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#Oscar Niemeyers letzter Wurf

Oscar Niemeyers letzter Wurf

Von weitem sieht es aus, als wäre ein überdimensionaler Schneeball an der Dachecke des Backsteinbaus im Leipziger Westen kleben geblieben. Kommt man näher, sieht man zwei strahlend weiße Betonschalen, die wie Yin und Yang ineinander verwoben sind. Zwei visierartige Öffnungen oben und unten sind mit Glas bedeckt, nicht mit irgendeinem, sondern mit einer Spezialanfertigung, die hier erstmals in einem Gebäude verwendet wurde. „Einen Moment“, ruft Ludwig Koehne und verschwindet hinter der Bar in der oberen Kugelhälfte. Dann wird es auf einen Schlag dunkel, beinahe so, als hätte man eine Sonnenbrille aufgesetzt. Koehne drückt einen weiteren Knopf, es wird wieder hell. Und plötzlich entstehen Muster an dem künstlich-künstlerischen Firmament.

Stefan Locke

Stefan Locke

Korrespondent für Sachsen und Thüringen mit Sitz in Dresden.

144 dreieckige Scheiben sind in der oberen Kuppel-hälfte verbaut, und jede davon lässt sich einzeln ansteuern. Koehnes Finger huschen über das Steuer-Pad, er freut sich, das Ganze ist natürlich auch eine herrliche Spielerei. Allerdings nicht nur. Denn wenn die Sonne brennt, wie es in den vergangenen Sommern häufig der Fall war, wäre es hier oben nicht auszuhalten, dann würde das Restaurant zu einer finnischen Sauna. Das verhindern winzige Flüssigkristalle, die sich zwischen den fünf Glasschichten je Scheibe befinden. Sie können je nach Aufladung ihre Farbe verändern, und sie tun das auch – eigens programmiert – mit dem Lauf der Sonne. Am schönsten ist es hier oben freilich zum Sonnenuntergang, auf den man blickt wie über das Meer, das in diesem Fall die Dächer der Fertigungshallen der Kirow-Werke bilden, während am Horizont die Sonne hinter den Häusern im Leipziger Westen versinkt.

„Er ist einfach ein ganz großer Künstler“

Ludwig Koehne schaut glücklich und auch ein bisschen so, als könne er das selbst nicht glauben: Die Kugel, die Oscar Niemeyer wenige Monate vor seinem Tod für ihn gezeichnet hatte, ist der letzte Entwurf des berühmten Architekten, und er, Koehne, hat ihn vollendet. Für Leipzig ist das zweifellos ein Architektur-Höhepunkt, für Koehne aber auch die Erfüllung eines lang gehegten Traums, der vor neun Jahren mit einem Besuch bei dem brasilianischen Architekten in Rio de Janeiro begann. Von Niemeyer selbst war Koehne freilich schon viel länger fasziniert. „Ich bin Architektur-Freak“, sagt er. „Wer sich für moderne Architektur interessiert, kommt an Niemeyer nicht vorbei.“ Auch den Finnen Alvar Aalto bezieht er in seine Lobpreisungen ein – beide hätten den bisweilen brutalen Modernismus vermenschlicht. Aber auf Niemeyer lässt Koehne schon gar nichts kommen. „Er ist einfach ein ganz großer Künstler.“

„Ich bin Architektur-Freak“: Unternehmer Ludwig Koehne


„Ich bin Architektur-Freak“: Unternehmer Ludwig Koehne
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Bild: Andreas Pein

Koehne ist Geschäftsmann, Freigeist und Lebemann. Er entstammt einer Oberhausener Gleisbau Unternehmerfamilie, studierte in Oxford Philosophie, Politik und Psychologie. Als er fertig war, fiel die Mauer; er ging nach Berlin, interviewte Günter Schabowski, das geschasste Politbüro-Mitglied, das mit einem genuschelten Halbsatz die Grenze geöffnet hatte, und machte ein Buch daraus. Danach heuerte er bei der Treuhand an und wickelte DDR-Betriebe ab, bis er schließlich selbst einen übernahm: den Schwermaschinenbauer Kirow in Leipzig, in der sozialistischen Welt die Nummer eins bei Eisenbahndrehkränen. Koehne, damals gerade 27 Jahre alt, ging das Abenteuer gemeinsam mit 180 verbliebenen Mitarbeitern an. Sie waren skeptisch, zogen aber mit – es war für sie alle die einzige Chance. Es gab Durststrecken und verzweifelte Momente, am Ende aber erreichten sie, was sie anfangs nicht mal zu träumen gewagt hatten: Kirow ist heute Weltmarktführer.

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