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#Politisches Beben um Rundfunkgebühr in Polen

Politisches Beben um Rundfunkgebühr in Polen

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Ein neues Rundfunkgesetz in Polen soll einen kritischen TV-Sender treffen. Doch im Streit um die Novelle platzt das nationalkonservative Regierungsbündnis. Am Ende gelingt es der PiS dennoch, das Gesetz durchs Parlament zu boxen. Aber zu welchem Preis?

Operation Rundfunkgesetz gelungen, Regierung kaputt. So ließe sich das politische Drama zusammenfassen, das sich in den vergangenen zwei Tagen in Polen abgespielt hat. Am Mittwochabend gelang es der nationalkonservativen Regierungspartei PiS nach einer turbulenten Parlamentssitzung schließlich, ihr umstrittenes neues Rundfunkgesetz durch den Sejm zu pauken. Doch da lag das Regierungsbündnis schon längst in Trümmern. Und die PiS hatte einen Vorgeschmack davon bekommen, was sie künftig mit einer Minderheitsregierung erwarten könnte.

Gekriselt hatte es bei Polens Nationalkonservativen schon lange. Dann kam es Knall auf Fall. Am Dienstagabend berichtete der Nachrichtensender TVN24 gerade live über die landesweiten Proteste gegen das Rundfunkgesetz, als das Bild plötzlich in einer wackeligen Schalte zur Pressekonferenz des Regierungssprechers wechselte. Dieser verkündete, Ministerpräsident Mateusz Morawiecki habe seinen Stellvertreter Jaroslaw Gowin gefeuert. Wenig später konterte Gowin, dies sei das Ende der Zusammenarbeit seiner Gruppierung Porozumenie (Verständigung) mit der PiS. Damit war die Regierungskrise perfekt.

Dauerstreit mit der EU

Mit ihrem Dauerstreit mit der EU, deutschfeindlichen Tönen und Stimmungsmache gegen sexuelle Minderheiten tritt die PiS-Regierung nach außen gerne so auf, als könne sie vor Kraft kaum laufen. Seit 2015 regiert sie das Land mit absoluter Mehrheit. PiS-Chef Jaroslaw Kaczynski, ebenfalls Vize-Ministerpräsident, gilt als starker Mann in Polens Politik.

Doch was von außen so wirken mag wie ein monolithischer Block, ist bei genauer Betrachtung ein komplexes politisches Konstrukt. Die PiS bildete bislang mit zwei Kleinparteien ein Listenbündnis, das unter dem Namen «Vereinte Rechte» firmierte, aber als PiS eine gemeinsame Fraktion stellte. Die von Jaroslaw Gowin geführte Porozumenie war dort mit 12 von 232 Abgeordneten vertreten. Die zweite Kleinpartei, Solidarisches Polen des Justizministers Zbigniew Ziobro, stellt 19 Abgeordnete.

Während Ziobro sich als euroskeptischer Hardliner profilierte und das Regierungsbündnis nach rechts zerrte, strebte Gowin einen moderaten, eher christdemokratischen Kurs an. Kaczynski lavierte als ausgekochter Strippenzieher irgendwo dazwischen.

Politische Achterbahn in Polen

In den vergangenen Wochen nahmen die Spannungen im Regierungslager zu. Gowin sparte nicht mit Kritik an einem Prestigeprojekt der PiS: dem milliardenschweren Konjunkturprogramm „Polnische Ordnung“, das unter anderem eine Modernisierung der Infrastruktur und des Gesundheitssystems vorsieht und Anreize für Familien schaffen soll.

Die PiS will dafür die Mittelschicht und Unternehmer mit Steuererhöhungen zur Kasse bitten – Gowin legt sich quer. Doch so richtig eskalierte der Streit beim neuen Rundfunkgesetz. Es sieht vor, dass Rundfunklizenzen nur noch dann an Ausländer vergeben werden können, wenn diese „ihre Zentrale oder ihren Wohnsitz im Bereich des Europäischen Wirtschaftsraums haben“.

Nach Ansicht von Kritikern zielt das Gesetz auf den Privatsender TVN, der über eine in den Niederlanden registrierte Holding Teil des US-Konzerns Discovery ist. Besonders der Nachrichtensender TVN24 vertritt eine PiS-kritische Linie. Discovery könnte genötigt werden, seine Anteile zu verkaufen. Gowin warnte, dies könnte das Verhältnis Polens zu den USA belasten.

So wurde das Gesetz durchgedrückt

Trotz der Regierungskrise entschied sich die PiS, das Rundfunkgesetz am Mittwoch zur Abstimmung ins Parlament zu geben. Dort begann ein bizarres Tauziehen mit der Opposition. Dieser gelang es zunächst, mit einem Antrag zur Tagesordnung die ganze Sitzung auf September zu verschieben und die PiS dabei zu überstimmen. Doch offenbar griff Parteichef Kaczynski danach tief in seine Trickkiste: Die zur PiS gehörende Parlamentspräsidentin Elzbieta Witek ließ das Votum wiederholen – angeblich, weil ihr ein Formfehler unterlaufen war. Bei der Wiederholung stimmte eine Mehrheit für eine Fortsetzung der Sitzung. Und die PiS bekam ihre Änderung des Rundfunkgesetzes.

Bildquelle:

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Von

Richard W. Schaber

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