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Mein Leben als Boyle

Die amerikanische Polizeiserie „Brooklyn Nine-Nine“ ist in diesem Jahr nach acht Staffeln zu Ende gegangen. Wie ich mein Leben künftig ohne Charles Boyle verstehen soll, ist mir noch unklar.

Tobias Rüther

Redakteur im Feuilleton der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung in Berlin.

Charles Boyle gehört zu den neun Männern und Frauen vom 99. Revier der New Yorker Polizei, um die es in dieser Sitcom geht. Ein weißer, schmaler, kleiner Typ, der am liebsten beigefarbene Blousons trägt und kurzärmlige Hemden mit Krawatte kombiniert. Ich finde kurzärmlige Hemden untragbar, egal ob mit oder ohne Krawatte, besitze nichts in Beige und bin eher unschmale 1,87 Meter groß.

Aber trotzdem habe ich mich in meinem ganzen Leben mit keiner anderen Figur aus der Kunst so stark identifiziert wie mit diesem Charles Boyle. Ein Polizist aus Brooklyn, der mit seinen acht Kolleginnen und Kollegen vom Revier für Recht und Gerechtigkeit auf den Straßen von New York sorgt. Oder es zumindest versucht, so gut es geht. Boyle ist unter ihnen derjenige, der dafür sorgt, dass sie alle gut essen.

„Brooklyn Nine-Nine“ ist eine Produktion des amerikanischen Senders Fox, das ist auch die Heimat der „Simpsons“. Entwickelt wurde die Sitcom von Dan Goor und Michael Schur. Die beiden hatten schon in der Serie „Parks and Recreation“ ausprobiert, wie man lustige Geschichten aus einer Arbeitswelt erzählen kann, die auf den ersten Blick nicht lustig wirkt. Damals war es um die Verwaltung der fiktiven Stadt Pawnee in Indiana gegangen, aber auch um Idealismus, Freundschaft, gesellschaftliches Engagement und politische Teilhabe: eine komplett unzynische Serie.

Schurs und Goors „Brooklyn Nine-Nine“ ist jetzt sicher nicht die erste Serie, die Ähnliches mit der Polizei versucht, also: Humor zu finden, wo nichts zum Lachen ist, weil Verbrechen geschehen. Das Format „Schmunzelkrimi“ ist ja gerade aus dem deutschen Vorabendfernsehen bekannt als eine bodenlose Hölle von Schmalwitzen und Harmlosigkeitsterror.

Aber „Brooklyn Nine-Nine“ war da von Anfang an anders. Anti-schmunzelig. Extrem verspielt. Gesättigt mit Referenzen. Warmherzig und beknackt, wenn es zu weise wurde, und unsentimental und manchmal sogar einfach nur ehrlich ratlos beim Konflikt zwischen Macht und Moral.

Die Frage der Identifikation spielte dabei eine entscheidende Rolle: ob also eine Serie sich im luftleeren Raum einer ausgedachten Geschichte mit Gags bewegen muss, um ihr Potential zu entfalten. Oder ob es nicht auch eine große Chance sein könnte, in direktem Austausch mit der Gegenwart zu stehen, in die hinein diese Serie ausgestrahlt wird. Sozial bewusst zu sein, Konflikte aufzunehmen und in Humor verwandelt zurückzugeben. Also nicht zu vergessen, dass es um Entertainment geht. Und dass Slapstick auch ein Mittel zur Aufklärung ist. Weil Slapstick mit unschuldigem Herz die Ordnung der Dinge aus den Angeln hebt.

Alle Figuren sind Projektionsflächen

Nicht nur mein Charles Boyle, alle Hauptfiguren von „Brooklyn Nine-Nine“ sind für sich genommen Projektionsflächen. Das beginnt mit dem schwulen, schwarzen Captain des Reviers, Raymond Holt (Andre Braugher), dessen emotionale Reglosigkeit nur noch von seinem elitären Bildungsehrgeiz übertroffen wird, auch wenn der sich auf historische Holzfässer bezieht. Holts zweiter Mann, Lieutenant Terry Jeffords (Terry Crews), ist ein schwarzer Familienvater mit großen Muskeln und einer Vorliebe für Joghurt, der ständig von sich selbst in der dritten Person spricht („Terry loves Love!“) und seine Zwillinge Cagney und Lacey genannt hat, also nach Polizeiserienfiguren, wie er selbst eine ist.

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