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#Parasite (2019) Kritik

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Parasite (2019) Kritik

Parasite, Südkorea 2019 • 132 Min • Regie: Bong Joon-Ho • Produktion: Kwak Sin-Ae, Moon Yang-Kwon, Jang Young-Hwan • Drehbuch: Bong Joon-Ho, Han Jin-Won • Mit: Song Kang-Ho, Choi Woo-Sik, Park So-Dam, Chang Hyae-Jin, Lee Sun-Kyun, Cho Yeo Jeong, Jung Ji-so, Jung Hyeon-Jun, Lee Jung-Eun • FSK: ab 16 Jahren • Kinostart: 17.10.2019 • Website

Diese filmische Darstellung gewöhnlicher Menschen, die in ein unvermeidliches Chaos geraten, ist eine Komödie ohne Clowns und eine Tragödie ohne Bösewichte, die beide zu demselben Ergebnis führen werden – einem gewaltigen Durcheinander und einem Sturz, kopfüber die Treppe hinunter.“ (Bong Joon-Ho)

Mit diesen Worten fasst der südkoreanische Regisseur Bong, zuletzt bekannt durch Snowpiercer (2013) und Okja (2017), sein neustes Werk treffend zusammen. Wieder einmal ist es schwierig seinen Film zu kategorisieren. Was aber leicht fällt, ist diese Mischung aus schwarzhumorigem Drama, Sozialkommentar, Satire, Thriller und Horror als Meisterwerk zu bezeichnen. Vollkommen zu Recht hat Parasite bei den diesjährigen Filmfestspielen von Cannes die Goldene Palme gewonnen. Regisseur und Co-Drehbuchautor Bong Joon-Ho ist es gelungen, einen ebenso unterhaltsamen wie anspruchsvollen Film zu drehen, der Zuschauer zuerst in einem Strudel von Emotionen festhält und dann leise befreit und mit nachdenklicher Miene nachhause schickt. Vielleicht nimmt man auf dem Weg seine Mitmenschen und sich selbst anders wahr als noch auf dem Weg zum Kino. Vielleicht ist Parasite der beste Film des Jahres. Definitiv hat er jedenfalls unsere Höchstwertung verdient!

Familie Kim ist ganz unten angekommen. Vater, Mutter, Sohn und Tochter leben in einer schäbigen Kellerwohnung, kriechen für kostenloses W-LAN in jeden Winkel und sind sich für keinen Aushilfsjob zu schade. Mit der Anstellung als Nachhilfelehrer bei der reichen Familie Park gewinnt der Jüngste den ersehnten Ausweg aus der Arbeitslosigkeit und zugleich den Eintritt in einen aberwitzigen und bitterbösen Klassenkampf. Mit Tricksereien, Talent und Teamgeist gelingt es Familie Kim alle bisherigen Bediensteten der Familie Park aus der Villa zu stoßen und sich selbst als unverzichtbar für ihre neuen Herrschaften zu behaupten. Doch für die Kims wird es zunehmend schwieriger, ihre wahre Identität und Verwandtschaft geheim zu halten. Nach einem unerwarteten Zwischenfall steht ihre „Vetternwirtschaft“ erst recht auf dem Spiel…

Auch in der realen Welt würden sich die Wege der arbeitslosen Protagonisten und der reichen Familie Park wohl kaum kreuzen, außer sie stehen in einem Arbeitsverhältnis zueinander. Und hier prallen die Welten der reichen Arbeitgeber und armen Arbeitnehmer lautstark aufeinander. Die Prämisse des Films allein ist üppiger Nährboden für beste Unterhaltung. Man kann kaum erwarten, zu sehen wie die Kims es wohl anstellen werden, sich bei den Parks einzunisten ohne aufzufliegen. Sobald sich Sohn Ki-Woo (Choi Woo-Sik) seine Stelle als Nachhilfelehrer gesichert hat, missbraucht er das Vertrauen seines Arbeitgebers, um auch dem Rest seiner Familie den Weg nach oben zu ebnen.

Der Zuschauer lernt schnell, dass die Familie es faustdick hinter den Ohren hat. Ihr dreister Einfallsreichtum, mit dem sie ihren Plan zum sozialen Aufstieg ausführen, ist faszinierend und urkomisch. Voller Vorfreude geht man aus jeder Szene in die nächste und schüttelt begeistert mit dem Kopf, während einer nach dem anderen bei den Parks einzieht. Im Zuge dessen fragt man sich logischerweise wieso diese vermeintliche Versagerfamilie es eigentlich nicht auf „normalem“ Wege geschafft hat, zu Wohlstand zu gelangen. Jeder einzelne von ihnen hat die Begabung oder das Wissen, sich seinen (beruflichen) Traum zu erfüllen und theoretisch erlaubt es das demokratisch-kapitalistische System auch. Theoretisch… Chancengleichheit ist hier zwar kein vorrangiges Thema, aber es macht sich immer bemerkbar, wenn man sich wieder vor Lachen schüttelt.

