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#Mit dem Laserschwert zur Anbetung

Mit dem Laserschwert zur Anbetung

Die Vatikan-Krippe, die kurz vor Weihnachten vor dem Petersdom in Rom enthüllt wurde, zeigt neunzehn lebensgroße, zylindrische Keramikfiguren der üblichen Verdächtigen: Maria, Josef, das Christuskind, Ochs und Esel, die Heiligen Drei Könige und Schafe. Aber auch zwei sehr ungewöhnliche Besucher erscheinen – ein Astronaut und eine Figur in dunkler Rüstung mit einer Art Hellebarde, die viele im Internet mit Darth Vader aus der Sternensaga „Star Wars“ verglichen haben.

Stefan Trinks

Der Astronaut im weißen Weltraumanzug mit Schläuchen bringt in der Rolle eines vierten Königs einen kleinen, von Kratern überzogenen Mond als seine Gabe dar, der aber durch seine fahlgelbe Farbe anstelle des realen Grautons wie ein vergammelter Mozzarellakäse aussieht. Und der mutmaßliche dunkle Kino-Lord Vader trägt eben keinen römischen Legionärs- oder Zenturiohelm, vielmehr einen geschlossenen schwarzen Hoplitenhelm mit nur zwei kreisrunden Öffnungen für die Augen und einer liegenden Acht für den Mund. Bekrönt wird der Helm zudem von einem Totenkopf, der manche Betrachter an SS-Offiziere denken ließ.

Seine an der Spitze tatsächlich wie ein flammendes Laserschwert ausfransende Lanze hat weder etwas mit der im Mittelalter hochverehrten „Heiligen Lanze“ des Longinus noch mit einem römischen Speer überhaupt gemein. Doch auch der als einzige Figur überlebensgroße Engel der Frohen Botschaft hinter der Krippe ist zwar blondgelockt, ähnelt mit der technoiden weißen Riefung seines streng zylindrischen „Körpers“ eher einem Transformator-Isolator aus Porzellan als einem biblischen Flügelwesen.

Apollo 11 hat Schuld

Die Figuren entstammen einer Krippe, die zwischen 1965 und 1975 von Lehrern und Schülern in Castelli in den Abruzzen hergestellt wurde, einer Stadt, die für ihre lange Keramiktradition bekannt ist. So bizarr die Szene aus heutiger Sicht erscheinen mag, so nachvollziehbar schien die Auswahl der zusätzlichen Figuren in ihrem historischen Kontext. Marcello Mancini zufolge, einem Lehrer an der Schule, in der die Krippe hergestellt wurde, war der Astronaut nach der Mondlandung 1969 hinzugefügt worden. Der Vader-Doppelgänger, dessen Entstehung der Filmsaga „Star Wars“, die ab 1977 zu sehen war, vorausging, sei eigentlich ein Zenturio, der laut Mancini „einen großen Sünder“ darstellt.




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Die Krippe wird derzeit sowohl für ihre unkonventionelle Besetzung als auch für ihre Retro- und Sci-Fi-Ästhetik verspottet. Der „Catholic Herald“, eine in London ansässige römisch-katholische Monatszeitung, die seit 2014 auch in den Vereinigten Staaten erscheint, schmäht die Darstellung als „comichaft schrecklich“. Erbittertere Gegner bezeichnen das Werk im Netz als „dämonisch, heidnisch und götzendienerisch“. „Ich bedaure die Reaktionen, dass die Leute es nicht mögen“, sagte Mancini der Katholischen Nachrichten-Agentur und fuhr etwas gestelzt fort: „Es ist reich an Symbolen und Signifikanten, die eine nichttraditionelle Lesart der Geburtsszene bieten.“

Inzwischen kursieren mehrere kuriose Neudeutungen. In den sozialen Medien schlägt ein Twitter-Nutzer vor, den Astronauten mit Papst Franziskus zu identifizieren, der auf dem Weg zum Mond sei, „um die mütterliche Vermittlung Marias zu suchen“. Das wäre die alte, obgleich im Kern pagane Typologie von Maria als Ersatz für die Mondgöttin Luna, wie sie in der biblischen Figur des Apokalyptischen Weibs aus der Johannes-Offenbarung erscheint, auf der Mondsichel thronend.

Und wie schon bald nach Enthüllung von Michelangelos Fresko des Jüngsten Gerichts in der Vatikanischen Sixtina im Jahr 1540 der nackte Mann rechts unten, der vom Sündentier der Schlange ins Geschlecht gebissen wird, als dem Künstler verhasster päpstlicher Zeremonienmeister Biagio da Cesena identifiziert wurde, so wird auch der böse Zenturio neu gedeutet: Er stelle den rechtsgerichteten Erzbischof Carlo Viganò dar, einen lautstarken Kritiker von Franziskus.

„Gut gemeint ist das Gegenteil von gut“

Zu allen Anachronismen der Deutung – sei es des spätestens 1975 kreierten Zenturios oder auch der Astronautenfigur von 1969 – lässt sich eines festhalten: Besinnungslose Aktualisierungen christlicher Ikonographie ohne das Aufgreifen vertrauter Bildformen und Bestände gehen selten gut, zumal bei aller Aufregung über die missverständliche Krippe niemand über die Figur des Christuskinds spricht. Denn gut gemeint – die Worte Gottfried Benns wären noch postum auf seinen Grabstein zu meißeln und in Gold zu fassen – ist stets das Gegenteil von gut.

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