Nachrichten

#Wie ein 130 Jahre altes Auto es über den TÜV schafft

Gibt es Hoffnung für die Besitzer alter, klappriger Autos? Können sie zum Beispiel einfach eine große Kelle mit zur Hauptuntersuchung beim TÜV bringen, wenn der Blinker nicht mehr funktioniert? So hat das immerhin Karl-Heinz Rehkopf am Montag beim TÜV Nord im niedersächsischen Einbeck gemacht – und eine Prüfplakette für zwei weitere Jahre für sein fast 130 Jahre altes Exem­plar des Modells Benz Victoria bekommen. Oldtimer-Experte Thorsten Rinke vom TÜV Nord sagt, das sei zwar „ein nettes Gedankenspiel“, allerdings gälten bei sehr alten Fahrzeugen andere gesetzliche Regelungen als bei modernen. Welche Vorgaben ein Fahrzeug erfüllen müsse, sei vom Datum der Erst­zulassung abhängig. Fahrtrichtungsanzeiger für Fahrzeuge müssten von Erstzulassung 1. Januar 1957 an eine Bauartgenehmigung besitzen. „Vor dem 1. Januar 1970 waren auch hintere Fahrtrichtungsanzeiger in der Farbe Rot zulässig.“

Dem wohl ältesten Auto Deutschlands – vielleicht auch der Welt – konnte ­Rinke dank der Gesetzeslage eine Prüfplakette geben. Die Sonderregelungen für das Auto mit der Modellnummer 99 füllen aber ein ganzes DIN-A4-Blatt. Weil es nur kerzenbeleuchtete Lampen besitzt, darf es nur tagsüber gefahren werden. Und zum Blinken muss eben immer eine große Kelle an Bord sein.

Unter Kontrolle: Thorsten Rinke prüft.


Unter Kontrolle: Thorsten Rinke prüft.
:


Bild: dpa

Normalerweise steht das Auto im Automuseum PS-Speicher in Einbeck, der Stifter Rehkopf fährt es alle zwei Jahre persönlich zum TÜV. Dafür braucht er Unterstützung von einem Fachmann aus der Museumswerkstatt. Zum Starten muss man ein Schwungrad „richtig mit Effet“ drehen, sagt Museumssprecher Stephan Richter, während der Fahrt sei man dauernd damit beschäftigt, das Benzingemisch anzupassen. „Dafür muss man alle Hebel in Bewegung setzen“, sagt Richter. „Unterhalten kann man sich während der Fahrt nicht.“ Getankt wird Leichtbenzin, das an einem nahe gelegenen Flughafen eingekauft wird. „Wenn das Wetter schlecht ist, hoher Luftdruck und hohe Luftfeuchtigkeit herrscht, muss das Gemisch fetter sein.“ Der Wagen kommt mit seinen sechs PS auf bis zu 30 Kilometer pro Stunde. Er hat einen Dreilitermotor mit einem Zylinder und wird über eine Lenkstange gesteuert. Alle 15 Kilometer muss angehalten werden, um Wasser nachzufüllen und den Motor nachzufetten. Die Ausflüge zum TÜV alle zwei Jahre sind der Hauptjob, den die alte Dame noch zu erfüllen hat, ansonsten wird sie nur bei Festen mal präsentiert.

Durchgekommen: Der Benz Victoria Nummer 99 hat wieder mal seine Prüfplakette bekommen.


Durchgekommen: Der Benz Victoria Nummer 99 hat wieder mal seine Prüfplakette bekommen.
:


Bild: dpa

Gebaut wurde das Auto 1894, der Nähseidefabrikant Alexander Gütermann aus Gutach kaufte es direkt bei Karl Benz in Mannheim und beförderte seinen Kutscher zum Chauffeur. Die Gütermanns kümmerten sich dann über Generationen um die Victoria, erst 2009 verkauften sie das Auto an Museumsstifter Rehkopf.

Kürzlich hat das Museum der Familie noch ein anderes Original abgekauft: Auf dem vielleicht ersten Strafzettel der Verkehrsgeschichte steht, dass Gütermann am 16. Mai 1895 so schnell durch Denzlingen gefahren sei, dass in einer nahe ­gelegenen Wirtschaft „die Vorhänge flatterten“. Drei Mark Strafe musste Gütermann deswegen zahlen – lange bevor es Tempolimits gab.

Wenn Ihnen der Artikel gefallen hat, vergessen Sie nicht, ihn mit Ihren Freunden zu teilen. Folgen Sie uns auch in Google News, klicken Sie auf den Stern und wählen Sie uns aus Ihren Favoriten aus.

Wenn Sie an Foren interessiert sind, können Sie Forum.BuradaBiliyorum.Com besuchen.

Wenn Sie weitere Nachrichten lesen möchten, können Sie unsere Nachrichten kategorie besuchen.

Quelle

Ähnliche Artikel

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Schaltfläche "Zurück zum Anfang"
Schließen

Please allow ads on our site

Please consider supporting us by disabling your ad blocker!