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#Maulkorb für Medien

Maulkorb für Medien

In der Schweiz befindet sich ein Drittel der russischen Auslandsvermögen. Der Handel mit Rohstoffen wird in Zug abgewickelt. Die Separatisten im Donbass setzen Waffen aus der Schweiz ein. Die russischen Konten will sie nicht einfrieren. Doch brechen Journalisten das Bankgeheimnis, riskieren sie eine Gefängnisstrafe.

Schwarzgeld von Diktatoren

Dutzende von Zeitungen in der ganzen Welt berichten seit Tagen von den Geschäften der Schweizer Großbank Credit Suisse mit dem Schwarzgeld von Diktatoren, Oligarchen, Milliardären. Monatelang haben die Redaktionen geheime Kundendaten ausgewertet. Die „New York Times“, der „Guardian“, „Le Monde“ und die „Süddeutsche“ gehören dem Verbund an. In der Schweiz sind die führenden Regionalzeitungen der TX Group dabei: „Tages-Anzeiger“, „Basler Zeitung“, „Tribune de Genève“. Sie haben sich an den Recherchen jetzt aber nicht beteiligt.

Die Enthüllung läuft unter dem Namen „Swiss Secrets“. Sie kommt nach einer Reihe von Skandalen, die das Bankenparadies erschütterten und die Schweiz auf die Anklagebank der Weltöffentlichkeit brachten. Unter ihrem Druck musste vor einem Jahrzehnt das Bankgeheimnis abgeschafft und der Automatische Informationsaustausch (AIA) eingeführt werden.

Aus Empörung über den Kauf von Informationen durch deutsche Steuerbehörden wurde indes ein Ge­setz entworfen, das nicht nur den Diebstahl, sondern auch die Weitergabe und Veröffentlichung von Bankdaten unter Strafe stellt. Aus einem Vergehen sollte ein Schwerverbrechen werden, das wie Brandstiftung und Geiselnahme bestraft wird. Die endgültige Fassung des Gesetzes fiel etwas sanfter aus. Es droht Haft bis zu drei Jahren. Ein solches Gesetz gibt es in keinem anderen demokratischen Land. In der Schweiz trat es 2014 in Kraft.

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Anlässlich ihrer „Swiss Se­crets“-Recherche haben die Chefredakteure führender europäischer Zeitungen an die Schweizer Regierung appelliert. Katherine Viner vom „Guardian“ spricht von „illegalen oder unmoralischen Machenschaften der Superreichen, aber auch der Banken, Buchhalter und Anwälte“. Und man will die Journalisten bestrafen? Das wäre, so Viner, eine „Schande“. Auch Wolfgang Krach von der „Süddeutschen Zeitung“ und Jérôme Fenoglio von „Le Monde“ protestieren gegen das Bankgeheimnis-Gesetz: Dies sei ein „nicht akzeptierbarer Angriff auf die Informationsfreiheit“ (Fenoglio), wie es ihn bisher nicht gegeben habe.

Der Verleger der TX Group hatte sich vor der kürzlich erfolgten Abstimmung über die staatliche Medienhilfe stark exponiert und verneint, dass die Presse in der Schweiz von der Regierung abhängig sei. Über die Rolle der Zeitungen in der Pandemie und ihre Nähe zur Regierung kann man geteilter Meinung sein. Dass sie zu Rechthaberei und Besserwisserei neigen, ist unbestritten. Mit der Teilnahme an den Recherchen und deren Veröffentlichung der Fakten hätten sie beweisen können, dass sie nicht nur zu allem eine Meinung, sondern auch ein bisschen Mut haben.

Es zählt nur das Geschäft

Auf „Swiss Secrets“ reagierte man in der Schweiz mit dem Hinweis, dass immer nur sie von solchen Enthüllungen heimgesucht werde, viel schlimmere Steuerparadiese würden verschont. Zwei spektakuläre Affären der letzten Jahre wurden nur dank der Verletzung des Bankgeheimnisses publik. Die „Swiss Secrets“ machen die Problematik des Maulkorb-Gesetzes erstmals richtig bewusst. „Der Schock sitzt tief“, sagt ein sozialdemokratischer Abgeordneter. „Reporter ohne Grenzen“ und der Verband der Schweizer Journalisten „Impressum“ protestierten jetzt gegen das Gesetz. Für die Berichterstatterin der Vereinten Nationen für die Meinungsfreiheit, Irene Khan, wären eine Strafverfolgungen von Journalisten ein Verstoß gegen die Menschenrechte. In Europa wurde der Ruf laut, die Schweiz erneut auf die „schwarze Liste“ zu setzen.

Mit den Sanktionen gegen Russland wird das Bankgesetz erst recht brisant. Die Schweiz will russische Konten nicht einfrieren. Als befremdlich hat die frühere Außenministerin Miche­line Calmy-Rey, die eine „aktive Neu­tralität“ vertrat, das Verhalten der Regierung bezeichnet und die mangelnde Solidarität kritisiert. „Offenbar zählt im Zweifel noch immer das Geschäft, nicht das Gesetz“, schrieb Arthur Rutishauser, Chefredakteur des „Tagesanzeigers“, zu „Swiss Secrets“. Werden sich die Schweizer Medien bei der Berichterstattung über die Sanktionen und das Verhalten der Schweizer Banken an den Maulkorb halten? Ebenfalls als „Schande“ hat Rutishauser die Tatsache bezeichnet, „dass die ausländischen Journalisten für uns recherchieren müssen“.

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