#Mindeststeuer und Klimaschutz statt Wahlkampf
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„Mindeststeuer und Klimaschutz statt Wahlkampf“
Was für ein schöner Ausflug: Olaf Scholz fliegt nach Venedig, dort trifft der Finanzminister seine Kollegen aus dem Kreis der 20 großen Industriestaaten und Schwellenländer (G 20). Das extrem frühe Aufstehen lohnt sich. Der SPD-Kanzlerkandidat lässt Berlin, Regen und Umfragewerte hinter sich und taucht ein – bei strahlendem Sonnenschein – in eine der schönsten Städte der Welt. Und nicht nur das, Scholz darf hoffen, den Erfolg vergangener Mühen einfahren zu können und Unterstützung zu bekommen für das Vorhaben, die Weltsteuerordnung auf zwei neue Säulen zu stellen. Das ist sein großes Projekt, auf das er drei Jahre hingearbeitet hat. Dass die Neuregelung am Samstag mit dem Kommuniqué bekräftigt wird, war so gut wie sicher, nachdem nunmehr 131 Länder auf Arbeitsebene die Reform mittragen, darunter sind nicht zuletzt alle G-20-Staaten.
Das Momentum will der deutsche Politiker nutzen, er will den Schwung aus der Steuerpolitik auf ein ganz anderes Feld übertragen – den Klimaschutz. Auf dem G-20-Treffen wirbt der Deutsche eindringlich dafür, hier ebenfalls nach einer gemeinsamen Lösung zu suchen, auf globaler Ebene zusammenzuarbeiten, multilateral, damit nicht jedes Land seinen eigenen Weg geht. Seine Sorge: Wenn eine Regierung den Ausstoß des Treibhausgases Kohlendioxid in ihrem Land verteuert, belastet dies auch die inländischen Produzenten. Wer demnach im Sinne der ganzen Menschheit ehrgeizig ist, muss fürchten, dass in sein Land weniger klimafreundlich hergestellte Produkte eingeführt werden und die heimische Industrie abwandert – „Carbon Leakage“ heißt das unter Fachleuten. Um solche Entwicklungen zu verhindern, wird schon länger über einen CO2-Grenzausgleich nachgedacht, unter Ökonomen, aber auch ganz konkret auf politischer Ebene. So arbeitet die EU-Kommission an einem solchen Konzept.
Der deutsche Politiker warnte in Venedig, einander mit solchen Grenzausgleich-Systemen zu bekämpfen. „Wir müssen jetzt nachdenken, wie wir unsere nationalen CO2-Politiken koordinieren“, mahnte Scholz. „Wir haben nicht viel Zeit, aber wir haben noch etwas Zeit – ein oder zwei Jahre –, um eine Lösung zu finden.“ Man müsse wie im Falle der Mindestbesteuerung vorgehen.
Einheitlicher Mindestpreis für Kohlendioxid-Emissionen
Der amerikanische Ökonom William Nordhaus hat schon im Jahr 2015 angeregt, dass sich klimabewegte Länder zu einem Klub zusammenschließen und einen einheitlichen Mindestpreis für Kohlendioxid-Emissionen einführen. Diesen Ansatz hat der deutsche Minister aufgegriffen. „Die Klubmitglieder arbeiten an einem gemeinsamen Fahrplan mit Meilensteinen zur vergleichbaren Erfassung von CO2-Bilanzen und existierenden CO2-Preisen“, heißt es in einem Eckpunktepapier aus seinem Haus. „Mittel-bis langfristig streben sie vergleichbare (Mindest-)Preise für Treibhausgasemissionen an und stimmen ihren Schutz vor Carbon Leakage ab.“ Die Mitglieder des Klubs sollten im Handel mit Drittstaaten klimarelevante Aspekte weitestgehend berücksichtigen, dabei seien jedoch die Regeln der Welthandelsorganisation einzuhalten.
Frankreichs Finanzminister Bruno Le Maire sprang dem Deutschen bei. Er sprach sich für ein realistisches Vorgehen aus. Ein einheitlicher Preis für CO2-Emissionen sei momentan nicht durchsetzbar. Es könne aber eine Untergrenze eingezogen werden. Das könnte für die G 20 ein guter Startpunkt sein. Amerikas Finanzministerin Janet Yellen befürwortete zwar ebenfalls konkrete Maßnahmen zum Klimaschutz, wollte sich aber nicht auf einen CO2-Mindestpreis festlegen lassen. Sie sagte in Venedig nur, um bis zur Mitte des Jahrhunderts klimaneutral zu werden, seien im G-20-Kreis erhebliche staatliche und private Investitionen nötig.
Klima-Klub und Kohlendioxid-Grenzausgleich haben somit das Zeug dazu, an die Stelle der Mindeststeuer zu treten und die Treffen der Industriestaaten und Schwellenländer in den nächsten Jahren zu prägen. Ob Scholz dabei an führender Stelle mitmischen kann, wird sich nach der Bundestagswahl im September entscheiden. Irgendwann endet auch einmal die schönste Auszeit vom Wahlkampf.
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