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#Sachsens Musikkultur im Niedergang

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Sachsens Musikkultur im Niedergang

Manchmal können alte Statistiken regelrecht nostalgisch machen. Wem etwa während der achtziger Jahre im ostsächsischen Bautzen nach Theater war, der fand dort ein zweisprachig – Deutsch und Sorbisch – bespieltes Vierspartenhaus samt Opernensemble und Ballett vor. Ein paar hundert Meter weiter befand sich der Sitz des „Staatlichen Ensembles für sorbische Volkskultur“, ein zentraler Ort für die Traditions- und Identitätspflege der kleinen nationalen Minderheit: nochmals Orchester, Chor und Tanzcompagnie, hier eher folkloristisch orientiert und mit ihren Tourneeprogrammen seit der Gründung 1952 nicht nur im Siedlungsgebiet der Ober- und Niederlausitzer Sorben, sondern in über vierzig Ländern bis hin nach Zentralasien unterwegs.

Beide Einrichtungen gibt es noch, und das „Sorbische National-Ensemble“ (SNE) – so nennt es sich seit 1990 – wird, wenn die aktuellen Restriktionen irgendwann gelockert werden sollten, auch wieder auf Tournee gehen. Nur die Größenordnungen haben sich seither geändert – schrittweise, aber niemals zum Besseren. Der Chor, damals über dreißig Vokalisten stark, hat aktuell noch sechzehn Sängerinnen und Sänger, und im Orchester gibt es kein Fagott mehr, was im folkloristisch orientierten Repertoire mindestens so misslich ist wie im klassisch-konzertanten. Es war ein schleichender Abbau parallel zur Deindustrialisierung der Oberlausitz, die einerseits an den nahe gelegenen Braunkohle-Fördergebieten hing, aber in Görlitz, Niesky und Bautzen beispielsweise auch Zentren der DDR-Schienenfahrzeugindustrie hatte.

Viel ist davon nicht geblieben, und im Gefolge der wirtschaftlichen Schrumpfungsprozesse erodierte auch die Kulturlandschaft. Nicht alles konnte mit Initiative und Ideen – an beiden hat es den Akteuren vor Ort nie gefehlt – kompensiert werden. Das Bautzner Theater „sparte sich“ 1992 sein Opern- und Ballettensemble. Bis zur Jahrtausendwende behalf man sich noch mit eingekauften Stagione-Serien, dann war auch das vorbei. Seitdem ist, wer in der Mittelstadt am Oberlauf der Spree Musiktheater hören will, auf gelegentliche Gastspiele der in Radebeul ansässigen Sächsischen Landesbühnen oder des Gerhart-Hauptmann-Theaters in Görlitz angewiesen.

Weggespartes kommt nicht wieder

Doch aus das könnte bald vorbei sein, in Fortschreibung der oben angedeuteten langjährigen Prozesse und gleichzeitig als Vorschein dessen, was der Dirigent Titus Engel in der F.A.Z. am 15. März prognostizierte: dass die Kultur beim Stopfen der coronabedingten Haushaltslöcher wohl wieder zum ersten Sparkandidaten würde. In der Tat: Ein über dreihundertseitiges Gutachten der Münchner Kultur-Unternehmensberatung „actori“ entwickelt neben Fusionierungs-Szenarien für die Schauspielsparten in Bautzen und Zittau (dort sitzt die Sprechbühnen-Sektion des Gerhart-Hauptmann-Theaters) und des SNE-Restorchesters mit der in Görlitz ansässigen „Neuen Lausitzer Philharmonie“ auch das einer Abwicklung des Musiktheaters an der Neiße. Und weil einmal Weggespartes erfahrungsgemäß nicht mehr wiederkommt, hieße das: Aus zwei mach null – innerhalb von reichlich zwanzig Jahren.

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