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#On s’en va

On s’en va

Während ich diese Zeilen schreibe, schaue ich von meinem Büro unter dem Dach auf den kleinen Bach, der über unser Grundstück fließt. Alle paar Tage kommt ein Graureiher zu Besuch, auf der Suche nach Forellen. Seit ein paar Monaten wohnen wir in einer 400 Jahre alten Mühle in einem Dorf, knapp eine Stunde von Paris entfernt. Unsere alte Heimat scheint unendlich weit weg und gleichzeitig ganz nah. Emotional habe ich mich längst von ihr gelöst. Unser früheres Leben mitten in der Großstadt kommt mir fast vor wie eines aus einer anderen, völlig verrückten Welt. Wie haben wir es nur so lange dort ausgehalten? Mit all dem Verkehr, den vielen Menschen, der Hektik, der schlechten Luft.

Tief im Herzen liebe ich Paris – natürlich. Vor zwölf Jahren hat mich die Stadt mit offenen Armen empfangen, als Modejournalistin war und bleibt sie für mich das Zentrum der Welt. Meine drei Kinder sind dort zur Welt gekommen. Wenn mich also doch einmal die Sehnsucht packt, dann setze ich mich ins Auto oder nehme die Bahn. Es ist keine große Sache, die eine Stunde vergeht wie im Flug. Um von meinem ehemaligen Wohnort, dem 19. Arrondissement, ins gegenüberliegende 16. zu kommen, brauchte ich manchmal wesentlich länger.

Paris ist für Familien mit Kindern eine Zumutung

Hier auf dem Land fehlt mir tatsächlich nichts. Und ich bin die Erste, die darüber erstaunt ist, denn vor einem Jahr hätte ich, die Wahl-Pariserin, jeden für verrückt erklärt, der mir gesagt hätte, dass ich eines Tages in einem verträumten Tausend-Seelen-Dorf leben würde, in dem es nicht viel mehr gibt als einen kleinen Krämerladen. Keine veganen Cafés, keine hippen Concept-Stores, keine angesagten Weinbars, keine Museen und natürlich keine nonchalanten Pariser. Ach, halt, die nonchalanten Pariser gibt es ja doch, es sind sogar ziemlich viele hier, aber das konnte ich damals noch nicht wissen. Fangen wir also von vorne an.

Der Gedanke, Paris zu verlassen, trieb uns schon lange vor der Corona-Krise um. So grandios, inspirierend und wunderschön die Stadt auch ist, für Familien mit Kindern ist sie eine Zumutung. In der Metro gibt es keine Fahrstühle, häufig auch keine Rolltreppen. Die Bürgersteige sind schmal. Nach Grünflächen muss man lange suchen. Auf den überfüllten Spielplätzen steht man an der Rutsche Schlange.

„Bei unseren täglichen Spaziergängen durch den Garten macht mein Herz jedes Mal kleine Sprünge.“


„Bei unseren täglichen Spaziergängen durch den Garten macht mein Herz jedes Mal kleine Sprünge.“
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Bild: Estelle Marandon

Angst vor der sozialen Isolation

Wir haben drei Kinder im Alter zwischen drei und neun Jahren. Wir lebten mit ihnen auf 80 Quadratmetern, weil wir uns, trotz korrekten Einkommens, einfach nichts Größeres hätten leisten können. Das war nicht nur zunehmend frustrierend, sondern auch eine Herausforderung. Zu fünft mussten wir uns nicht nur ein Badezimmer teilen, sondern auch eine einzige Toilette. Am Wochenende war an Ausschlafen nicht zu denken, die Kinder machten zu viel Lärm, und bevor der Nachbar von unten mit dem Besen die Decke durchschlug, standen wir morgens um acht Uhr ungeduscht auf dem Spielplatz um die Ecke und sehnten uns nach einem heißen Kaffee und nach einem anderen Leben.

Wir sehnten uns nach dem, was vielen Städtern mit kleinen Kindern irgendwann fehlt: einem Garten, mehr Platz, etwas Ruhe. Mit einem Leben in Paris war das alles nicht zu vereinbaren. Aber nie wären wir auf die Idee gekommen, an einem Ort zu suchen, der nicht wenigstens mit dem RER, der französischen S-Bahn, an Paris angebunden ist. Mehr als 30 bis 40 Minuten Fahrzeit in die Innenstadt kam für uns nicht in Frage. Mein Mann hatte Angst vor dem Berufsverkehr, ich vor der sozialen Isolation.

Mehrere Jahre suchten wir in den nahe gelegenen Vororten: Pantin, Le Pré-Saint-Gervais, Saint-Ouen. Aber nichts entsprach annähernd unseren Vorstellungen. Für unser Budget war es selbst dort zu teuer. Für ein paar Quadratmeter mehr, noch dazu in schlechtem Zustand, und ein armseliges Stück Garten wollten wir unsere Kinder nicht aus ihrem gewohnten Umfeld reißen. Also lebten wir weiter auf beengtem Raum, flüchteten so oft es ging ins Grüne und verbrachten viele Stunden im Stau auf dem Périphérique.

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