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Neuer Kurs für Staatsweingüter Kloster Eberbach

Es ist ein Paukenschlag, der Wellen schlagen wird: Der Mittwoch war überraschend der letzte Arbeitstag von Dieter Greiner, dem langjährigen Geschäftsführer der Hessischen Staatsweingüter Kloster Eberbach. Greiner, der das landeseigene Weingut seit dem Jahr 2000 geführt hatte, hätte noch einen Vertrag bis Ende 2027 gehabt. Nun soll über dessen Auflösung verhandelt werden.

Dem Vernehmen nach wollte Greiner der von Landwirtschaftsminister Ingmar Jung (CDU) initiierten Neuordnung der Staatsweingüter nicht im Wege stehen. Übergangsweise übernimmt Marc Gorbauch die Verantwortung für Deutschlands größtes Weingut. Gorbauch hat vor wenigen Wochen im Landwirtschaftsministerium eine Stabsstelle für die Koordination von Weingut und Kloster Eberbach angetreten. Jungs Wunsch ist es, dass Gorbauch dorthin möglichst schnell zurückkehrt. Noch in diesem Monat will Jung einen Nachfolger für Greiner vorstellen, der spätestens zum Jahresbeginn 2026 seinen Dienst antreten soll.

Negative Jahresbilanz trotz herausragender Lage

Es gebe Gespräche mit einer Reihe qualifizierter Bewerber. In jedem Fall soll der neue Geschäftsführer im Herbst schon Einfluss auf die Ernte-Entscheidungen und damit das künftige Sortiment nehmen – ein Sortiment, das nach dem Wunsch von Minister Jung radikal zusammengestrichen werden soll.

Am Dienstagabend hatte der Aufsichtsrat nach rund dreieinhalb Stunden die in dem Aufsichtsgremium unstrittige Neuordnung der Staatsweingüter beschlossen. Denn das Landesweingut steht finanziell unter Druck. Im Beteiligungsbericht wird seit 2020 jährlich ein Defizit oder eine „schwarze Null“ ausgewiesen. 2022 lag das negative Jahresergebnis bei rund 1,4 Millionen Euro, im vergangenen Jahr bei fast einer Million Euro. Dabei verfügt das landeseigene Weingut über herausragende Weinbergslagen und eine hochmoderne Kellerei am Steinberg.

Minister Jung will, dass der neue Geschäftsführer dem Staatsweingut eine neue Richtung gibt. Das Weingut solle zu einem Flaggschiff für die Region entwickelt werden. Jung wünscht sich angesichts der außergewöhnlich vielen Spitzenlagen mehr Qualitätsführerschaft. Das Staatsweingut müsse sich als Imageträger bewähren und den Rheingau insgesamt ins Premiumsegment mitziehen.

Ministerium verspricht: Keine Entlassungen

Das Ministerium lässt sich bei der Neuaufstellung von einem Beirat unterstützen. Vorsitzender ist der Önologe Dirk Würtz, der im Rheingau als langjähriger Betriebsleiter des Hattenheimer Weinguts Balthasar Ress kein Unbekannter ist. Würtz ist Miteigentümer des Weinguts St. Antony in Nierstein und verantwortet Wein-Innovationen bei der Tocos GmbH, die die Mehrheitsanteile am Weinhändler Hawesko hält. Den Beschäftigten im Kloster, rund 70 im Weingut und 60 in der Stiftung Kloster Eberbach, wurde die neue Entwicklung am Mittwochvormittag vorgestellt. Laut Ministerium wird es bei einer wünschenswerten Verringerung der Rebfläche keine Entlassungen geben.

Nicht weiterverfolgt wird die angedachte Fusion zwischen der Stiftung Kloster Eberbach und den Staatswein­gütern. Eine intensive Prüfung hat ergeben, dass es wenige Vorteile, aber recht­liche und steuerliche Nachteile oder Risiken gibt. Dabei geht es unter anderem um die Beachtung der Bestimmung des europäischen Beihilferechts und die fällige Grunderwerbssteuer bei einer Übertragung von Eigentum.

Würde das Land beispielsweise der Stiftung die Wein-GmbH übertragen, dann zöge diese „Zustiftung“ durch das Land eine lange Beihilferechtsprüfung der Europäischen Union nach sich. Ähnlich schwierig wäre es demnach, die Stiftung mit ihrem gesamten Immobilienbesitz dem Weingut anzugliedern. Zwar flösse die zu zahlende Grunderwerbssteuer dem Land selbst zu, doch jede Art von „Rückerstattung“ an die Stiftung wäre unter den EU-Bedingungen hochgradig schwierig.

Statt einer Fusion will sich das Land mit einer „Personalverschränkung“ behelfen. Mittelfristig sollen Doppelstrukturen von Stiftung und Weingut entfallen, etwa wenn es um Verwaltung, Personal, Marketing und Vertrieb geht. Beide Institutionen sollen einen Kooperationsvertrag schließen. Und weil über beiden inzwischen ein und dasselbe Ministerium als Kontrollinstanz steht, ist Minister Jung zuversichtlich, dass Reibungsverluste vermieden werden können.

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