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#„Null-Covid“ scheitert an der Delta-Variante

„Null-Covid“ scheitert an der Delta-Variante

Australien verabschiedet sich im Kampf gegen die besonders ansteckende Delta-Variante des Coronavirus von seiner bisherigen Null-Covid-Strategie. Nachdem Premierminister Scott Morrison angekündigt hatte, die Australier müssten „mit dem Virus leben“, haben auch die Regierungschefs der beiden bevölkerungsreichsten Bundesstaaten zugegeben, dass sie das bisher verfolgte Ziel von null Fällen kaum noch erfüllen können.

„Es ist unmöglich, die Delta-Variante zu eliminieren“, sagte die Ministerpräsidentin von New South Wales, Gladys Berejiklian, jüngst. Die aggressive neue Variante sei ein Wendepunkt in der Pandemie: „Jeder Bundesstaat in Australien wird früher oder später mit Delta leben müssen.“

Corona ist Ländersache

Der Kampf gegen das Virus ist in Australien zuallererst Sache der Bundesstaaten. Die Regierungschefin von New South Wales wagte sich mit ihren Aussagen nun weiter vor als einige ihrer Kollegen. Das verwundert nicht, denn in ihrem Staat liegt die Zahl der Neuinfektionen mit etwa 1300 derzeit weit über dem, was Australien seit Beginn der Pandemie erlebt hat.

Berejiklian bekommt ausgerechnet Unterstützung von Daniel Andrews, dem Regierungschef des Nachbarbundesstaats Victoria. Unter ihm hat Victorias Hauptstadt Melbourne 200 Tage im Lockdown verbracht. Seine Gegner beschimpfen ihn als „Diktator“, seine Fans sehen in ihm „Dan, den Starken“.

Nicht mal ein Drittel ist vollständig geimpft

Die Melburnians, wie sich die Einwohner der Millionenmetropole nennen, sind zermürbt, die Kritik in Wirtschaft und Medien wächst. Dabei gebe es vor allem zwei Gründe, dass Null-Covid in Australien kein realistisches Ziel mehr sei, sagt die Epidemiologin Sharon Lewin vom Peter Doherty Institute in Melbourne der F.A.Z. Dies seien die Tücken der Delta-Variante und die langsame Impfkampagne.

In Australien sind erst 28 Prozent der Einwohner vollständig geimpft, 48 Prozent haben die erste Dosis erhalten. „Die meisten Leute dachten, sie hätten Zeit und brauchten sich nicht impfen zu lassen“, sagt Lewin. Zudem schenkten die Australier dem Impfstoff von AstraZeneca, auf den die Regierung gesetzt hatte, anfänglich wenig Vertrauen, und es kam zu Lieferengpässen.

Canberra wird vorgeworfen, bei der Impfstoffbeschaffung versagt zu haben. Mittlerweile hat auch Daniel Andrews klargemacht, dass er nicht mehr an dem Null-Covid-Ziel festhält. Seine Regierung meldete trotz der strengen Lockdowns am Donnerstag 176 Neuinfektionen, so viele wie seit einem Jahr nicht mehr.

Geplante Öffnungen

„Von hier zurück auf null zu kommen, erscheint sehr unwahrscheinlich“, sagt auch die Epidemiologin Lewin. Mit etwa der Hälfte der 25 Millionen Einwohner haben New South Wales und Victoria in Australien großes Gewicht. Sie hoffe daher, dass der Rest Australiens ihnen folge werde, sagte Landeschefin Berejiklian.

Damit bezog sie sich auf die vier anderen Bundesstaaten, die aufgrund fehlender oder geringer Neuinfektionen an Null-Covid festhalten wollen. Dafür liegen Berejiklian und Andrews nun auf der Linie von Premierminister Morrison. Der bezeichnete den Gedanken, sich für immer vom Coronavirus abschirmen zu können, kürzlich als „absurd“. „Wir können uns nicht länger in einer Höhle verkriechen“, sagte Morrison.

Lockdowns hat Schlimmeres verhindert

Dabei hatte auch seine Regierung in Canberra lange auf eine harte Null-Covid-Strategie gesetzt. Mit strikten Ein- und Ausreiseverboten, strengen Quarantänevorschriften, intensiver Kontaktverfolgung und lokalen Lockdowns hatte Australien das Virus erfolgreich eingedämmt. Bis Mai dieses Jahres zählte „Down Under“ weniger als 30000 Fälle. Die Zahl der Toten liegt bei etwas mehr als 1000.

In Deutschland wurde dieser Wert schon im April 2020 überschritten. Australien war deshalb auch in Deutschland von Befürwortern einer Null-Covid-Strategie als Vorbild angeführt worden. Tatsächlich haben Maßnahmen Tausende Kranke und Tote verhindert. Daniel Andrews zitierte Schätzungen, wonach allein der jüngste Lockdown in Victoria 6000 Ansteckungen verhindert habe.

Öffnungen ab einer Impfquote von 70 Prozent

Noch im Juli habe Victoria es geschafft, die Delta-Variante zu unterdrücken, sagt Sharon Lewin. Doch: „Um Null-Covid beizubehalten, musst du Australien zur Festung machen. Die Konsequenz ist, dass jeder kleine Ausbruch, jedes Eindringen zu einem Lockdown führt“, sagt die Epidemiologin im Gespräch. Ein solches Leben sei auf Dauer nicht durchzuhalten.

Australiens Regierung will das Land daher schrittweise öffnen und auf Lockdowns weitgehend verzichten, wenn mindestens 70 Prozent der Erwachsenen vollständig geimpft sind. Auf diesen Plan hatten sich Canberra und die Bundesstaaten geeinigt. Weitere Öffnungsschritte, auch mit Bezug auf internationale Reisen, sollen erfolgen, wenn 80 Prozent der Erwachsenen geimpft sind.

Impfkampagne vorantreiben

„Nun gibt es endlich einen Anreiz“, sagt die Epidemiologin Lewin. „Wenn die Impfungen ein hohes Niveau erreicht haben, dann bekommen die Menschen mehr Freiheiten.“ Australien setzt also nun alles daran, die Impfquote zu steigern. Morrison will sich nach der verkorksten Impfkampagne als treibende Kraft der Normalisierung darstellen.

Doch bis zur Öffnung wird es noch dauern. Victoria hat seinen Lockdown gerade erst verlängert. Auch Sydney wird noch eine Weile mit einschränkenden Maßnahmen leben müssen. Die Idee sei schließlich nicht, dem Virus einfach das Feld zu überlassen, sagt Lewin.

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