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#Manchester gegen London

Manchester gegen London

Bislang waren es nur einzelne Bürger, die sich den Corona-Schutzmaßnahmen verweigern. Nun sträubt sich eine ganze Kommune, den Weisungen aus der Hauptstadt zu folgen. Seit Tagen schon verhandeln Emissäre von Premierminister Boris Johnson mit dem Bürgermeister des Großraums Manchester, dem Labour-Politiker Andy Burnham. Der Streit befeuert nicht nur die wachsenden Feindseligkeiten zwischen Regierung und Opposition, er hat auch ein Nord-Süd-Gefälle innerhalb der Konservativen Partei offenbart. Die Tory-nahe Zeitung „Daily Telegraph“ zitierte am Montag einen „Insider“ mit der Einschätzung, dass die parteiinterne Lage „wirklich gefährlich“ werde.

Jochen Buchsteiner

Burnham wehrt sich gegen die Hochsetzung des Großraums Manchester in die oberste Gefahrenstufe „drei“. Die beinhaltet zwar noch keinen Lockdown im Stile des Frühjahrs, aber unter anderem die Schließung von Pubs, die kein Essen servieren. Von den erweiterten Kontaktsperren sind auch viele andere Betriebe betroffen.

Festgefahrene Verhandlungen

Burnhams nicht ganz gradliniger Kampf erfreut sich des Beifalls unterschiedlicher Lager. Seine öffentlich vorgetragenen Zweifel an der Wirksamkeit der neuen Maßnahme erfreut jene, denen die Schutzmaßnahmen ohnehin zu weit gehen. Zugleich macht sich Burnham aber auch die Parteilinie zu eigen und unterstützt einen mehrwöchigen englandweiten Lockdown. Dies wiederum bringt ihm Sympathien derer ein, die Johnsons Corona-Politik für zu weich halten.

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Festgefahren haben sich die Verhandlungen an Burnhams Position, die neuen Auflagen nur zu unterstützen, wenn die Regierung mehr Geld zuschießt. Schatzkanzler Rishi Sunak will Verdienstausfälle zu zwei Dritteln kompensieren. Burnham verlangt für die Bürger seiner Stadt mindestens achtzig Prozent. Am Montag stand im Raum, dass London bis zu 100 Millionen Pfund drauflegen könnte, was Burnham mit dem Satz quittierte, er werde „nicht umfallen, nur weil ich einen Scheck sehe“. So wird weiterverhandelt, während sich die Intensivstationen in Manchester füllen. Diese seien bald überfordert, warnten Ärzte in der Stadt am Montag.

Wales und Nordirland gehen eigene Wege

Jenseits Englands eilen die Regierungen in Wales und Nordirland mit weitergehenden Maßnahmen voraus. Die Labour-geführte Regierung in Cardiff verfügte am Montag einen zweieinhalbwöchigen Lockdown („Firebreak“), der am Freitagabend beginnen soll. Die Menschen sind aufgefordert, zu Hause zu bleiben und niemanden außerhalb des eigenen Haushalts zu treffen. Nur Lebensmittelgeschäfte dürfen öffnen. Schulen stehen eingeschränkt zur Verfügung. Hinzu kommen Reisebeschränkungen.

In Nordirland wurden die Schulen schon am Montag für zwei Wochen geschlossen – eine Woche über die regulären Herbstferien hinaus. Die schottische Ministerpräsidentin Nicola Sturgeon wiederum will Ende der Woche ein eigenes Stufensystem vorstellen, das dem Vernehmen nach schärfer als das englische sein wird.

Die Labour Party fordert einen Lockdown für ganz England. Dabei bezieht sie sich auf eine Empfehlung, die das offizielle Corona-Beratungsgremium der Regierung schon vor einem Monat abgegeben hatte. Aber die Regierung hofft weiterhin, um diese Maßnahme herumzukommen. Sie verweist auf die großen regionalen Unterschiede. Warum sollte eine Grafschaft wie Cornwall in Mithaftung genommen werden, wenn dies wegen niedriger Infektionszahlen gar nicht nötig sei, wird gefragt. Gegner eines Lockdowns verweisen auch auf die Zahlen, die sich von der ersten Welle unterscheiden.

Tories auf den Barrikaden

Der steile Anstieg der registrierten Infektionen übersetzt sich nicht in gleicher Weise wie im Frühjahr in Todesfälle. Im Mittel der vergangenen Woche waren es 114 am Tag, während im April – bei niedrigeren Infektionszahlen – zeitweise mehr als 900 Covid-Patienten am Tag gestorben waren.

Der Streit um Manchester ist politisch zusätzlich aufgeladen, seit zwanzig Tory-Abgeordnete aus südlichen Wahlkreisen einen gemeinsamen Brief an Burnham (und Labour-Chef Keir Starmer) geschickt haben. Darin forderten sie den Bürgermeister und den Oppositionsführer auf, den regionalen Ansatz der Regierung zu unterstützen, um weniger betroffenen Regionen in England die „Pein“ eines landesweiten Lockdowns zu ersparen. Burnham reagierte darauf entspannt und sagte, ein Schrieb südlicher Tories würde in seiner Stadt „nicht viele hinterm Ofen hervorlocken“.

Johnsons Balanceakt

Aber der Brief trieb Tory-Abgeordnete und konservative Lokalpolitiker im Norden auf die Barrikaden, die sich in den vergangenen Tagen hinter Burnham gestellt hatten. Sie würden von den Parteifreunden im Süden „den Wölfen zum Fraß vorgeworfen“, hieß es. Downing Street bezeichnete den Brief öffentlich als „nicht hilfreich“ und warnte intern vor einem innerparteilichen Krieg entlang des Nord-Süd-Grabens.

Für Johnson ist das ein besonderer Balanceakt. Er hatte die Parlamentswahl im Dezember vor allem gewonnen, weil er viele ehemalige Labour-Anhänger im Norden des Landes auf seine Seite ziehen konnte. Im Gegenzug versprach er ihnen, die Lebensverhältnisse anzugleichen, ihre Gehälter zu verbessern und große Investitionen vorzunehmen. Nun sieht er sich in die Rolle dessen gedrängt, der „dem Norden“ notwendige Unterstützung vorenthält. Stets betont er, dass er sich um einvernehmliche, auf örtliche Sensibilitäten Rücksicht nehmende „Deals“ mit den Kommunalpolitikern bemühe.

Die örtlichen Repräsentanten in Liverpool und Lancashire hatten sich Anfang des Monats darauf eingelassen und eine Lösung gefunden. Aber Burnham, ein früherer Kulturminister in London und einst Kandidat für den Parteivorsitz, ist ein Labour-Politiker mit nationalen Ambitionen. Gelegentlich lässt Johnson durchblicken, dass er notfalls auch von seinem Weisungsrecht Gebrauch machen kann, aber er weiß vermutlich, dass Auflagen nur befolgt werden, wenn sie auch auf lokaler Ebene unterstützt und durchgesetzt werden.

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