeder ist sich selbst der Nächste.

Das ist in schwierigen Zeiten wie diesen offenbar so. Aber wenn Impfstoffe rar sind, ist es Quatsch, zu glauben, man könnte die oberen Priorisierungsgruppen einfach erweitern. Die Priorisierung ist ja gerade die Folge der Knappheit. Wer es also ernst meint damit, dass er höhergestuft werden müsste, sollte auch sagen, welche Gruppe er herunterstufen will.

Der Vorsitzende der Ständigen Impfkommission (Stiko), Thomas Mertens (Archivbild)


Der Vorsitzende der Ständigen Impfkommission (Stiko), Thomas Mertens (Archivbild)
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Bild: Stefan Boness/IPON

Wenn alle vorgelassen werden, wird keiner vorgelassen?

Genau. Man kann vermuten, dass etwa die Hälfte unserer Bevölkerung einen Grund für eine bevorzugte Impfung anführen kann. Das zu bewerten und abzuwägen ist die schwierige Aufgabe der Stiko und anderer Verantwortlicher wie des Ethikrats und der Leopoldina. Uns geht es um eine Reihung der Impfberechtigten entsprechend ihren quantitativen Risiken für schwere Erkrankungen und nachgeordnet für Infektionen.

Was sind das für Kriterien?

Eine solche Priorisierung muss den ethischen Anspruch des Schutzes der Schwächsten erfüllen, dabei größtmögliche Schadensvermeidung für den Einzelnen und die Gemeinschaft sichern und zugleich eine möglichst solidarische und gerechte Verteilung zum Nutzen aller berücksichtigen.

Womit begründen die Unzufriedenen ihre Ansprüche auf eine Höherstufung?

Da ist dann zum Beispiel die Rede davon, man müsse ihrer Arbeit oder ihrem Schicksal gegenüber mehr Wertschätzung zeigen oder ihre Verdienste würdigen. Andere führen „gefühlte Wahrheiten“ über das Impfvorgehen an, die allerdings nicht wissenschaftlich belegt sind. Das alles kann für uns kein Kriterium sein, da alle Menschen grundsätzlich gleich zu werten sind. Wir halten uns bei unserer Priorisierungsempfehlung an die besten verfügbaren Datengrundlagen, um die am meisten Gefährdeten zuerst zu schützen.

Und das ist dann in Stein gemeißelt?

Natürlich nicht. Wenn Kritik kommt, nehmen wir sie an, bewerten sie, und wenn es neue Erkenntnisse gibt, passen wir die Empfehlungen an. Aber wir wären schlecht beraten, wenn wir unsere wissenschaftlichen Grundlagen verließen und der Selbsteinschätzung einzelner Gruppe folgten.

Wann ist die Priorisierung vorbei?

Hoffentlich gibt es bald genügend Impfstoff, damit wir uns davon lösen können. Es werden ja glücklicherweise immer mehr Wirkstoffe zugelassen, wir sehen uns in der Stiko als nächstes das Vakzin von Johnson & Johnson an.

Es gibt Menschen, sogar medizinisches Personal, die sich nicht den Impfstoff von Astra-Zeneca spritzen lassen wollen. Sie sind ja selbst Arzt. Verstehen Sie diese Skepsis?

Nie und nimmer. Diese Diskussion ist aus dem Ruder gelaufen. Es ist doch völlig irrational, sich lieber gar nicht schützen zu lassen als mit dem Astra-Zeneca-Impfstoff.

Fliegt jemand, der die Impfung ablehnt, aus seiner Priorisierungsgruppe heraus?

Nein, er kann einen neuen Termin bekommen. Aber klar ist: Er kann sich den Impfstoff derzeit nicht aussuchen, sondern bekommt das, was für ihn verfügbar ist. Und das ist, um Biontech/Pfizer und Moderna bevorzugt für die Älteren einzusetzen, für die Jüngeren im Moment in der Regel das Vakzin von Astra-Zeneca.

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