#Miteinander in der Corona-„Durch die Masken fühlt man sich einsamer“

Frau Lange, alle tragen seit Monaten einen Mund-Nasen-Schutz. Verändert sich dadurch unser Verhalten?

Mir ist aufgefallen, dass die Welt leiser geworden ist. Man redet weniger mit Maske. Das fängt an beim „Guten Tag“-Sagen, wenn man in ein Geschäft reinkommt. Dieses Grundgrummeln des Miteinanderredens ist einfach weg. Der Umgang ist momentan nicht mehr ein Aufeinandertreffen, sondern eher ein Nebenhergehen. Ich glaube, dass man sich durch diese ganzen Masken wesentlich einsamer fühlt.

Haben Sie dafür ein Beispiel?

Nun, man muss sich klar sein, dass es einfach Menschen gibt, die das ganze Gesicht brauchen, um kommunizieren zu können. Zum Beispiel die Gehörlosen. Sie hören die Welt ja nicht, und durch die Masken sehen sie sie auch nicht, weil sie ja die Mundbewegungen nicht mehr erkennen. Das ist einem normal auf der Straße häufig gar nicht so klar.

Wie schwer fällt es, trotz verdeckten Gesichts Gefühle der Mitmenschen zu erkennen?

Emotionen erkennen zu können, den anderen irgendwie lesen zu können ist für mich die Grundlage des Miteinanders. Das ist im Moment sehr eingeschränkt. Manche Menschen können das besser lesen, aus den Augen oder aus der Körpersprache, und manche halt nicht. Da gibt es große Unterschiede. Das ist auch ein Kern von Missverständnissen.

Woraus besteht dann diese eingeschränkte Kommunikation?

Aus Worten. Und dann kommt es zu Missverständnissen, weil man es gar nicht geübt ist, die Emotionen in Worte zu fassen. Das ist ja ein Bereich, den viele Menschen nicht besonders gut können.

Sie leiten eine Grundschule. Sehen Sie Unterschiede, wie Erwachsene damit umgehen und wie Kinder?

Ja, Kinder lernen schneller. Erwachsenen fällt das schwerer. Wir üben das mit den Kindern in unserer Schule ganz explizit. Immer wieder zu sagen: Jetzt ist es wichtig, dass ihr die Gefühle in Worte ausdrückt und nicht sofort überspielt in irgendwelchen Übersprungshandlungen. Das zu üben dauert sehr, sehr lang, vielleicht auch, weil wir eine Gesellschaft sind, in der Emotionen wenig verbalisiert werden. Das ist ein Problem, vor allem auch unter Erwachsenen.

Hat die Pandemie dieses Problem deutlicher hervortreten lassen?

Die Pandemie ist für vieles ein Brennglas und bestimmt auch da, ja. Mir ist aufgefallen, dass im Freundeskreis anders gesprochen wird. Man lässt mehr Tiefe zu. Es geht plötzlich um Themen, die einen sehr berühren, die man vor der Pandemie so normalerweise einfach nicht angesprochen hätte.

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Lässt sich Wissen vermitteln, wenn Lehrer Maske tragen?

Das ist kein Problem. Wir haben während der Pandemie auch Kinder neu dazubekommen, die den Lehrer überhaupt nicht ohne Maske kennen. Und trotzdem haben die Kinder Vertrauen und lernen.

Wie ist Vertrauensaufbau mit Maske möglich?

Indem man Vertrauen und Bindung anbietet. Kinder merken, ob das ernst gemeint ist oder nicht. Da sind wir wieder auf dieser emotionalen Ebene. Wenn ich als Lehrerin einem Kind sage, du darfst immer zu mir kommen, und ich mein das ernst, dann merkt das das Kind. Es wird das Angebot vielleicht ein paar Mal austesten, aber wenn das einfach immer steht, dann kann ein Kind das annehmen. Das ist ein ganz wichtiges Element des Vertrauens: Kindern zu sagen, ich mein das ernst, du bist mir wichtig. Da ist es egal, ob man eine Maske anhat oder nicht.