#Mogelpackung deutscher Machart
Inhaltsverzeichnis
Mit der Folge „Blutlinie“ ermitteln die „dänischen Lokalpolizisten“ Ida Sörensen (Marlene Morreis, aus der oberösterreichischen Barockstadt Schärding) und Magnus Vinter (Nicki von Tempelhoff, geboren in Wuppertal) zum zweiten Mal für die ARD in Riebe, der ältesten Stadt des Landes. Auch das übrige Personal in dieser Dänemark-Ausgabe der bunten Krimi-Reise der Degeto durch europäische und außereuropäische Länder und Städte ist deutschsprachig und gibt seinen Rollen nicht einmal einen Hauch von Dänischsein.
Anders als etwa im „Irland-Krimi“, in dem sich Désirée Nosbusch als Ex-Alkoholikerin und Beraterin der Garda (der Polizei der Republik Irland) mit ihren irischen Schauspielkollegen zumindest um einen Anschein von Authentizität bemüht – und abgesehen davon, dass die Geschichten im „Irland-Krimi“ oft von ortsüblichen Legenden und Traditionen angeregt und durchaus ansehnlich sind.
Hier stimmt nur der Look
Der „Dänemark-Krimi“ dagegen wirkt auch im zweiten Film wie ein reiner Europa-Fake. Oder ein Paradebeispiel kultureller Aneignung. Was umso befremdlicher – oder mutiger – erscheint, als in Dänemark ja selbst feinste Krimikost entsteht. „Kommissarin Lund“ und „Die Brücke“ sind nur die bekanntesten, zahlreiche andere Beispiele zeugen von hoher Qualität der Bücher und ihrer Umsetzung. Wer also auf Krimis aus Dänemark steht, der sei entschieden gewarnt: Der „Dänemark-Krimi“ ist in puncto „danishness“ eine Mogelpackung. In anderer Hinsicht, in puncto Spannung und logischer Nachvollziehbarkeit, allerdings auch.
Der „Look“ immerhin ist stimmig. Simon Schmejkals Kamera ist noch das Beste, das „Blutlinie“ zu bieten hat. Düster, dunkel, grauschattiert und tiefgrün gefärbt sind die meisten der Motive und Szenen, gelegentliche Drohnenkamerafahrten, die freilich wie Szenen- und Dialogtrenner wirken, zeigen Meer und Küste von der wildromantischen Seite. Für das „Dänische“, das hier mit nachgemachter Wikingertradition gleichgesetzt wird, ist das neuzeitliche Wikingerdorf-Heimatmuseum in Riebe zuständig, in dem Kunsthandwerker, die durch Abwesenheit glänzen, angeblich Gegenstände produzieren und Wikingerleben für Touristen nachstellen. So wird es erzählt, man sieht es nicht.
Der Wikingerfreizeitpark steht (wie dieser Dänemark-Krimi) kurz vor der Pleite und wurde gerade vom Betreiber an den Unterweltkönig der organisierten Kriminalität in Kopenhagen verkauft. So sagt man. Berufsverbrecher Kort Holm (Roman Knizka), erzählen sich die Leute, stammt aus Riebe und ist mit Polizist Magnus Vinter aufgewachsen. Auch sonst gibt es persönliche Verbindungen zum Ort. Holm kehrt zurück, immerhin das wird gezeigt, nachdem sein Sohn und Erbe im nächtlichen Wald mit einem archäologisch korrekt nachgebauten Wikingerbogen und Pfeilspitzen getötet wurde, die nach alter Tradition im Heimatmuseum geschmiedet wurden. So wird es behauptet.
Alles ist viel zu kompliziert
Bald wird es verwickelt, obwohl die uniformierten Kräfte Sörensen und Vinter sich nach Kräften bemühen, den Zuschauern unplausible und kontraintuitive Wendungen des Falls umständlich zu erklären. Verdächtig ist der junge Schmied vom touristischen Dienst, Bjarne Vinter (Timur Bartels), ausgerechnet Magnus’ Neffe. Das Musterbeispiel jungmännlicher Unbeherrschtheit wird bald sowohl von der überkorrekten Kripo-Ermittlerin Frida Olsen (Katharina Heyer) als auch Unterweltboss Holm und seinen Schergen gejagt. Ida, die sich mit Tatort-Absperren und ähnlichen Tätigkeiten unterfordert fühlt, ermittelt auf eigene Faust, hält den aufbrausenden Kollegen Magnus zurück und bringt den glasklar unschuldigen Bjarne bei Ex-Freund Jannik (Tim Bergmann) unter.
Inzwischen tun sich familiäre und freundschaftliche Abgründe zwischen dem Freund von Holms verstorbener Schwester (Marek Harloff), Bjarnes Freundin (Lara Feith) und Mutter (Dagmar Leesch) auf. Mütter, Väter, Kinder sind aus verschiedenen Erbschaftserwartungsgründen in der Bredouille, so viel wird klar (Regie Katrin Schmidt, Buch Timo Berndt). Wer bis zum Schluss das Geschehen (viel Gerenne, etwas Action, einige Gewalt, dunkel gefärbtes Kunstblut) verfolgt, bekommt ein kleines Überraschungsmoment zum überkompliziert verlängerten Schluss.
„Der Dänemark-Krimi: Blutlinie“ soll ein aktuelles Aushängeschild des „Donnerstags-Krimis“ der ARD sein. Mit diesem nach überholtem Handwerk nachgestellten Heimatmuseum-Krimi ist aber nicht einmal der Tourismusförderung gedient.
Der Dänemark-Krimi: Blutlinie läuft um 20.15 Uhr im Ersten. Die Folge Rauhnächte ist in der ARD-Mediathek abrufbar.
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