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#Neuer Lockdown kostet eine Milliarde Euro je Woche

Neuer Lockdown kostet eine Milliarde Euro je Woche

Unweit vom Stephansdom im Wiener Zentrum betreibt Fuad Vojic sein Restaurant. Die handgeschriebene Karte bietet eine touristengefällige Mischung von Backhendelsalat über Schnitzel bis Apfelstrudel. Kleine Berühmtheit erlangte Vojic vorige Woche, weil er den einmillionsten Antrag auf Corona-Hilfen stellte. 150.000 Euro hat er erhalten. Das sei eine große Unterstützung gewesen, ließ er sich vom Finanzministerium zitieren, und: „Wir hoffen aber trotzdem, sie nicht mehr brauchen zu müssen.“ Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) sekundierte: Aktuell entwickele sich die Wirtschaft sehr gut. „Da zudem viele Corona-Hilfen nach wie vor weiterlaufen, gibt es keinen Bedarf an neuen Hilfsmaßnahmen.“

Andreas Mihm

Wirtschaftskorrespondent für Österreich, Ostmittel-, Südosteuropa und die Türkei mit Sitz in Wien.

Eine Woche später sieht die Lage anders aus. In Vojics Gaststube dürfen nur am Wochenende noch Geimpfte und Genesene tafeln und trinken, ab Montag wird Österreichs Gastronomie wegen des vierten Ansturms der Tröpfcheninfektion weitgehend geschlossen. Ab Februar gilt eine allgemeine Impfpflicht. Handel, Hotel- und Restaurantbetreiber rufen nach Staatshilfe und Kurzarbeitergeld, die Tourismusbranche zittert vor noch einem ausgefallenen Ski-Winter. Wirtschaftsforscher beziffern die Verluste auf 1 Milliarde Euro je Woche. Der Finanzminister reagierte sofort: „Wir nutzen den bewährten Instrumentenkoffer. Dadurch sind wir schnell startklar, und die Unternehmer kommen schneller zu ihrem Geld.“

Damit könnte der erst am Donnerstagabend mit Stimmen der ÖVP-Grünen-Koalition beschlossene Haushalt 2022 ins Wanken geraten. Geplant sind Ausgaben in Höhe von 99 Milliarden Euro, Einnahmen über 86,4 Milliarden Euro. Mit 2,3 Prozent (nach 6 Prozent 2021) soll das nun geplante Defizit das Maastricht-Kriterium von 3 Prozent wieder einhalten, auch wenn der Fehlbetrag jetzt womöglich nicht so stark sinkt wie geplant.

Mehr Geld für Klimaschutz, weniger für Arbeit

Denn die Minderung der Kreditaufnahme kommt vor allem durch das erhoffte starke Wachstum und höhere Einnahmen zustande – bei niedrigen Zinsen für die Bedienung der Kredite. So sollen im nächsten Jahr die Einnahmen preisbereinigt das Niveau vor der Krise übersteigen. Der Finanzminister rechnet mit 4,8 Prozent Wachstum im nächsten Jahr nach aktuell 4,4 Prozent. Die Schuldenquote soll leicht sinken, auf 79,1 Prozent. Die größten Ausgabenzuwächse gibt es für den Klimaschutz. Steigerungen verbuchen auch Wissenschaft und Bildung sowie Inneres. Weniger Ausgaben sind für das Arbeitsministerium einkalkuliert, wegen der – bisher – sinkenden Zahl der Kurzarbeiter und Arbeitslosen.

Doch die Details des Haushalts stehen in diesen Tagen nicht im Blickfeld der Öffentlichkeit. Die befasst sich nur mit der Debatte um weitere Schritte zur Eindämmung der grassierenden Pandemie und der Bewegungsfreiheit, nicht nur der Ungeimpften. Da fällt auch ein Kernstück des Etats, das Kernstück der Koalitionsvereinbarung, nicht mehr groß auf: die ökosoziale Steuerreform.

„Regionaler Klimabonus“

Die soll dem Staat ab Januar 500 Millionen Euro zusätzlicher Einnahmen im Jahr eintragen, durch die steigende Bepreisung von CO2-Emissionen mit anfänglich 30 Euro je Tonne. Entlastungen gibt es auch: ab Mitte 2022 etwa einen „regionalen Klimabonus“ von 100 bis 200 Euro je Haushalt. Zudem werden die Steuersätze auf Einkommen von 18.000 bis 30.000 Euro um 5 Punkte auf 30 Prozent und die bis 60.000 Euro um 2 Punkte auf 40 Prozent abgesenkt. Auch steigen steuerlich abzugsfähige Kosten im „Familienbonus“ je Kind um 500 Euro auf 2000 Euro im Jahr. Unternehmen müssen auf Gewinne nur noch 23 statt 25 Prozent Körperschaftsteuer zahlen.

Vor Kritik ist der Entwurf gleichwohl nicht gefeit. Zwar sei die Entlastung der Arbeitnehmer erfreulich, doch würden spätestens 2024 große Teile der Tarifentlastung durch die kalte Progression wieder zunichtegemacht, moniert der wirtschaftsliberale Thinktank Agenda Aus­tria. Denn der Staat passe seine Steuersätze nicht an die steigende Inflation an und bereichere sich an ihr.

Eine weitere Dauerklage von Wirtschaftsforschern kommt hinzu: Die Regierung verweigere die Reform des Rentensystems. Mit 12,5 Milliarden Euro Zuschuss zur Rentenversicherung und 10,8 Milliarden Euro für die Beamten fressen Altersausgaben fast ein Viertel des Etats auf. Deshalb mehren sich Forderungen nach einer längeren Lebensarbeitszeit und einer Anhebung des Renteneintrittsalters nach deutschem Muster. Regulär beginnt die Rente für Männer in Österreich mit 65 und für Frauen mit 60 Jahren, nur für ab 1968 geborene Frauen steigt es schrittweise auf 65 Jahre.

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