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#Osnabrück beginnt mit der Ausbildung von Imamen

Osnabrück beginnt mit der Ausbildung von Imamen

Die ersten Unterrichtseinheiten für die angehenden Imame haben bereits am Montag stattgefunden, der offizielle Start folgt an diesem Dienstag. Dann wird in Osnabrück im Beisein des früheren Bundespräsidenten Christian Wulff das Islamkolleg Deutschland eröffnet. An dem Institut sollen künftig islamische Theologen in deutschsprachigem Unterricht und unabhängig von ausländischen Einflüssen den Beruf des Imams erlernen können.

Reinhard Bingener

Politischer Korrespondent für Niedersachsen, Sachsen-Anhalt und Bremen mit Sitz in Hannover.

Die Ausbildungsstätte schließt eine Lücke. In Deutschland mangelt es schon länger nicht mehr an Möglichkeiten, an einer Universität islamische Theologie zu studieren. Das Studium droht jedoch zu einer Sackgasse zu werden, wenn die Absolventen im Anschluss nicht analog zum Referendariat für Lehrer oder zum Vikariat für Pfarrer eine berufliche Ausbildung erhalten. Im Islamkolleg Deutschland können sich Muslime, die über einen Bachelor-Abschluss in islamischer Theologie verfügen, nun über zwei Jahre zum Imam ausbilden lassen. Daneben gibt es auch die Möglichkeit, sich zum Seelsorger oder zum Gemeindebetreuer ausbilden zu lassen.

80 Prozent der Imame kommen aus dem Ausland

Der erste Jahrgang, mit dessen Ausbildung gerade begonnen wurde, umfasst 25 Personen, die meisten von ihnen Männer, aber auch einige Frauen. Das Curriculum reicht von der Predigtlehre, der Koranrezitation und der Seelsorge bis zu sozialer Arbeit und politischer Bildung. Die Ausbildung beinhaltet auch die praktische Anwendung der Lerninhalte in Moscheegemeinden, die mit dem Osnabrücker Institut kooperieren.

Wirbt um Vertrauen: Bülent Ucar, Wissenschaftlicher Direktor des Islamkollegs an der Universität Osnabrück


Wirbt um Vertrauen: Bülent Ucar, Wissenschaftlicher Direktor des Islamkollegs an der Universität Osnabrück
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Bild: privat

Der Wissenschaftliche Direktor des Islamkollegs, Bülent Ucar, nennt die Gründung einen „Meilenstein“. „Durch die Schaffung transparenter und unabhängiger Strukturen wollen wir auf allen Ebenen um Vertrauen werben und deutschsprachige Alternativen zum Status quo etablieren.“ Damit richtet Ucar, der auch das Institut für Islamische Theologie an der Osnabrücker Universität leitet, den Blick darauf, wo die Imame der rund 2500 Moscheegemeinden bisher ausgebildet werden. Schätzungen zufolge stammen mehr als 80 Prozent aus dem Ausland. Bei den Geistlichen der Ditib, des mit Abstand größten Moscheeverbands, handelt es sich in der Regel um Personen, die nicht nur ihre Ausbildung in der Türkei erhalten haben und häufig nur rudimentäre Deutschkenntnisse besitzen, sondern auch von der türkischen Religionsbehörde Diyanet bezahlt werden.

Dieser Zustand wird von der deutschen Politik zunehmend kritisch gesehen, seit die Türkei sich unter Präsident Recep Tayyip Erdogan zu einem autokratischen Regime mit islamistischer und zunehmend nationalistischer Ausrichtung entwickelt hat. Die Bundesregierung fordert auch deshalb seit 2019, dass Imame Deutschkenntnisse nachweisen müssen, um eine Aufenthaltsgenehmigung zu erhalten. Die Ditib hat auf diese Entwicklung bereits reagiert und ihrerseits in Deutschland ebenfalls eine Ausbildungsstätte für Imame eröffnet. Seit Anfang 2020 betreibt sie in der Eifel ein Institut, in dem vorwiegend auf Deutsch unterrichtet werden soll. Ihr Studium der islamischen Theologie haben die meisten der angehenden Imame jedoch weiterhin in der Türkei absolviert.

Mit staatlicher Millionen-Hilfe

Die Gründung des Islamkollegs in Osnabrück lässt sich als Versuch lesen, den Einfluss ausländischer Staaten auf die Moscheegemeinden in Deutschland langfristig zurückzudrängen. Der Bund und das Land Niedersachsen unterstützen das Institut über fünf Jahre mit 5,5 Millionen Euro. Zudem soll den ersten Absolventen eine berufliche Perspektive geboten werden als Seelsorger in der Bundeswehr oder Bundespolizei oder in den Justizvollzugsanstalten der Länder.

Direkten Einfluss auf die Inhalte der Imamausbildung nimmt der Staat nicht – er dürfte es aufgrund seiner religiös-weltanschaulichen Neutralität auch gar nicht. Das Islamkolleg wird deshalb von einem Verein getragen, der 2019 von Wissenschaftlern, muslimischen Persönlichkeiten und islamischen Verbänden gegründet wurde. Bei den Verbänden handelt es sich um den Zentralrat der Muslime, die Islamische Gemeinschaft der Bosniaken, den Zentralrat der Marokkaner, das Bündnis Malikitischer Gemeinden sowie den neu gegründeten Verband Muslime in Niedersachsen.

„Modell für ganz Europa“

Die staatliche Finanzhilfe für das Islamkolleg deutet allerdings schon darauf hin, dass die fünf Verbände nicht einmal annähernd mit der Organisations- und Finanzkraft der Ditib vergleichbar sind. Damit das Institut in Osnabrück überhaupt arbeitsfähig wird, geht der deutsche Staat mit seinen Hilfestellungen deshalb bis an die Grenzen dessen, was das Religionsverfassungsrecht in Deutschland zulässt. Zudem ist die Frage offen, ob sich künftig auch genügend Moscheegemeinden finden werden, die Absolventen des Islamkollegs übernehmen wollen und sich dies auch leisten können.

Die beteiligten Politiker äußern sich jedoch zuversichtlich. Die Grünen-Bundestagsabgeordnete Filiz Polat spricht dem Osnabrücker Institut, dessen Kuratorium sie selbst angehört, „Modellcharakter für die Imam-Ausbildung in ganz Europa“ zu. Der frühere Bundespräsident Wulff sagte der Neuen Osnabrücker Zeitung, auch immer mehr türkischstämmige Deutsche verwahrten sich „gegen eine übergriffige Art der Einmischung“ aus dem Ausland. Es sei „längst überfällig“, dass Imame nun „mitten unter uns in deutscher Sprache und auf dem Boden des Grundgesetzes“ ihre Ausbildung bekämen.

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