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#Football-Revolution oder Scherbenhaufen?

Football-Revolution oder Scherbenhaufen?

Damals, vor 30 Jahren, nannten sie es den „Urknall“. Es war ein mächtiges Getöse, als die World League of American Football an den Start ging. In Frankfurt erlebte man bei den Spielen des Profiklubs Galaxy im damaligen Waldstadion eine dröhnende Show, wie man sie nie zuvor bei einem deutschen Sportereignis gesehen hatte. Doch das von der National Football League (NFL) aus den Vereinigten Staaten finanzierte Projekt, das später als NFL Europe an den Start ging, schrieb massiv rote Zahlen und wurde 2007 aufgelöst.

Nun geht wieder eine Liga international an den Start: die European League of Football (ELF). Ende Juni sollen acht Teams, davon sechs in Deutschland, ihre ersten Partien bestreiten und in einer weitestgehend nach NFL-Regeln spielenden und nach deren Vorbild als Franchise-System aufgebauten Liga den amerikanischen Nationalsport in Europa auf ein neues Level heben.

Nähe zur NFL Europe

Fünf Teamnamen signalisieren die Nähe zur damaligen NFL Europe: Frankfurt Galaxy, Berlin Thunder, Cologne Centurions, Hamburg Sea Devils, Barcelona Dragons. Hinzu kommen die Leipzig Kings, die Stuttgart Scorpions und die Panthers Wroclaw aus Breslau in Polen. Anders als in der NFL Europe, in der fast nur Amerikaner spielten, sollen es in der ELF vor allem einheimische Spieler sein. Die Zahl der Profis aus dem Mutterland dieses Sports ist auf vier pro Team beschränkt. Diese sind noch keine Profimannschaften, sondern treten laut Liga unter „professionalisierten“ Bedingungen an.

Der Moderator und frühere Football-Spieler Patrick Esume ist der Commissioner der neuen Liga.


Der Moderator und frühere Football-Spieler Patrick Esume ist der Commissioner der neuen Liga.
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Bild: Picture-Alliance

Mit einer Art Football-Revolution wollen der Fernsehmoderator Patrick Esume als ELF-Commissioner sowie der Medienunternehmer Zeljko Karajica (Sports & Entertainment Holding) als CEO den Kontinent erobern. Erst kürzlich konnte die Liga einen Coup landen und den ehemaligen NFL-Profi Kasim Edebali für die Hamburg Sea Devils verpflichten. Ein erster Erfolg: 13 Partien der Liga werden live bei Pro Sieben Maxx und ran.de übertragen.

Doch trotz dieser vielversprechenden Signale gab es auch Probleme. Von den acht ursprünglich genannten Teams haben sich die Ingolstadt Praetorians und die in Hildesheim beheimateten German Knights 1367 Niedersachsen zurückgezogen. Für sie rückten Leipzig und Köln nach. In Berlin wurde die Zusammenarbeit mit dem Football-Urgestein Roman Motzkus beendet, nachdem Hauptinvestor Axel von Saldern ausgeschieden war. „Damit war plötzlich unser wichtigster Ansprechpartner weg“, sagt Esume. Die Nachfolger im Office der Thunder stehen noch nicht fest, sollen laut Esume aber im Lauf dieser Woche präsentiert werden.

Ehrgeizig und problematisch

Chef der German Knights war Christoph Heyne, einst Manager des NFL-Europe-Klubs Frankfurt Galaxy und ein im Sport erfahrener Marketingmann. Er will sich zu den Details ebenso wenig äußern wie sein Ingolstädter Kollege Ramin Ghassemi, der auf die Pressemitteilung seines Klubs verweist. Man habe „keine Einigung“ mit der ELF erzielen können und „die Verhandlungen eingestellt“, ist da zu lesen. Motzkus, der demissionierte Berliner Klubchef, erzählt mehr. „Von 16 Punkten, die wir mit der Liga vereinbart hatten, sind zehn nicht eingehalten worden“, sagt er. „Man gab uns zu verstehen, dass man sich anderweitig orientieren werde.“

So ehrgeizig das neue Projekt ist, so problematisch ist es für den deutschen Football – vor allem für die German Football League (GFL). Durch das Aus von Ingolstadt und Hildesheim haben nun etliche deutsche Spitzenspieler zunächst einmal keine Perspektive. In Hildesheim wurde nach dem geplanten Wechsel des Teams in die ELF die Mannschaft der Invaders nicht für die GFL gemeldet. In Ingolstadt wechseln die Dukes in die dritte Liga.

Kollateralschäden hat es auch in Hamburg und Frankfurt gegeben, wo die ELF-Klubs Sea Devils und Galaxy bei den GFL-Teams Elmshorn Fighting Pirates und Frankfurt Universe Spieler, Trainer und Funktionäre in so großem Stil abwarben, dass die Vereine in Schieflage gerieten. Elmshorn meldete nicht mehr für die erste Liga, Universe versucht, ein GFL-Team aus zweit- und drittklassigem Personal auf die Beine zu stellen. Da aus der ersten Liga in der kommenden Saison kein Team absteigen wird, hofft man am Main, bis 2022 wieder konkurrenzfähig zu sein.

„Es tut mir für die Spieler wirklich leid“, sagt der einstige Hildesheimer Manager Heyne. „Einen Scherbenhaufen“ habe die ELF schon jetzt hinterlassen, sagt Liga-Sprecher und Direktoriumsmitglied Axel Streich. „Hier wird nicht Football gefördert, sondern beschädigt.“ Bei den Teams, die nun nicht in der ELF antreten werden, seien „die Spieler die Gelackmeierten“. Esume kontert: „Es ist ja nicht so, dass wir diese Klubs mit all ihren Spielern und Trainern inhaliert haben. Alle haben sich uns freiwillig angeschlossen. Und das ist ihr gutes Recht.“ Die Sichtweise der GFL ist anders. „Letztlich“, so Streich, „nutzen die Standorte der ELF-Klubs bestehende Strukturen und profitieren für ihr eigenes Geschäft.“

Esume bestätigt, dass Karajica, damals noch als Geschäftsführer von Pro Sieben Sat 1, schon vor einigen Jahren bei der GFL und dem American Football-Verband Deutschland angefragt habe, ob man sich an einer europäischen Liga beteiligen wolle. Nun realisieren der „Coach“, wie der einstige französische Nationaltrainer Esume sich nennen lässt, und Karajica ihre Vorstellung von einer eigenen Liga. Sie träumen davon, dass sich dort Spieler für die NFL entwickeln.

Tilman Engel bezweifelt, dass dies gutgeht. Der einstige Manager von Frankfurt Galaxy in der NFL Europe ist Berater für die German-Bowl-Endspiele des deutschen Verbandes in Frankfurt. „Es wird wahnsinnig viel übers Knie gebrochen“, sagt er über die ELF. Er lehne vor allem eines ab: „diese brutale Kannibalisierung des deutschen Footballs“.

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