Obwohl ich genau wusste, was passiert, hat mich der große The Last of Us-Moment komplett zerstört

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Moment, eigentlich war ich doch schon mal hier
– genau an diesem Punkt. Eine geliebte Figur wird in einer endzeitlichen Serie auf grausamste Weise mit einem Sportschläger malträtiert. Wer lange genug bei The Walking Dead am Ball geblieben ist, wird genau wissen, von welchem traumatischen Erlebnis ich spreche: Glenns Tod, der sich über den bestialischsten Cliffhanger der TV-Geschichte streckte.
Achtung, Spoiler!
Selbst The Walking Dead konnte mich nicht auf Joels Tod in The Last of Us Staffel 2 vorbereiten
Neun Jahre später zieht The Last of Us mit seiner eigenen Version von Negan und dem mit Stacheldraht umspannten Baseballschläger namens Lucille nach. Diese Negan heißt Abby, wird von Kaitlyn Dever gespielt und greift im verstörendsten Moment der Serie zu einem Golfschläger, der kurzerhand in ein Todeswerkzeug umfunktioniert wird. Wieder und wieder prügelt Abby auf den am Boden liegenden Joel ein.
Obwohl ich im Videospiel tatsächlich nie zu dieser Stelle gekommen bin (wie sich nun herausstellt, bin ich kurz zuvor steckengeblieben), wusste ich genau, dass uns in der 2. Staffel der Serienumsetzung der Tod von Pedro Pascals Figur erwartet. Wer in den vergangenen Jahren einigermaßen im popkulturellen Raum des Internets unterwegs war, dürfte zwangsläufig über den ein oder anderen Hinweis gestolpert sein.
Im Lauf der Zeit habe ich Joels Abgang einfach in meinem Kopf abgespeichert
– als vages Ereignis, das irgendwo in The Last of Us existiert und von Fans kontrovers diskutiert wird. Ich hatte mich damit abgefunden, dass es mich in der Serie nicht mehr schockieren oder gar überraschen wird. Zu viele Tweets und Takes habe ich im Vorbeigehen gesehen, sodass ich dachte, die Szene bereits im Detail zu kennen.
Ich habe mich komplett geirrt.
The Last of Us feiert seine Red Wedding und verstört mit ihrer Brutalität auf mehreren Ebenen
Als ich am Montag die 2. Folge der 2. Staffel geschaut habe, fühlte es sich fast wie eine Pflichtaufgabe an. Jetzt kommt der große Tod, der den Diskurs um das Spiel seit fünf Jahren überschattet. Die Red Wedding von The Last of Us sozusagen. Sehr passend, dass mit Mark Mylod auch ein Game of Thrones-Veteran auf dem Regiestuhl Platz genommen hat. Aber was kann er dem Schock überhaupt hinzufügen? Einiges!
Ich war auf eindringliche Bilder mit einer Figur im Blutrausch eingestellt, aber nicht auf die meisterhafte Vorarbeit, die Craig Mazin und Neil Druckmann als Serienschöpfer und Showrunner seit Beginn der Staffel –
ja, seit Beginn der Serie
– leisten. Joels Tod ist kein ausgestellter Highlight-Moment aus einem Marvel-Film, der kurzen Beifall erntet und Fans das gibt, was sie sich immer gewünscht haben. Joels Tod ist brutal.
Und damit ist nicht die offensichtliche Gewalt gemeint.
Joels Tod ist brutal aufgrund der klug gewählten Einstellungen, die uns in Close-ups erschreckend nahe an die bebenden Seelen der Figuren führen und in den Totalen die Machtverhältnisse unmissverständlich aufzeigen. Abbys Stiefel, Dinas bewusstloser Körper, die Distanz zu Ellie –
geometrische Eckpunkte purer Verzweiflung, die sich alle auf das röchelnde Zentrum in der Mitte dieses kalten Raums beziehen: Joel.
