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#Falsche Zusagen aus der Industrie

Am Beschaffungsamt soll die Aufrüstung der Bundeswehr nicht scheitern. Noch bis Jahresende will die Mammutbehörde zwei Drittel des Geldes aus dem 100 Milliarden Euro schweren Sondervermögen „in Verträgen gebunden haben“. Das sagte die seit April amtierende neue Amtspräsidentin Annette Lehnigk-Emden in Koblenz. Das restliche Drittel folge dann im kommenden Jahr. Die nach ihrer Ansicht oft zu Unrecht kritisierte Behörde habe ihre Aufgabe erledigt. „Wir haben die Bestellungen ausgelöst, jetzt muss die Industrie liefern.“

Bernd Freytag

Wirtschaftskorrespondent Rhein-Neckar-Saar mit Sitz in Mainz.

Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius hatte die 63 Jahre alte Juristin erst im April zur Präsidentin ernannt, um die Beschaffungsprozesse neu zu ordnen und zu beschleunigen. Die vor gut zehn Jahren als „Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr“ (BAAINBw) neu formierte Behörde mit derzeit knapp 11.000 Mitarbeitern kümmert sich nicht nur um die Anschaffung. Ihre Aufgabe ist vielmehr, die Ausrüstung der Bundeswehr „von der Wiege bis zu Bahre“ zu begleiten, wie Lehnigk-Emden sagt. Sie kümmert sich also neben der Beschaffung auch um die Wartung, Instandhaltung und Ersatzteilbeschaffung. Eine Struktur, die Lehnigk-Emden nach eigenem Bekunden beibehalten will.

Aus der Vergangenheit lernen

Jetzt zählt vor allem der „Faktor Zeit“. Das Amt arbeitet an der Verschlankung der Prozesse, etwa durch den vermehrten Abschluss von Rahmenverträgen oder den Verzicht auf eigene zusätzliche Umweltprüfungen, um die Beschaffung zu beschleunigen. „Die Zeiten mehrere Prüfschleifen und des Absicherungsdenkens sind jetzt vorbei. Wir werden aus der Vergangenheit lernen.“ Am Leistungswillen und Kompetenz mangele es nicht. Im Schnitt schließe das Amt 12.000 Beschaffungsverträge im Jahr ab – allein 2022 für etwa 20 Milliarden Euro – hinzu kämen mehrere tausend Verträge für Wartung und Instandsetzung. „Und das schaffen wir auch mit dem Sondervermögen.“

Lehnigk-Emden unterstützt nach eigenen Worten die Forderung nach einer dauerhaften Erhöhung des Verteidigungsetats. Die Politik müsse jetzt Vorsorge treffen für eine langfristig bessere Ausstattung. Das habe „unmittelbare Auswirkungen auf die Einsatzbereitschaft der Truppe“. Es liege in der Natur der Sache, dass bereits eine „erfreuliche Anzahl von Projekten“ unter Dach und Fach sei, gleichzeitig aber noch kaum Geld aus dem Sonderfonds abgeflossen sei. Die Zahlungen seien an Meilensteine gebunden. „Wir bezahlen dann, wenn die Ware auch geliefert wird“

In diesem Jahr werde das Amt noch Verträge in zweistelliger Milliardenhöhe abschließen, sowohl aus dem Sondervermögen als auch aus dem laufenden Wehretat. Damit erhalte die wehrtechnische Industrie die geforderte Planungssicherheit zum Aufbau zusätzlicher Produktionskapazitäten. „Aber dann muss sie auch liefern, und zwar schnell.“ Lehnigk-Emden verweist darauf, dass ihr Amt nur ein Teil einer großen Beschaffungskette sei es Amt lege weder Bedarfe fest noch die Finanzierung. Wichtig sei, dass alle Beteiligten dieser Kette verinnerlichten, dass nun Krieg herrsche.

Ausweitung der Verträge gewünscht

Von der Bundesregierung wünscht sich die Amtsspitze eine Ausweitung der 25 Millionen Euro-Grenze, ab der Einzelverträge vom Bundestag abgesegnet werden müssen. Die Zahl solcher Verträge werde sich im laufenden Jahr auf 78 mehr als Verdreifachen und nächsten Jahr die Hunderter-Marke überqueren.

Zudem müssten die Vergabeverfahren verändert werden, konkret der Klageweg von Unternehmen, die bei einer Auftragsvergabe nicht zum Zuge gekommen sind. Bislang habe Unternehmen über zwei Instanzen das Recht, das Verfahren prüfen zu lassen. Sollte die erste Instanz dem Amt recht gegeben haben und die Unternehmen gehen zur höheren Instanz, ruht in dieser Zeit allerdings der gesamte Prozess. Lehnigk-Emde schlägt stattdessen die Möglichkeit von Schadenersatz vor. Sollte die zweite Instanz wider Erwarten der ersten widersprechen, könne das Amt Ersatz leisten, aber so werde der Beschaffungsprozess nicht gestoppt.

Der Ärger in der Amtsspitze über die Industrie ist unüberhörbar. Lehnigk-Emden will sich dazu nicht öffentlich äußern, aber aus ihrem Umfeld heißt es, solche Klagedrohungen passierten am laufenden Band. Die Unternehmen engagierten namhafte Kanzleien, nur um sich in eine Auftragsgemeinschaft zu klagen. Schon die Behauptung einer Benachteiligung reiche, um eine Überprüfung des gesamten Prozesses zu fordern.

Falsche Zusagen aus der Industrie

Auch Lieferzusagen der Industrie stellten sich immer wieder als falsch heraus. Dabei sei die Planungssicherheit groß genug, um rechtszeitig benötigte Bauteile zu bestellen und nicht erst, wenn die Verträge unterschrieben seien. Auch die Industrie müssen ihren Teil des Risikos übernehmen, heißt es aus dem Amt. Die Lage habe sich für alle Beteiligten geändert, es herrsche Krieg.

Die Industrie verortet den schwarzen Peter allerdings im Amt selbst. Der Münchner Panzerbauer KNDS beklagte dieser Tage wieder, in Deutschland fehle es an Vertrauen in die Fähigkeiten der Industrie. Dies koste bei der Beschaffung „teilweise extrem viel Zeit“.

Bis wann alle Mittel aus dem Sondervermögen abgerufen sein werden, ist nach Lehnigk-Emdens Worten heute noch nicht zu sagen. Neue Kleidung würden bereits geliefert, bis zur Lieferung der F-35 Flugzeuge des amerikanischen Herstellers Lockheed-Martin werde es vermutlich bis 2026 dauern. Ihr Amt jedenfalls „kann auch schnell“, wie sie mit dem Verweis auf den Kauf der Rostocker MV-Werfen sagte. Eine ganze Werft, um die Instandhaltung der Marine zu verbessern, „kein standardisierter Kaufprozess“, und das innerhalb weniger Monate. In der gleichen Zeit habe das Amt die F-35 Nachfolge für das Kampflugzeug Tornado unter Vertrage genommen und die an die Ukraine abgegeben Panzerhaubitzen und Kampfpanzer Leopard nachbeschafft.

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