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#Der kürzeste Aufstand der Niederlande

Der kürzeste Aufstand der Niederlande

Gut eineinviertel Stunden dauert der Aufstand von Klazienaveen. Um neun Uhr morgens öffnet der Modeladen Niezing Heijes seine Türen. Um kurz nach zehn kommt in Beamter vom Ordnungsamt vorbei: Verwarnung – und eine Viertelstunde Frist, um wieder zu schließen. „Das war schon enttäuschend“, sagt der Geschäftsbetreiber Harrie van der Velde am Dienstag der F.A.Z. Er informiert sofort seine Kollegen, die anderen lockdownmüden Ladenbetreiber in dem Ort in der Provinz Drenthe. Gegen 10.20 Uhr sind ihre Türen wieder geschlossen. Das Widerstandsnest im Nordosten gibt seinen Protest gegen die Corona-Regeln auf – nach dem kürzesten Aufstand in der Geschichte der Niederlande.

Klaus Max Smolka

Van der Velde spricht für eine Ortsvereinigung, in der sich Dutzende Händler zusammengeschlossen haben. Schon vor Wochen, als ihre Perspektive noch völlig unklar war, hatten sie angekündigt, Anfang März ihre Türen zu öffnen – Verbot hin oder her. Bürgerlicher Ungehorsam sei eigentlich nicht ihre Sache, sagen sie, und immerhin stehen 4000 Euro Buße auf das Vergehen. Aber den Geschäftsleuten steht das Wasser nach eigenem Bekunden bis zum Hals – oder, im Niederländischen, bis zu den Lippen.

Die Stimmung in den Niederlanden kippt, weil der Lockdown sich scheinbar endlos zieht wie Vla-Pudding. Geschäfte, die nicht den essentiellen Bedarf decken, mussten Mitte Dezember schließen; die Regierung in Den Haag verlängerte das Handelsverbot bis einschließlich 2. März. Vergangene Woche nun folgte die jüngste Aktualisierung des Corona-Korsetts: Friseure dürfen wieder Kunden empfangen, Jugendliche und Erwachsene unter 28 Jahren gemeinsam im Freien Sport treiben, Schüler der höheren Schulen mindestens einen Tag in der Woche zum Unterricht gehen.

Zunehmend verzweifelt ist das Gastgewerbe

Aber: „Die dritte Welle ist nach Ansicht von Experten unvermeidlich“, sagte Ministerpräsident Mark Rutte. Und so bleibt das Geschäftsleben weiter eingeschränkt. Läden dürfen von diesem Mittwoch an zwar wieder öffnen, aber unter sehr speziellen Bedingungen: Kunden haben sich vier Stunden im voraus anzumelden. Je Ladenetage dürfen sich höchstens zwei Kunden dort aufhalten, für maximal zehn Minuten. Unter diesen Bedingungen „haben wir davon nichts“, resümierte die Warenhauskette Hema.

Auch in Klazienaveen sieht man das als Mini-Öffnung. „Sie haben die Entscheidung aus dem Plüsch heraus gemacht, ohne Kenntnis des Markts“, sagt van der Velde. Die Leute seien bisher schon böse gewesen, „jetzt ist man richtig wütend“. Gewinnbringend könne ein größerer Laden unter den Restriktionen nicht arbeiten, höchstens für Boutiquen sei das interessant.

So hielt die Geschäftswelt von Klazienaveen an ihrer Protestaktion fest und fasste einen Zwei-Schritte-Plan: am 2. März, dem letzten Lockdown-Tag, wollten sie vollständig öffnen und anschließend nach den geltenden Regeln handeln. Der 12.000-Einwohner-Ort nahe der deutschen Grenze erregte im ganzen Land Aufmerksamkeit. Fernsehreporter schlenderten durch die Läden, Betreiber berichteten von übervollen Kleiderlagern, Corona-Vorsichtsmaßnahmen, die das Einkaufen sicher machten, und davon, dass die nun geltenden Regeln unrealistisch seien.

„Nach Verabredung einkaufen, das funktioniert einfach nicht“, sagt eine Ladeninhaberin. Die Kommunalpolitik zeigt sich gespalten: Er habe nicht anders gekonnt und angesichts der Corona-Regeln eingreifen müssen, sagt Eric van Oosterhout, Bürgermeister der Gemeinde Emmen, zu der Klazienaveen gehört. „Ich heiße die Aktion nicht gut, habe aber Verständnis für die Botschaft, die sie vermitteln wollen.“

Zunehmend verzweifelt ist – im gesamten Land – das Gastgewerbe. Kneipen und Restaurants bleiben geschlossen. Mehrere Betriebe kündigten an, sich dem zumindest im Außenbereich zu widersetzen – wahrgemacht hat es kaum einer. In Amsterdam bediente ein Café am Dienstag für kurze Zeit Gäste, in Breda ebenfalls. Anderswo hofft man nun auf die nächste Pressekonferenz der Regierung, die zunehmend die schlechte Stimmung zu spüren bekommt. „Jetzt heißt es, den 8. März abzuwarten“, sagt van der Velde.

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