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#„Wer nichts ändert, verliert“

„Wer nichts ändert, verliert“

Herr Ametsreiter, wie sieht Ihr Arbeitsalltag in Corona-Zeiten aus?

Ulrich Friese

In unserer Zentrale in Düsseldorf bin ich nur sporadisch präsent. Dort war ich zuletzt vor drei Wochen. Ansonsten arbeite ich täglich vom Homeoffice an meinem Wohnort in München aus.

Arbeiten Ihre Mitarbeiter seit Monaten ähnlich wie Sie?

Die meisten schon. Wir haben mobiles Arbeiten schon vor acht Jahren eingeführt. Seitdem haben die meisten Mitarbeiter die freie Wahl, bis zu 50 Prozent ihrer Arbeit von zu Hause aus oder außerhalb der Zentrale zu erledigen. Die Akzeptanz in der Belegschaft war bereits vor Corona hoch: Bis zu 80 Prozent unserer 16.000 Beschäftigten in Deutschland haben das genutzt. Der Anteil hat sich dann im Zuge der Lockdowns auf 95 Prozent erhöht. Nach Corona wird es bei uns überhaupt keine starre Quote mehr geben. Jeder stellt sich seinen persönlichen Mix zusammen. Denn wir glauben, die Mitarbeiter wissen selbst am besten, wann und wo sie am produktivsten sind. Wir wollen Performance statt Präsenz und volle Flexibilität. So sieht unser Plan für fluides Arbeiten nach der Krise aus.

 Welche Erfahrungen wissen Sie in der Corona-Zeit besonders zu schätzen?

Das sind alle Vorteile, die sich aus der digitalen Vernetzung ergeben. Sie stellte für uns sicher, dass wir Präsenz- durch Performancekultur ersetzen konnten. Jetzt zwingt uns Corona, mutiger zu werden, als wir es je waren. Wir arbeiten mit Videokonferenzen, um uns fachlich auszutauschen, aber auch um unsere beruflichen Kontakte zu vernetzen. Daneben haben sich digitale „Townhall-Meetings“ bewährt, auf denen ich einmal die Woche für Fragen zur Verfügung stehe oder Anregungen diskutiere. Schließlich nutzen wir regelmäßig Podcasts, um uns über Schwerpunktthemen im Konzern zu informieren. Das alles kann den direkten, persönlichen Kontakt zu Kunden oder Kollegen sowie die soziale Bindung unter den Kollegen zwar nicht ersetzen, aber sinnvoll ergänzen.

Neueinsteigern dürfte es schwerfallen, sich ausschließlich digital in den Konzern einzufinden.

Es ist richtig, dass digitaler Austausch dann gut funktioniert, wenn das Team eingespielt ist, man sich also auch persönlich kennt. Wir haben im Februar über 100 neue Mitarbeiter eingestellt. Das stellt uns in Zeiten der Kontaktsperren vor große Herausforderungen. Mehr als sonst ist die direkte Ansprache sowie der regelmäßige Austausch mit Kollegen, Mentoren und Vorgesetzten nötig, um neue Mitarbeiter mit unserer Kultur vertraut zu machen und die jeweilige Person wertzuschätzen. Das geschieht jetzt meist digital und selten mit physischer Präsenz. Sobald es aber die Regeln erlauben, hat das persönliche Gespräch zwischen Mentoren und Neueinsteigern, gerade in der Anfangsphase, Vorrang.

Was bieten Sie, um Ihre Mitarbeiter im Homeoffice zu unterstützen?

Neben der technischen Grundausstattung wie Breitband, Mobilfunk und Laptop gehören ergonomischer Stuhl und Monitor sowie eine Unfallversicherung zum Standard. Zudem setzen wir auf Nachhaltigkeit beim mobilen Arbeiten, indem wir Mitarbeitern das Leasing von E-Autos oder Dienstfahrrädern ermöglichen. Auch unsere Angebote mit eigenen Fitnessstudios und interner Weiterbildung halten wir virtuell aufrecht: Denn die Trainings und Fachvorträge bleiben online abrufbar. Nach der Pandemiezeit denken wir daran, lokale Fitnessangebote an den Wohnorten bereitzustellen.

Dass Vodafone oder SAP Homeoffice-Pioniere sind, ist nachvollziehbar. Doch etwa 40 Prozent der Arbeitsplätze in Deutschland sind nicht in Homeoffices transferierbar. Was passiert mit denen?

Momentan erscheint diese Zahl hoch. Doch mit der Schnelligkeit des digitalen Wandels, der Industriearbeitsplätze ebenso wie Freiberufler erfasst, wird dieser Anteil sinken. So ist etwa die Zahl an Ärzten, die digitale Sprechstunden anbieten, in der Corona-Krise sprunghaft gestiegen. Es wird immer mehr solcher digitalen Lösungen geben. Dabei wird aus heutiger Sicht die Künstliche Intelligenz ein wichtiger Treiber dieses Prozesses sein.

Können Sie nachvollziehen, dass sich einige Unternehmen mit Homeoffice schwertun?

Dazu müsste man wissen, warum.

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Mangelndes Vertrauen in Mitarbeiter, unklare rechtliche Rahmenbedingungen oder geringere Produktivität lauten die gängigen Einwände.

Das kann ich schwer nachvollziehen. Eine solide Vertrauensbasis zwischen Chefs und Mitarbeitern ist für produktives Arbeiten unverzichtbar. Dazu gehört Verbindlichkeit auf beiden Seiten: Führungskräfte sind gehalten, ihre Ziele präzise zu formulieren und daraus ihre Erwartungen an Mitarbeiter abzuleiten. Doch unabhängig davon ist der Trend zur Digitalisierung in der Arbeitswelt nicht aufzuhalten. Corona ist dabei der wichtigste Treiber. Das hat Konsequenzen für die Arbeitsabläufe in Unternehmen. Wer sich darauf nicht einstellt und das ändert, verliert.

Geringere Produktivität ist in Ihrem Hause also kein Thema?

Nein. Die persönliche Produktivität ist seit Pandemiebeginn gestiegen, und der Krankenstand in der Belegschaft hat sich seitdem halbiert. Eine positive Entwicklung, die nur durch das Vertrauen in die Eigenmotivation unserer Mitarbeiter möglich war.

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