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#„Arcadia“ in der Kritik: Können Öffentlich-Rechtliche doch Sci-Fi?

© WDR/jonnydepony/Maarten De Bouw Photography

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Die Science-Fiction „Arcadia“ ist eine internationale öffentlich-rechtliche Koproduktion. Kann die aufwändig inszenierte Serie nach der enttäuschenden Romanverfilmung „Der Schwarm“ endlich zeigen, dass die Anstalten auch guten futuristischen Content können?

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Nachdem das ZDF im Rahmen einer internationalen Zusammenarbeit die Verfilmung von „Der Schwarm“ in den Sand gesetzt hat, gibt es nun die nächste Science-Fiction mit öffentlich-rechtlicher Beteiligung (WDR/SWR) zu sehen: „Arcadia“ läuft derzeit bei ARD-Spartensender One und ist auch in der ARD-Mediathek abrufbar. Doch lohnt sich das Anschauen nach der großen Langeweile bei der Schätzing-Adaption überhaupt?

Öffentlich-Rechtliches „Black Mirror“

Die dystopische Netflix-Anthologieserie „Black Mirror“ thematisierte bereits 2016 eine Gesellschaft, in der ein Sozialkreditsystem über den Lebensstandard der Bürger entscheidet. Strenge Kopfnoten beurteilen auch in „Arcadia“ in einem gleichnamigen Phantasiestaat nicht nur den Systemkonformismus der Menschen, sogar Zucker- und Alkoholkonsum haben einen Einfluss auf den individuellen Score.

Für die Einwohner Arcadias bedeutet das Bürokratie-Terror und totale Überwachung wie in Terry Gilliams Meisterwerk  „Brasil“. Und wer sich nicht anpasst, fliegt raus: Faschistische Polizeistaffeln sammeln unliebsame Bürger von der Straße auf und deportieren sie in postapokalyptische Badlands, wo wieder mit Pfeil und Bogen gejagt wird. So geschieht es auch dem großbürgerlichen Familienoberhaupt Pieter, der die Scores seiner Familie manipuliert hat, um deren gesellschaftliche Position zu sichern.

Regulator Ziemons in "Arcadia"
Sein Auto kann nicht fliegen: Regulator Siemons ist der öffentlich-rechtliche „Blade Runner“. Bild: WDR/jonnydepony/Maarten De Bouw Photography

Durchgeführt wird die Verhaftung der ganzen Familie von einem „Regulator“, der unrasiert mit Mantel im Musclecar anreist. Dieser unverhohlene  „Blade Runner“-Verschnitt ist wie sein großes Vorbild in Ray Bradburys „Fahrenheit 451“ dem herrschenden System gegenüber zu Beginn der Handlung nicht nur unkritisch, er glaubt sogar fest daran. Alles bekannt von Christian Bale in der Bradbury-Adaption „Equilibrium“ oder Tom Cruise in „Minority Report“.

SciFi-Serie „Arcadia“: Bessere Unterhaltung als „Der Schwarm“

Im Gegensatz zur schwunglosen Monumental-Seifenoper „Der Schwarm“ geht es in „Arcadia“ zügig zur Sache und die Handlung der Sci-Fi-Serie entspinnt sich ohne unnötige Fokussierung auf die Befindlichkeiten der Charaktere oder deren verkorkstes Liebesleben. Insofern ist die europäische Koproduktion im Hinblick auf Erzähltempo und Unterhaltungswert zwar gelungen, bietet aber auch keinen größeren Erinnerungswert als ein Wochenend-Krimi.

EIn Kampf zwischen schwestern in "Arcadia"
Schwestern werden zu Feinden: In „Arcadia“ wird Denunziantentum großgeschrieben. Bild: WDR/jonnydepony/Maarten De Bouw Photography

Im Grunde vermengt „Arcadia“ nämlich lediglich auf Sterile Art und Weise bekannte Elemente der dystopischen Science Fiction von Atwood, Orwell, Bradbury und Philip K. Dick, ohne auch nur eine einzige wirklich originelle Idee einzubringen. Dass die Geheimdienst-Schergen im Stadtstaat Arcadia hochschwanger sind und Ingwertee trinken, ist halt eben nur eine Randbemerkung und ändert eben nichts daran, dass sich die Macher der Serie eigentlich gar nichts getraut haben.

Willkommen in Schablonia

So baut „Arcadia“ einen stereotypischen Polizeistaat aus Sichtbeton auf, in dem Charakterschablonen aus dem Grundkurs kreatives Schreiben ihre Sätzlein aufsagen. Die Rollen sind zwar zeitgeistig bunt besetzt und teils queer und neurodivers angelegt, aber kein bisschen interessanter als ihre einseitig weißen und heterosexuellen Vorgänger in älteren Produktionen.

Behörden-Brutalismus wie bei Terry Gilliam: Sichtbeton dominiert die grauen Hallen von „Arcadia“. Bild: WDR/jonnydepony/Maarten De Bouw Photography

Aufnahmen aus der Vogelperspektive werden von Streichermusik unterlegt wie in einer teuren Mercedes-Werbung, retrofuturistische Brutalismus-Designs treffen auf seelen- und farblose Bauhausvillen: Die Gestaltung der Serie ist zwar nicht misslungen, aber ebenso schablonenhaft wie ihre Figuren. Ob letzendlich die Ideenlosigkeit der Serienmacher oder der größte gemeinsame Nenner aus Science-Fiction und öffentlich-rechtlicher Prodiktionspolitik nun das Ende der Fahnenstange für „Arcadia“ markiert hat, bleibt dabei unklar. 

Dennoch ist „Arcadia“ in seiner teils platten Geradlinigkeit definitiv unterhaltsamer als das der elendig geschwätzige „Schwarm“ und spricht tendenziell eher das Öffi-Publikum im Allgemeinen als SciFi-Fans im Speziellen an, weshalb die Koproduktion aus Niederlande, Belgien und Deutschland unter Strich als positive Entwicklung im Bereich öffentlich-rechtliche Serienentwicklung gesehen werden kann.

Ein Büro in "Arcadia"
Sitzbälle des Grauens: Ein Büro ohne Tageslicht erinnert an „Severance“, nur kommt in „Arcadia“ noch sexuelle Nötigung am Arbeitsplatz hinzu. Bild: WDR/jonnydepony/Maarten De Bouw Photography

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Von

Richard W. Schaber

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