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#Museum für Hamburgische Geschichte dokumentiert Graffiti

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Ein Hamburger S-Bahn-Waggon in den Achtzigerjahren: Über seine Außenseite zieht sich eine Abfolge comicartiger Figuren, signiert mit „Cisco“. Die Bilder sind gekonnt gesprüht, sie zeigen Dynamik und Witz. Einen harten Kontrast dazu bietet der Blick in das Innere des Wagens. Wände und Sitze sind übersät mit hässlichen Krakeleien, den Signaturen und Kürzeln der Graffiti-Szene, die dem Ambiente den Eindruck von Verwahrlosung verleihen. Die beiden Fotos zeigen die zwei Pole der Graffiti-Produktion: hier Kunst, dort Schmiererei. Die Dokumente gehören zur Ausstellung „EINE STADT WIRD BUNT. Hamburg Graffiti History 1980–1999“ im Museum für Hamburgische Geschichte. Es ist ein passender Ort, denn die Hansestadt wurde in diesen Jahren, neben München, Paris und Amsterdam, zu einem Zentrum des Sprühdosen-Aktivismus.

Neue Sprayer braucht das Land

Die Ausstellung bietet eine ebenso farbkräftige wie informative Zeitreise zu den subkulturellen Wurzeln der Bilder und Zeichen, die dem Passanten mittlerweile von überall her ins Auge springen. Zu sehen sind fast 500 Exponate: Einige der Graffiti sind im Originalzustand auf Holzwänden ausgestellt, doch die meisten können nur auf Fotos präsentiert werden. Graffiti sind in der Regel nicht transportabel, und viele existieren zudem nicht lange. Abgewaschen oder übermalt zu werden ist ein Charakteristikum des Genres. Ebenso großen Raum wie den Werken räumt die Ausstellung ihren kulturellen, gesellschaftlichen und handwerklichen Entstehungsbedingungen ein: Zu sehen sind Skizzenbücher, Texte, Sprühdosen und Atemschutzmasken, Plakate, Graffiti-Magazine sowie Schallplatten, Kassetten, Kleidungsstücke und Accessoires der Hip-Hop-Bewegung, als deren Teil die Graffiti-Szene präsentiert wird. Die Kuratoren Oliver Nebel, Frank Petering, Mirko Reisser und Andreas Timm, die die Exponate mithilfe akribischer Recherche zusammengetragen haben, waren als Jugendliche selbst Teil der Subkultur, die sie hier dokumentieren. Anfang der Achtzigerjahre, als die Ausstellung einsetzt, war das Besprühen öffentlicher Flächen schon keine Seltenheit mehr: „Ich sprüh’s auf jede Wand /Neue Männer braucht das Land“, sang Ina Deter 1983 und landete damit einen Hit. Doch versprüht wurden zunächst noch vor allem sprachliche Botschaften. Was die Hamburger Ausstellung zeigt, ist der Beginn des modernen Graffitos, in dem stilisierte Buchstaben mit bizarren Formen und Figuren zu großformatigen, expressiven Wandbildern verschmelzen.

Bewaffnet mit einer Farbdose in jeder Hand: Um 1987/88 von Cartoone gesprühter „Character“ am Bahnhof Thesdorf


Bewaffnet mit einer Farbdose in jeder Hand: Um 1987/88 von Cartoone gesprühter „Character“ am Bahnhof Thesdorf
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Bild: Mario Andretti

Die Illegalität gehört für einen Teil der Graffiti-Szene zum Kern des „Schöpfungsaktes“. Wer es schafft, im Verborgenen und unter Zeitdruck auf verbotene Wände und Waggons ein Bild zu sprühen, das auch noch ästhetisch gelungen ist, gilt unter seinesgleichen als „King“ – so lange, bis ein anderer ihn mit seinem Werk vom Thron stößt. Bolzenschneider, Vierkantschlüssel, Werkzeuge zum Abbrechen von Zaunspitzen dokumentieren diesen Aspekt der Kunstproduktion, neben Durchsuchungsbeschlüssen, Sachbeschädigungskosten sowie Zeitungsartikeln über Vandalismus und das „S-Bahn-Surfen“. Der Wille, der Stadt die eigene bunte Signatur aufzuprägen, war in der Welt der Sprayer – in der es nur wenige Sprayerinnen gab – von Anfang an gekoppelt mit Rivalität, Mutproben, Männlichkeitsbeweisen und Reviermarkierungen. „Jeder will zeigen: Ich war hier“, bringt Kurator und Graffiti-Künstler Oliver Nebel die Motivation auf den Punkt. Politische Antriebe spielten eher unterschwellig eine Rolle: Manche Mitglieder der Hamburger Graffiti-Szene trafen sich in den besetzten Häusern der Hafenstraße, die in den Achtzigern und Neunzigern den Kristallisationspunkt der linksradikalen Szene bildeten.

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