Man kann gar nicht genug betonen wie klar Bong seine Botschaft von der Unmöglichkeit des Zusammenlebens, vom Kampf um Glück vorträgt. Zwei Aspekte sind dafür maßgeblich: Der Filmemacher bedient sich keiner kryptischen Bilder, sondern skizziert das soziale Verhältnis der Figuren ganz augenscheinlich. Waren es in seinem ebenfalls hervorragenden, aber nicht ganz so reibungslosen Überraschungshit Snowpiercer (2013) (unsere Kritik) noch die Privilegierten vorne im futuristischen Zug nach der Apokalypse gegen die Ausgebeuteten im hinteren Zugabteil, kämpfen hier die Reichen von oben gegen die Armen von unten – und die unten gegeneinander. Und als hätten diese es nicht schon schwer genug, sind sie sogar dann die einzigen Leidtragenden, wenn höhere Gewalten wie Unwetter über die gesamte Gesellschaft hereinbrechen. Diese konträre Präsentation ist glücklicherweise kein bisschen plakativ, was an der genialen Figurenzeichnung liegt und womit wir zum zweiten Aspekt kommen.

Die Sympathieverteilung in Parasite ist homogen, wodurch wir nicht zwischen guten und bösen Personen unterscheiden können. Familie Kim nutzt die Gutgläubigkeit der Familie Park schamlos aus, hat aber nicht zuletzt aufgrund ihres liebevollen Füreinanders stets einen Platz in unserem Herzen. Familie Park ist reich und ignorant, aber so überaus freundlich und fair gegenüber ihren Angestellten, dass sie sich den Platz mit ebenjenen teilen müssen. Auch wenn das Machtverhältnis völlig unausgeglichen ist und Familie Park immer am längeren Hebel sitzen wird, so mag man sie trotzdem nicht so recht dafür schuldig machen. Es ist nicht so als hätten sie nicht auch hart für ihren Status gearbeitet und dafür, dass sie in unbeobachteten Momenten zutiefst verletzende Dinge über Vater Kim Ki-Taek (Song Kang-Ho) sagen, mag man ihnen auch nicht wirklich übel nehmen. Der Einzelne wird nicht prinzipiell für das bittere Los des Anderen, nicht für die ökonomische Ungleichheit verantwortlich gemacht, sondern das System beziehungsweise die Gesellschaft als Ganzes – Karl Marx lässt grüßen. Dieser Umstand im Film ist deshalb so genial, weil wir uns als Zuschauer insbesondere zu dessen Ende hin auf das Wesentliche konzentrieren können.

Parasite ist ein sozialkritischer Rundumschlag im Hier und Jetzt. Die Geschichte könnte die unserer Nachbarn, Freunde und Kollegen sein; eine ähnliche können wohl die meisten von sich erzählen. Aber können wir uns das gegenseitig zum Vorwurf machen? Wer ist hier eigentlich der Parasit? Die Versuchung, anderen die Schuld für die ökonomische Ungleichheit zu geben und bequeme, einseitige Lösungsansätze zu unterstützen, ist groß. Letzten Endes versuchen alle mit mehr oder (viel) weniger Skrupel im vorherrschenden System zu überleben, welches das eigentliche Problem darstellt. Was sich jeder allerdings selbst vorwerfen könnte, ist nicht hart genug an der Lösung dieses Problems zu arbeiten. Dieser Film ist eine ehrliche Allegorie auf die Herausforderungen unserer heutigen Gesellschaft, in der ein glückliches Zusammenleben immer schwieriger erscheint. Keine leichte Kost, doch Bong hat genau die richtigen Zutaten gefunden, um das Ganze leicht verträglich und jedem schmackhaft zu machen. Dazu zählen auch die Schauspieler, die miteinander wie ein Ensemble harmonieren und von denen jeder einzelne, auch nach einem kurzen Auftritt, einen bleibenden Eindruck hinterlässt.

Fazit

Die besten Filme guckt man mit seinem ganzen Körper. Das Herz schlägt schneller, der Bauch verkrampft sich, man weint, lacht und kaut an seinen Fingernägeln. Ich selber kann kaum nachzählen wie oft mich der vollkommen zu Recht gefeierte Regisseur aus Südkorea dieses Mal laut auflachen oder beinahe vom Platz hat aufspringen lassen, so euphorisch kann dieses Genie machen. Bong Joon-Ho erzählt seine Geschichte mit bösem Humor, spektakulären Bildern und Lust an der radikalen Zuspitzung der Verhältnisse. Er überschreitet Genregrenzen und nutzt diese Freiheit, um uns zu unterhalten. Und noch nie hat er das so gut gemacht wie mit Parasite.


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