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#Meuterei auf der Insel

„Meuterei auf der Insel“

Während der Fußballsaison schalten zeitweise mehr als sechzig Prozent der britischen Bevölkerung am Samstag bei der seit 1964 laufenden BBC-Sendung „Match of the Day“ ein, um sich die Höhepunkte der englischen Spitzenliga anzuschauen. Die BBC bezeichnet diese nationale Institution als die berühmteste Fußballsendung der Welt. Sie gilt als die am längsten laufende Fußball-Fernsehsendung überhaupt. Um­fragen zufolge hat die Titelmelodie den höchsten Erkennungswert einer Fernsehschau.

Keine Titelmelodie, keine Kommentare

Gina Thomas

Feuilletonkorrespondentin mit Sitz in London.

Am Samstagabend fehlten Titelmelodie und Kommentare. Die sonst achtzig Minuten dauernde Schau wurde auf zwanzig Minuten zusammengestrichen. Der Großteil der BBC-Fußballsendungen in Fernsehen und Hörfunk fiel am Wochenende aus, weil Moderatoren, Kommentatoren und Fußballspieler ihre Mitarbeit aus Solidarität mit dem suspendierten Star-Moderator Gary Lineker verweigerten.

Die BBC ist durch viele Krisen gebeutelt worden, am dramatischsten vor zwanzig Jahren im Streit um die Irak-Dossiers, mit denen die Regierung Blair den militärischen Eingriff gegen Saddam Hussein rechtfertigte. Damals unterstellte der BBC-Journalist Andrew Gilligan der Regierung, Geheimdienstinformationen wissentlich aufgebauscht zu haben.

Ob Labour oder die Tories, die BBC steht in der Kritik

Gilligans Bemerkungen in einem Hörfunkgespräch führten im Januar 2004 zum Rücktritt des BBC-Generaldirektors Greg Dyke und des BBC-Aufsichtsratsvorsitzenden Gavyn Davies. In dem Streit stand der öffentlich-rechtliche Sender in direktem Konflikt mit der Labour-Regierung. Ob nun Labour oder die Konservativen an der Macht sind, die Frage der vermeintlichen Voreingenommenheit ist seit jeher ein Streitpunkt zwischen der Regierung und der beitragsfinanzierten Körperschaft gewesen. Jetzt wird der BBC, unter anderem vom Oppositionsführer Keir Starmer, vorgeworfen, sich dem Druck „quengelnder Tories“ zu beugen.

Diese Politiker, die den Sender der von ihnen abschätzig als „liberale Elite“ bezeichneten Linksliberalen zurechnen, werden von konservativen Medienorganisationen, allen voran die „Daily Mail“ und der „Telegraph“, noch aufgestachelt. Sie bedienen sich in der Asylfrage einer Rhetorik, die auch in manchen konservativen Kreisen tiefes Unbehagen weckt. Innenministerin Suella Braverman erregte Anstoß, als sie in der vergangenen Woche unter der Überschrift „Das britische Volk hat genug“ in der „Daily Mail“ schrieb, es gebe „hundert Millionen Vertriebene in der Welt und wahrscheinlich Milliarden mehr, die darauf brennen, nach Möglichkeit hierherzukommen“.

Elder statesman: Gary Lineker (links) mit seinem Sohn George im Stadion von Leicester am Samstag.


Elder statesman: Gary Lineker (links) mit seinem Sohn George im Stadion von Leicester am Samstag.
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Bild: Reuters

In diesem Klima hat der Lineker-Tweet wie ein Stich ins Wespennest gewirkt, zum einen wegen der heiklen Asylfrage, zum anderen wegen des Streits um die Unabhängigkeit der BBC. Der durch Lineker aufgeschreckte Schwarm veranschaulicht die wachsende Polarisierung seit dem Brexit und der Zuspitzung der sogenannten „Kulturkriege“. Auf diesem umkämpften Feld ist die BBC schon lange ein Reizthema. Die Nerven liegen auf allen Seiten blank, zumal die BBC um ihre Zukunft als gebührenfinanzierter Sender bangen muss. Eine derartige Meuterei hat sie in ihrer hundertjährigen Geschichte nicht erlebt. Mit einem Tweet hat der ehemalige Kapitän der englischen Fußballmannschaft, der mit 1,35 Millionen Pfund der höchstbezahlte BBC-Moderator ist, nicht nur seine eigene Zukunft bei dem Sender aufs Spiel gesetzt, sondern auch die der jetzigen Führung.

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