Nachrichten

#Jahresempfang der Stiftung Humboldt Forum

An diesem Septembernachmittag leidet das Humboldt-Forum an der dahlemschen Krankheit: Es ist fast leer. Nicht Tausende, auch nicht Hunderte, nur einige Dutzend Besucher laufen im ersten Obergeschoss an den Vitrinen mit Kulturschätzen aus Afrika, Ozeanien und Amerika entlang und verlassen zum Ende der Öffnungszeit gemächlich das Gebäude. Kein postkolonialer Aktionstrupp stört die Ruhe hinter den Schlossfassaden. Die Normalität, die hier herrscht, hat etwas verschlafen Routiniertes, sie ist von dem Ärger, den man befürchtet hat, ebenso weit entfernt wie von dem, was man sich für das Humboldt-Forum erhoffte.

An manchen Abenden, vormittags und am Wochenende aber sieht das ganz anders aus, jedenfalls, wenn man dem kurzen Werbefilm glaubt, der zu Beginn des Jahresempfangs der Stiftung Humboldt-Forum am Mittwoch gezeigt wurde. Dann brummt das Haus, dann bringt die britische Autorin Priya Basil mit ihren Gästen stumme Ausstellungsstücke zum Sprechen, dann laufen Blockbusterfilme aus Indien, Nigeria und Vietnam im Schlüterhof, dann dürfen Kinder aus Berlin mit Objekten aus den Wohnungen der Forums-Verantwortlichen ihre ganz eigene Humboldt-Erfahrung machen. Der Hauptverantwortliche Hartmut Dorgerloh spricht an diesem Abend von einer Akteursgemeinschaft, und die Vertreter der Staatlichen Museen, von denen die Ausstellungsstücke stammen, nicken dazu. Man versteht sich, bis jetzt, bis auf Weiteres.

Preußisches Dekor und universalistischer Anspruch

Seit zwei Jahren ist das Humboldt-Forum vollständig eröffnet, aber fertig ist es noch lange nicht. Nach wie vor würgt es an den toxischen Elementen in seinen Sammlungen, an Raubkunst und Kriegsbeute, und immer noch kämpft es mit dem Widerspruch zwischen Innen und Außen, zwischen preußischem Dekor und universalistischem Anspruch. Aber auf dem Weg zum Palast der Weltkulturen ist es ein Stück vorangekommen, und sei es nur, weil die Kulturen sich an das Haus gewöhnt haben. Man hört viele Sprachen und sieht viele Hautfarben vor den Vitrinen, und das Veranstaltungsprogramm ist in jedem Sinn multikulturell. Das Forum, schon vor der Eröffnung von vielen totgesagt, ist dabei, erwachsen zu werden – jedenfalls solange das Geld der Kulturstaatsministerin weiter in diesen größten und teuersten aller bundeskulturellen Leuchttürme fließt.

Das hat auch Claudia Roth begriffen, die das Projekt durchaus unwillig von ihrer Vorgängerin Monika Grütters übernommen und aus ihrer Skepsis anfangs keinen Hehl gemacht hat. Deshalb hat sie nicht nur im Frühjahr den Vertrag von Hartmut Dorgerloh um fünf Jahre verlängert, sondern auch die 2022 verhängten Mittelkürzungen in ihrem Haushaltsentwurf für das kommende Jahr wieder zurückgenommen, sodass der Intendant demnächst wieder ein paar Millionen Euro mehr für seine Programmarbeit zur Verfügung hat. Man kann dieses Haus nicht auf Sparflamme betreiben, sonst beginnt es zu zerfallen, wie man an „Berlin Global“ sieht, der Ausstellung der Stiftung Stadtmuseum: Nach zwei Jahren wirkt sie schon alt.

Doch die Probleme des Gebäudes bleiben. Die Säle sind zu groß, zu hoch, zu weiß, manche erinnern an Aufbahrungshallen. Die leeren Wände drücken auf die Stimmung der Besucher. Wie man es anders macht, zeigt, ausgerechnet, die Wechselausstellung „Unendlich – Leben mit dem Tod“ im Erdgeschoss. Hier haben die Gestalter eine Folge eigens entworfener Räume aufgebaut, die das Blockhafte der Architektur zum Verschwinden bringen. In Rundzelten erfährt man, wie verschiedene Reli­gio­nen mit Sterben und Tod umgehen, in kleinen Kammern kann man sich seiner eigenen Todesfurcht stellen. Danach läuft man durch eine Schausammlung ausgestorbener Tiere. Der Parcours endet mit einem Blick in den Sternhimmel und einer Büchersammlung zum Thema. Das ist noch nicht der Weisheit letzter Schluss, aber ein Beispiel dafür, wie sich die Kälte des Humboldt-Forums überwinden lässt.

Vom Kreuz auf der Schlosskuppel und dem unglückseligen Spruchband des vierten Friedrich Wilhelm redet an diesem Abend niemand mehr. Manche Dinge erledigen sich mit der Zeit, andere begründen Traditionen. Dem Jahresempfang könnte das irgendwann gelingen. Er war der erste seiner Art.

Wenn Ihnen der Artikel gefallen hat, vergessen Sie nicht, ihn mit Ihren Freunden zu teilen. Folgen Sie uns auch in Google News, klicken Sie auf den Stern und wählen Sie uns aus Ihren Favoriten aus.

Wenn Sie an Foren interessiert sind, können Sie Forum.BuradaBiliyorum.Com besuchen.

Wenn Sie weitere Nachrichten lesen möchten, können Sie unsere Nachrichten kategorie besuchen.

Quelle

Ähnliche Artikel

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Schaltfläche "Zurück zum Anfang"
Schließen

Please allow ads on our site

Please consider supporting us by disabling your ad blocker!