Nachrichten

#Ostermärsche: Friedensbewegung über Ukraine-Krieg gespalten

„Ostermärsche: Friedensbewegung über Ukraine-Krieg gespalten“

„Frieden schaffen ohne Waffen“: So lautet eine der Kernforderungen der Friedensbewegung und ihrer alljährlichen Ostermärsche. Manchen erscheint diese Botschaft in Zeiten des russischen Angriffskriegs so aktuell wie lange nicht mehr. Für an­dere klingt sie wie Hohn, wie eine Aufforderung an die Ukrainer, sich Putins An­griffskrieg widerstandslos zu unterwerfen.

„Wenn Ostermarschierer jetzt Ab­rüstung fordern und in Interviews vorschlagen, die Ukraine ,gewaltfrei zu unterstützen’, spucken sie den Verteidigern Kiews und Charkiws ins Gesicht“, schrieb der FDP-Politiker Alexander Graf Lambsdorff in einem Gastbeitrag für die „Zeit“. Die „Ostermarschierer“ seien „die fünfte Kolonne Putins“.

„Einfach unterirdisch“ findet das Kristian Golla. Er gehört zum Bonner „Netzwerk Friedenskooperative“, einem Dachverband, der einen Überblick über die vielen lokal und regional organisierten Os­termärsche verschafft. In den allermeisten Aufrufen werde der russische Prä­sident klar als Aggressor benannt. 124 Einträge gibt es in seiner Veranstaltungsdatenbank. Einige Demonstrationen fanden schon am Gründonnerstag und Karfreitag statt, die meisten sind für diesen Samstag angekündigt. Sie richten sich auch gegen das 100-Milliarden-Sondervermögen für die Bundeswehr

„Damit ist der Ukraine nicht geholfen“

Ostermärsche gibt es seit den Sechzigerjahren in der Bundesrepublik, zeitweise hatten sie hunderttausende Teilnehmer. Ob sie vor dem Hintergrund des russischen Angriffskriegs nun wieder mehr Zulauf bekommen, kann Golla nur schwer einschätzen. „Ich bin mir unsicher, ob die Bilder von Butscha eher hilflos machen oder mobili­sieren“, sagt er. Aber wie passen die Aufnahmen ermordeter Zivilisten zur Forderung, keine Waffen in die Ukraine zu liefern?

Generell seien Friedensgruppen der Ansicht, dass Waffenlieferungen nichts besser machten, Konflikte nur verlängerten, so Golla. Waffen erreichten oft das Ge­genteil von dem, was doch alle wollten, „dass die Ballerei aufhört, man diese schlimmen Bilder nicht mehr sieht“. Putin, der ja ohnehin das Völkerrecht mit Füßen trete, sehe Waffenlieferungen vielleicht als Eskalation. „Und damit ist der Ukraine nicht geholfen.“ Es müsse vielmehr verhandelt statt gekämpft werden.

„Selbstverständlich verlängern Waffen einen Konflikt“, sagt der Politikwissenschaftler Ulrich Kühn. „Das ist eine Binsenweisheit. Es sollte jedoch im Ermessen desjenigen sein, der angegriffen wird, ob er sich mit Waffen verteidigen will“, so Kühn gegenüber der Deutschen Presse-Agentur. Eine solche Verteidigung sei „absolut vertretbar und im Einklang mit der Charta der Vereinten Nationen. Insofern verpuffen hier meiner Meinung nach die klassischen Slogans der deutschen Friedensbewegung.“

Aus Kühns Sicht erklärt das auch, warum Friedenskundgebungen derzeit nicht den Zulauf haben, „den man angesichts eines Krieges in Europa vielleicht er­warten würde“. Kühn ist Leiter des Forschungsbereichs Rüstungskontrolle und Neue Technologien am Institut für Friedensforschung und Sicherheitspolitik der Universität Hamburg. Er vermutet, dass sich eine neue, pragmatischere Friedens­bewegung rund um die Fridays-for-Future-Demonstranten herausbilden könnte; eine Friedensbewegung, die Putins Angriffskrieg deutlich benenne.

In Berlin ist für diesen Samstag ein alternativer Ostermarsch angekündigt. Gruppen wie „Adopt a Revolution“, die sich für die syrische Zivilgesellschaft einsetzt, und die „Allianz Ukrainischer Organisationen“ haben zu ihrem eigenen Friedensmarsch aufgerufen. Das Motto: „Stoppt russische Kriege – für Freiheit und Gerechtigkeit“.

Frieden ja, Pazifismus nein

„Wir wollen nicht mit Autokratenverstehern zusammen demonstrieren“, sagt Ferdinand Dürr, ein Sprecher von „Adopt a Revolution“. Die Ostermarsch-Bewegung suche die Schuld für Konflikte traditionell bei NATO und Bundeswehr und er­kenne nicht, dass Kriegsgefahr vor allem von Autokratien und Diktaturen ausgehe. Im Aufruf zum Ostermarsch in Berlin werde der russische Angriff auf die Ukraine mit keinem Wort erwähnt. Die traditionelle Friedensbewegung richte ihren Blick zu sehr auf Staaten, Bündnisse, Einflusssphären und verliere dabei die Opfer von Kriegen aus dem Blick – etwa die Menschen, die in Syrien und der Ukraine unter Putins Bombenterror leiden.

„Es gibt Leute, die es wirklich gut meinen, die Frieden für uns wollen“, sagt auch Oleksandra Keudel von der „Allianz Ukrainischer Organisationen“. „Aber der Frieden muss mit Freiheit und Demokratie kommen, und das ist mit Russland nicht möglich. Keine Ukrainerin und kein Ukrainer ist sicher, wenn Russland ge­winnt.“

Deshalb führten Forderungen nach Neutralität oder Kompromissbereitschaft in die Irre. Stattdessen müsse den Ukrainern mit allen Mitteln geholfen werden. „Sonst leben wir in einer Welt, in der Gewalt statt Menschlichkeit herrscht.“

Kristian Golla sagt, der Berliner Ostermarsch, der in seinem Aufruf den russischen Angriff nicht erwähnt und russische Fahnen erlaubt, sei nicht repräsentativ für die Friedensbewegung. Das gelte allerdings umso mehr für Gruppen, die Waffenlie­ferungen forderten. Friedrich Dürr, Sprecher des alternativen Ostermarschs in Berlin, sagt dazu: „Wir gehören zur Friedensbewegung.“ Aber eine pazifistische Organisation – das seien sie nicht.

Wenn Ihnen der Artikel gefallen hat, vergessen Sie nicht, ihn mit Ihren Freunden zu teilen. Folgen Sie uns auch in Google News, klicken Sie auf den Stern und wählen Sie uns aus Ihren Favoriten aus.

Wenn Sie an Foren interessiert sind, können Sie Forum.BuradaBiliyorum.Com besuchen.

Wenn Sie weitere Nachrichten lesen möchten, können Sie unsere Nachrichten kategorie besuchen.

Quelle

Ähnliche Artikel

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Schaltfläche "Zurück zum Anfang"
Schließen

Please allow ads on our site

Please consider supporting us by disabling your ad blocker!