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#Nix mit Leben auf der Venus (vorerst) – Astrodicticum Simplex

Nix mit Leben auf der Venus (vorerst) – Astrodicticum Simplex

Letztes Jahr im September habe ich von möglichen Hinweisen auf Leben in der Atmosphäre der Venus berichtet. Und natürlich nicht nur ich: Es war eine Meldung, die in den meisten Medien aufgenommen wurde. Was wenig überraschend ist, denn wenn da wirklich außerirdisches Leben auf unserem Nachbarplaneten nachgewiesen worden wäre, wäre das eine der größten wissenschaftlichen Entdeckungen aller Zeiten. Aber so dramatisch ist Forschung selten und wenn man mal von den sensationsheischenden “Medien” absieht, dann war die Lage im September bestenfalls vielversprechend, aber bei weitem nicht eindeutig. Die WissenschaftlerInnen haben auch ganz explizit NICHT die Entdeckung von Leben verkündet, sondern “nur” den Nachweis von Phosphin. Diese chemische Verbindung aus Wasserstoff und Phosphor ist aber höchst interessant, denn hier auf der Erde wird es entweder künstlich im Labor erzeugt oder als Stoffwechselprodukt von Bakterien. Und da auf der Venus eher nicht mit Laboratorien zu rechnen ist, für Bakterien aber zumindest rein theoretisch in den kühleren Schichten der dichten Atmosphäre eine ausreichend lebensfreundliche Umgebung existieren würde, war durchaus Raum für Spekulationen.

In meinem Artikel von damals habe ich ausführlich über die Entdeckung berichtet und auch darauf hingewiesen, dass die Existenz von Phosphin im Prinzip auch ohne die Anwesenheit von Leben erklärt werden kann. Die Venus ist ein anderer Planet als die Erde, dort herrschen andere Bedingungen und es können dort ganz andere geochemische Prozesse ablaufen als bei uns. Vielleicht entsteht dabei Phosphin und wenn das auch nicht so spektakulär klingt wie “Aliens!”, so wäre die Entdeckung so einer “neuen” Chemie durchaus enorm interessant für unser Verständnis anderer Planeten. Und ich habe in meinem Text zwar auch erklärt, WIE der Nachweis des Phosphin stattgefunden hat – das aber im Wesentlichen direkt so übernommen, wie es die Forscherinnen und Forscher damals in ihrer Arbeit dargelegt haben. Einerseits, weil ich selbst kein Experte für diese Art der Astronomie bin. Und andererseits, weil ich hier in meinem Blog natürlich keine komplette wissenschaftliche Begutachtung der Forschung anderer liefern kann. Nun hat sich aber herausgestellt, dass genau hier der Punkt zu liegen scheint, der das potentielle Leben auf der Venus am Ende zum Verschwinden gebracht hat.

Schwefeldioxid: Macht auf der Erde sauren Regen und gibt sich auf der Venus als Bakterienpups aus (Bild: gemeinfrei)

Ende Januar sind zwei wissenschaftliche Arbeiten erschienen, die erklären, dass vermutlich überhaupt kein Phosphin auf der Venus nachgewiesen wurde! Die Daten der “Entdeckung” wurden mittlerweile veröffentlicht und andere ForscherInnen haben sie nochmal genau untersucht (so wie es in der Wissenschaft ja auch laufen soll). In “Complications in the ALMA Detection of Phosphine at Venus” wurde versucht, mit den ursprünglichen Daten die Ergebnisse zu reproduzieren. Was nicht gelang: Schon knapp einen Monat nach der ersten Veröffentlichung des Nachweises von Phosphin haben die damaligen AutorInnen ihre Daten vorerst zurückgezogen. Es gab Probleme mit den Computerroutine, die die Messungen ausgewertet haben. Mit den überarbeiteten Prozeduren war das Phosphin aber nicht mehr nachweisbar, wie die neue Publikation zeigt. In einer zweiten Arbeit (“Claimed detection of PH3 in the clouds of Venus is consistent with mesospheric SO2”) wurde dann auch demonstriert, dass man die Messungen sehr gut ohne Phosphin erklären kann. Sie passen stattdessen viel besser zum Vorhandensein von Schwefeldioxid. Von dem gibt es in der Venusatmosphäre jede Menge und ein Nachweis von Leben lässt sich damit auch nicht führen.

Das alles heißt natürlich nicht zwingend, dass es KEIN Phosphin auf der Venus gibt. Es heißt auch nicht, dass es dort kein Leben gibt. Es heißt nur, dass die im September 2020 veröffentlichten Daten nicht in der Lage sind, die Existenz von Phosphin zu belegen. Das ist natürlich ein wenig deprimierend, angesichts der großen Aufregung die damals geherrscht hat. Aber so läuft Wissenschaft eben auch manchmal. So muss und so sollte sie auch laufen. Gerade wenn es um spektakuläre Behauptungen geht, muss man sie besonders sorgfältig prüfen. Weil WissenschaftlerInnen auch nur Menschen sind und Fehler nun mal eben passieren. Weil Messungen und Experiment schief gehen können, ohne das man das sofort merkt. Und weil man so etwas nur bemerkt, wenn man ganz genau hinschaut.

Die Venus bleibt weiterhin der faszinierende Planet, der sie immer schon war. Insbesondere bleibt sie weiterhin viel zu wenig erforscht. Wenn wir wissen wollen, was dort alles abgeht; wenn wir wissen wollen, ob dort Leben existiert oder nicht: Dann müssen wir endlich wieder Raumsonden dorthin schicken!

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