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#Offene Briefe aus dem Lockdown

Offene Briefe aus dem Lockdown

Als vergangenes Jahr das öffentliche Leben für einige Wochen stillgelegt wurde, da flüchteten sich viele Kreative ins Schreiben und ins Digitale. Die einen sinnierten darüber, was es bedeutet, eingeschlossen zu sein; die anderen suchten Wege, im Gemeinsamen dieser Erfahrung ein solidarisches Momentum zu finden. Ein Projekt davon war „Heute schreibe ich Gedichte” von Künstlerin Katharina Zorn und Schauspielerin Jasna Fritzi Bauer: Niemand solle sich ausgeschlossen fühlen, jeder solle sich inspiriert fühlen und ihnen Gedichte senden, lautete ihr Aufruf. Beide kuratierten die Texte dann online.

Ein Jahr später findet das öffentliche Leben wieder statt. Rund 2000 Gedichte sind zusammengekommen und eine Auswahl kann während der Frankfurter Buchmesse gelesen werden. Jedoch nicht auf der Messe selbst – sondern im Frankfurter Stadtbild. Auf dem Junior-Haus prangen sie in großen Lettern, und auch auf dem Kopfsteinpflaster des Römerbergs sind sie (mit etwas Mühe) zu lesen. Direkt daneben ist die Schirn Kunsthalle, in dessen Restaurant Badias die beiden Künstlerinnen am Abend einen Film zum Projekt zeigen. Warum dort? „Die Buchmesse hat uns recht spontan gebeten, ein Event zu machen. Wir sind mit der Besitzerin eng befreundet, die uns direkt unterstützte. Dass das geklappt hat, freut uns sehr”, sagt Katharina Zorn. Die Schirn sei schließlich ein zentraler Ort im Frankfurter Kulturleben. 

Es sind viele Leute aus dem Frankfurter Nachtleben gekommen, man freut sich, dass es doch noch eine Abendveranstaltung gibt. Der Film ist kurz und eindrucksvoll. Einer der stärksten Texte, der erste, ist von Zorn selbst. Er handelt von den Vereinigten Staaten und dem Größenwahn des ehemaligen Präsidenten Donald Trump. Wie sie dazu kam, ihn zu schreiben? „Ich hatte irgendwann keinen Nerv mehr, meiner Tochter nur Kinderbücher vorzulesen. Also las ich ihr Gedichte von Thomas Brasch vor. Als sie schlief, hatte ich dann Lust, selbst etwas zu schreiben.”

In Frankfurt: Gedichte auf der Straße


In Frankfurt: Gedichte auf der Straße
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Bild: Caroline Jebens

Im Film tragen Personen des öffentlichen Lebens Gedichte vor – Schauspieler, ein Model, Autorinnen. Die besseren Texte gehen über die Erfahrung der Pandemie hinaus. Wie der von Ubin Eoh, die unterhaltsam sarkastisch über die Ignoranz reicher Menschen dichtet, für die es einfach war, die Probleme der Welt zugedröhnt auf einer Yacht zu ignorieren. Oder der des Schriftstellers Benjamin von Stuckrad-Barre, der über den ewig geschlossenen Club 27 schreibt, zu legendär, um ihm wirklich beitreten zu wollen. 

Auch die Schauspielerin Anna Maria Mühe trägt einen Text vor, sie ist auch am Abend dabei. „Den Lockdown habe ich damals mit Jasna und Katharina und unseren Kindern verbracht. Das Projekt unterstütze ich aber nicht nur als Freundin. Mir gefällt der Ansatz, Lyrik einen moderneren Anstrich zu geben.” Sie selbst habe in der Zeit der Pandemie nicht zum Schreiben gefunden. Der Text, den sie im Film liest, stammt nicht von ihr. Ob sie die Buchmesse besucht? „Dieses Jahr finde ich das nicht so eine unterstützenswerte Veranstaltung.” Es hatte zuvor Kontroversen darüber gegeben, dass ein Verlag, bei dem rechtsradikale Autoren publizieren, einen prominenten Stand auf der Messe bekommen hatte. Einige Autorinnen und Autoren sagten daraufhin ihre Lesungen ab. 

Zitate der Bücher dieser Autoren ließen Zorn und Bauer als Zeichen von Solidarität auf die Außenwand der Schirn projizieren. Das sei eine eher spontane Reaktion darauf gewesen, sagt Bauer, die gerade Fotos davon macht. Eigentlich gehe es um die Gedichte. Mit dem Bookfest, also dem Festival der Buchmesse, haben sie bereits vergangenes Jahr zusammengearbeitet. Damals wurden die Gedichte im Gallus Theater vorgetragen. „Dieses Jahr wollten wir auch wieder etwas veranstalten. Die Messe kam dabei auf uns zu, wir selbst haben dann aber vorgeschlagen, die Gedichte in der Stadt zu projizieren.” Damit kehrt das Projekt zu seiner Ursprungsidee zurück: Im Lockdown hatten sie Plakate mit QR-Codes aufgehängt, an die dann jeder Gedichte senden konnte. Wie „offene Briefe” sollten die damals wirken. 

Unter den Gästen hat sich scheinbar aber niemand zum Schreiben inspiriert gefühlt. Nur eine junge Frau erzählt, dass sie monatlich kleine Briefe an sich selbst geschrieben hat. Die behalte sie aber für sich und werde sie dann nächstes Jahr lesen.

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