Wenn Abby Joel tötet, breitet sich unfassbare Aussichtslosigkeit und Leere in The Last of Us aus
Brutal ist die Verunsicherung in den Blicken von Abbys Mitstreiter:innen, die nach fünf Jahren des Wanderns und Suchens plötzlich erst verstehen, in welche Hölle sie sich begeben haben, und damit hadern, diese beim Namen zu nennen. Und brutal ist die Leere, die sich in Abbys Gesichtszüge ausbreitet – viel brutaler als die hasserfüllten Augen, die sich kurz zuvor voller Verbissenheit in Joels Leiden bohrten.
Es ist, als könnte man die Aussichtslosigkeit der Gewaltspirale vor sich greifen. Das ist der Moment, an dem die Welt untergeht. Kein Runner, kein Stalker, kein Clicker, kein Bloater. Am Ende der Welt wartet kein Monster, sondern der Mensch. Kann sich Joel nicht wenigstens wehren? Kann er nicht den obligatorischen Einspruch anmelden, mit dem jede Film- und Serienfigur in einer solchen Situation um ihr Leben ringt?
Fast noch brutaler als die Leere in Abbys Gesicht, die das The Last of Us-Universum wie ein schwarzes Loch zu verschlingen droht, ist Joels stille Zustimmung – nicht, weil sie im Recht ist, sondern weil er sie versteht. Joel weiß genau, welche Gedanken ihr durch den Kopf gehen. Schließlich hat er diese Gedanken selbst schon durchgespielt und Entscheidungen in moralischen Grauzonen getroffen, die ihn bis heute verfolgen.
The Last of Us Staffel 2, Folge 2 ist in seiner Hoffnungslosigkeit schwer zu übertreffen
Craig Mazin und Neil Druckmann erweitern in diesem Augenblick die abgründigsten Stationen der bisherigen Reise von The Last of Us. Allen voran Joels vermeintlich heroische Rettung von Ellie aus dem Krankenhaus in Salt Lake City, bei der u.a. Abbys Vater, einen schutzlosen Arzt, ohne mit der Wimper zu zucken erschossen hat. Und dann wäre da natürlich Joels Lüge gegenüber Ellie –
die größte Krux der Beziehung.
Das vernichtende Ende der ersten The Last of Us-Geschichte wird mit dem jüngsten Kapitel neu kontextualisiert, verdichtet und mit einer Hoffnungslosigkeit versehen, auf die mich selbst elf Staffeln The Walking Dead und alle Spoiler zur Fortsetzung der Serie nicht vorbereiten konnten. Die emotionale Brutalität
– um ein letztes Mal dieses Wort zu verwenden –, die Mazin und Druckmann entfesseln, sucht ihresgleichen.
Ellie und Joel konnten sich nie aussprechen, sich nie versöhnen. Ihre gemeinsame Zeit ist abgelaufen. Der Zeiger auf Joels Uhr bleibt stehen, sobald sein Herz aufhört zu schlagen. Was das Ganze noch schlimmer macht: Joel war bereit, sein Schicksal zu akzeptieren. Sobald er aber Ellies Schreie hört, beginnt er, sich dagegen zu wehren, will aufstehen und versucht, zu reden. Und dann ist im Bruchteil einer Sekunde alles vorbei.
Wie soll es ab hier weitergehen?
Eigentlich hätte das auch das Finale der Staffel sein können, allein durch die Dimension mit dem Zombie-Überfall auf Jackson. Wenn wir abseits des Spektakels in die Hütte zu Joel, Ellie und Abby blicken, scheint alles verloren zu sein. Einerseits fehlt mir nach dieser zweiten Apokalypse die Kraft, jemals wieder in die Welt von The Last of Us zurückzukehren. Andererseits habe ich jetzt, wo das große Ding aus der Welt geschafft ist, keinen blassen Schimmer, was als Nächstes passiert.
Aufregender kann eine Serie an diesem Punkt nicht sein.
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