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#Ob Ost, ob West, kalten Kriegern die Pest!

Ob Ost, ob West, kalten Kriegern die Pest!

Sagen wir es gleich vorab: Das hier ist kein Meisterwerk, weder musikalisch noch textlich. Aber erstens steht da Joseph Beuys höchstpersönlich und tut zum Glück gar nicht erst so, als könne er singen oder tanzen. Und zweitens ist es schon bemerkenswert, wie rührend naiv einige kulturelle Produkte der Friedens- und Umweltbewegung der frühen Achtziger Jahre heute anmuten – erinnert sich noch jemand an Karl, den Käfer? Genau.

„Doch wir wollen: Sonne statt Reagan
Ohne Rüstung leben!
Ob West
Ob Ost
Auf Raketen muß Rost!“

Das Leben in der Bundesrepublik war ja nicht nur golden. Überall kam saurer Regen auf die Wälder hernieder, die allenthalben starben oder abgeholzt wurden. Dazu kam der ewige kalte Krieg, die Bedrohung von haufenweise Pershing-II- und sonstigen Raketen, die von beiden Seiten, Amerikanern wie Sowjets, zwischen den Fronten, also in Mitteleuropa stationiert waren. Die Front verlief irgendwo zwischen Hessen und Thüringen, und natürlich „macht das was“ mit den Menschen, wie man so schön sagt, nämlich vor allem ein ziemlich mulmiges Gefühl. Überall wurde demonstriert. Gegen Startbahnen und für den Frieden vor allem. Und diese Massen, die da demonstrierten, gründeten ziemlich bald eine neue Partei und nannten sie „Die Grünen“. Mittenmang war ein gewisser Professor Beuys, international anerkannter Künstler mit gerade erfolgreich absolvierter Retrospektive im Guggenheim.

Im November 1982 bei der Bundeskonferenz der Grünen in Hagen: Beuys begrüßt Petra Kelly.


Im November 1982 bei der Bundeskonferenz der Grünen in Hagen: Beuys begrüßt Petra Kelly.
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Bild: Picture-Alliance

Und nun steht dieser honorige Mann also am 25. Mai 1982 in der ARD auf der Bühne der Quatschsendung „Bananas“, hüpft herum, schwingt das Mikro und sprechsingt schlechte Wortspiele. Gut, viel schlechter als der beliebte Slogan „Petting statt Pershing“ war das auch nicht. Trotzdem. Wer sind diese Leute, und wie kam es dazu?

Am 19. April 1982 nahm, soviel weiß man, Beuys dieses Stück Zeitgeschichte im Auftrag der Grünen auf und veröffentlichte es als Single. Gelb auf braun steht der Titel da, der Interpret gleich darunter, in Form einer Signatur. Das hier, so versteht es jeder Käufer, ist ein Stück Beuys, ein aktionistisches Kunstwerk, eine soziale Plastik, wenn man so will, signiert vom Meister höchstselbst. Die Musik schrieb Klaus Heuser, Gitarrist der Band BAP. Der Text mit den schlechten Wortspielen stammte von einem Werbetexter namens Alain Thomé, und BAP-Mann Manfred Boecker hat auch daran mitgeschraubt.

Ende Mai kam es zum ersten großen Auftritt, nämlich in besagter ARD-Sendung mit einer Band, die sich „Die Deserteure“ nannte. Vor dem Fernseher saß ein entgeisterter Wolfgang Niedecken von BAP und gab der Kunstzeitschrift „ART“ später folgende Reaktion zu Protokoll: „Irgendwann schalte ich den Fernseher ein, um die Sendung „Bananas“ anzugucken, und sehe da unseren Gitarristen, unseren Bassisten, unseren damaligen Percussion-Spieler, der plötzlich am Schlagzeug saß, zwei Chordamen, von denen eine Ina Deter war und die andere die Ex-Freundin unseres Gitarristen. Das war eine Frau, die im Chlodwig-Eck, unserer Stammkneipe, bediente und bei der Band Nyloneuter sang. Wolf Maahn war offensichtlich der Bandleader dieser Geschichte. Und Joseph Beuys stand da und sang diesen grottenschlechten Text.“

Die Kunstwelt war einigermaßen entgeistert, die Musikwelt war einigermaßen entgeistert, doch wir können uns zurücklehnen, in uns hineinkichern und denken: Hat er’s wieder mal geschafft, der alte Fuchs! Wenn die Fettecken und Filzgebilde schon im Guggenheim hinter Glas präsentiert werden, dann muss man in der ARD in seltsamen Quatschsendungen im Rahmenprogramm mit Kim Wilde und Foreigner auftreten und alle, wirklich alle verbliebenen Kunstschnösel gegen sich aufbringen. So geht „soziale Plastik“. Bravo!

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