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#Mit allen Sinnen einkaufen

Mit allen Sinnen einkaufen

Es gibt Menschen, die glauben noch ans Kaufhaus. Und das selbst im Zeitalter des Internets. Der österreichische Unternehmer René Benko ist so einer oder auch Tos Chirathivat, der Vorstandschef der thailändischen Central Group, die mit Kaufhäusern in den vergangenen 80 Jahren ein Milliardenvermögen aufgebaut hat. Die beiden stemmen gemeinsam 150 der insgesamt rund 300 Millionen Euro, mit denen seit ein paar Jahren das Berliner KaDeWe von Grund auf renoviert wird. Die andere Hälfte tragen die Partner, also jene Labels, die vom KaDeWe lizenziert sind: Gucci, Dior und Louis Vuitton zum Beispiel, die dort wie viele andere Marken ihre Verkaufsflächen neu bauen.

Inge Kloepfer

Freie Autorin in der Wirtschaft der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung in Berlin.

„So wie wir jetzt umbauen, geschieht das nur alle 30 bis 40 Jahre“, sagt der Schweizer André Maeder, seit 2014 Chef der KaDeWe-Gruppe, zu der nicht nur das KaDeWe, sondern auch das Kaufhaus Oberpollinger in München und das Alsterhaus in Hamburg gehören. „Wenn nicht nur die Gesellschafter, sondern auch die Partner an dieses Konzept glauben, dann kann es nicht ganz falsch sein.“ Für alle drei Häuser zusammen beläuft sich die Investitionssumme auf eine halbe Milliarde Euro. Das Flaggschiff aber, das „Kaufhaus des Westens“, bekommt den größten Anteil.

Der Kaiser kam nicht

Das KaDeWe hat als Kaufhaus immer funktioniert – immer wieder auch mit Sonderkonjunktur. Und das, obwohl es zunächst nicht danach aussah. Ausgerechnet das überschaubare Berliner Vorstädtchen Schöneberg hatte sich der aus Baden-Württemberg stammende, in Berlin lebende Kaufmann Adolf Jandorf für den Standort seines ersten Luxuskaufhauses ausgesucht und 1907 dessen Tore geöffnet. Der Kaiser kam nicht, dafür aber noch im Herbst desselben Jahres für zwei Tage König Rama V. aus Thailand, das seinerzeit noch Siam hieß. Dreizehn Jahre später stand Jandorfs Kaufhaus dann im Zentrum des Berliner Westens, als Schöneberg Teil der Hauptstadt wurde. Der Umsatz stieg beständig.

Nur, wer braucht heute noch ein Kaufhaus? „Ein Marktplatz wie früher in der Antike auch, auf dem man Freunde getroffen, sich unterhalten, etwas getrunken und vielleicht auch etwas gekauft hat, den brauchen die Menschen auch in Zukunft“, sagt Maeder. In der KaDeWe-Gruppe sind sie überzeugt, dass sich die Kunden von heute nicht mehr bewusst für das Internet oder das stationäre Geschäft entscheiden. „Die neue Generation wird vor allem digital unterwegs sein. Aber sie will trotzdem mit allen Sinnen etwas erleben.“ Wer das KaDeWe besucht, der sieht, wovon Maeder spricht. Die Etagen sind gefüllt, oben in der „Food Hall“ tobt am Wochenende das Leben, sie ist zu einem Treffpunkt vieler junger Erwachsener geworden.

KaDeWe-Chef Andre Maeder


KaDeWe-Chef Andre Maeder
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Bild: Matthias Lüdecke

Das Internet sieht in der KaDeWe-Gruppe kaum einer als Gefahr für das Erlebniskaufen. Die Zahlen scheinen das zu bestätigen: Das Kaufhaus lebt, allen voran das KaDeWe, das in einer Liga mit Harrods oder Selfridges in London spielt. Gut 400 Millionen Euro Umsatz wurden dort 2019 noch vor der Pandemie erwirtschaftet bei 12 Millionen Besuchern im Jahr. In der Spitze strömten schon mal 50.000 an einem Tag durch die sechs Etagen. Zusammen mit dem Alsterhaus und Oberpollinger belief sich der Umsatz auf etwas über 600 Millionen Euro. Seit der Öffnung nach dem Lockdown im Mai liegen die Monatsumsätze nach Angaben von Maeder inzwischen wieder auf dem Niveau von 2019 – allerdings pandemiebedingt (noch) bei 25 Prozent weniger Besuchern. Es fehlen schließlich zum größten Teil die Touristen. Aber der Einzelne gibt mehr aus. „Wir haben immer gesagt, dass wir mit dem Umbau mit den Bestandshäusern 2025/26 bei einer Milliarde sein werden“, sagt Maeder. Allein das KaDeWe habe bei vollendetem Umbau ein Potential von 650 Millionen Euro Jahresumsatz – und sei die drittwichtigste Sehenswürdigkeit Berlins.

In der Nazizeit wurde es schwierig

Eine Sehenswürdigkeit war es übrigens schon immer – mit einer wechselvollen Geschichte. Ende der 20er-Jahre verkaufte Jandorf seine Firma an das jüdische Handelsunternehmen Hermann Tietz OHG. In der Nazizeit wurde es schwierig. Zwei Auseinandersetzungsverträge drängten die jüdische Familie sukzessive aus dem Unternehmen. Die Hermann Tietz OHG wurde zur Hertie GmbH, die fortan das Kaufhaus führte. Und die hielt dessen Tore offen, solange es ging. Erst als im November 1943 ein amerikanisches Kampfflugzeug in das Gebäude stürzte, war Schluss. Die Wiedereröffnung zunächst der ersten beiden Etagen 1950 versetzte die Berliner dann derart in Euphorie, dass schon nach wenigen Minuten die Türen wegen Überfüllung wieder geschlossen werden mussten. Das könnte vor Weihnachten dieses Jahres vielleicht sogar wieder passieren, weil dann auch die oberste, die sechste, Etage endgültig fertig ist.

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