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#Prosit, Baum

Prosit, Baum

Wenn sich Wissenschaftler unterschiedlicher Disziplinen zusammentun, kann dabei etwas Vernünftiges herauskommen. Das ist besonders erfreulich, wenn es um einen Notstand geht, wie ihn der Klimawandel mit sich bringt. Denn die Lage des Patienten ist offensichtlich, es geht ihm schlecht. Ein Blick auf die Bäume zeigt, dass sie an vielen Standorten vom Trockenstress gezeichnet sind. Oder der jüngste Sturm hat sie flach gelegt, weil die Wurzeln im ausgetrockneten Boden keinen Halt finden. Das ließ dem Physikprofessor Claus Mattheck vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT) keine Ruhe. Der mit vielen Preisen ausgezeichnete Pionier der Bionik und Sachverständige für Mechanik und Bruchverhalten der Bäume tat sich also mit einer Handvoll Gleichgesinnter aus den Fachgebieten Maschinenbau, Biologie und Forst zusammen und sann auf Lösungen.

Lukas Weber

Redakteur im Ressort „Technik und Motor“.

Was die Experten nun als Ergebnis ihrer Forschung vorgestellt haben, ist wie viele gute Ideen so naheliegend, dass man sich fragen muss, warum bisher noch keiner darauf gekommen ist. Es ist eine auch für den Laien einfach umzusetzende Methode, einzelnen Bäumen in Parkanlagen, Städten oder an der Allee zu helfen. Der Aufwand ist überschaubar, für die Mengen im Wald ist sie indessen nicht geeignet.

Im Kern geht es darum, den Wurzeln zu zeigen, wie sie an Wasser kommen. Das kennt jeder Besitzer eines Hauses in einer Umgebung mit starkem Bewuchs, der sich schon einmal mit der Sanierung seiner Abwasserrohre beschäftigen musste: Die Wurzeln der Pflanzen zieht es dorthin, wo es feucht und nahrhaft ist, sie zwängen sich notfalls durch die kleinste Ritze und setzen mit der Zeit dem Querschnitt zu. Dabei entwickeln sie beachtliche Kräfte, Wurzeln sind in der Lage, Mauern zu sprengen und Steinplatten anzuheben. Und sie sind zugfest, mit einer Wurzel von vier Zentimeter Durchmesser könne man zwei Elefanten anheben, sagt Mattheck. Wenn der Baum trotzdem vom Sturm umgeworfen wird, liegt es meist daran, dass Erde und Steine mit herausgerissen sind.

Unscheinbar: Das mit Split und Inkaerde gefüllte Loch ist kaum zu sehen.


Unscheinbar: Das mit Split und Inkaerde gefüllte Loch ist kaum zu sehen.
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Bild: KIT

Viel Feuchtigkeit nahe der Oberfläche, etwa durch ständiges Gießen, verführt die Pflanze dazu, nicht in die Tiefe zu gehen, das ist mit Blick auf die Verankerung unerwünscht. Die Lösung der Wissenschaftler besteht stattdessen darin, den Wurzeln den Weg in die Tiefe zu zeigen, dorthin also, wo der Boden bei Dürre noch feucht ist. Das funktioniert auch bei solchen Arten, die von Natur aus eher flach wurzeln. Neben dem Baum wird dazu mit einem Erdbohrer ein Loch von 20 bis 30 Zentimeter Durchmesser angebracht. Diese Eintrittspforte für Regen und Luft ist möglichst so tief, dass die trockene Schicht durchstoßen wird, die feuchte Erde haftet dann beim Herausziehen noch am Bohrer. Es wird mit einer Mischung aus Split und Inkaerde (Terra preta) aufgefüllt.

Wie Versuche am Karlsruher Institut gezeigt haben, ist eine Korngröße von 20 bis 40 Millimeter ideal, darin können sich die Wurzeln am besten verankern. Dazu kommt etwa so viel Inkaerde, dass die Hohlräume zwischen den Steinen gerade ausgefüllt sind, das verhindert das Nach­sacken. Dann wird mehrfach angegossen. Inkaerde besteht zum größten Teil aus Pflanzenkohle, die porös ist und dadurch viel Wasser aufnehmen kann, außerdem sind nährstoffreiche Komponenten enthalten. Die Kohle kann mit modernen Pyrolyseverfahren aus organischem Material wie Grünschnitt, Stroh oder Getreideschalen hergestellt werden.

Cartoon: Wissenschaft, locker verpackt


Cartoon: Wissenschaft, locker verpackt
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Bild: C. Mattheck

Wenn nach einigen Jahren die Nährstoffe aufgebraucht sind, lässt sich die Inkaerde wieder aufladen. Sobald die Wurzeln den Zylinder durchdrungen haben, wachsen sie weiter nach unten, wo die Erde feuchter ist, das ist auch im Sinne der Festigkeit erwünscht. Dass die Methode funktioniert, zeigen Experimente am Institut mit Mais. Außerdem gibt es erste Versuche mit Großbäumen, Langzeiterfahrungen fehlen naturgemäß noch. Dort, wo der Boden ohnehin sehr wasserdurchlässig ist, hat der Splitzylinder keinen Nutzen, und auch im gegenteiligen Fall ist die Einsatzmöglichkeit begrenzt, wenn etwa im Lehmboden der Zylinder vollläuft, können die Wurzeln ersticken.

Wo wird das Loch am besten angebracht? Das erfordert Kenntnis vom unterirdischen Wachstum der Bäume, denn der Splitzylinder soll die Feinwurzeln verführen und nicht die Verankerung des Baumes kappen. Gesucht wird also der Rand der Wurzelplatte, er liegt etwa im Traufbereich. Mehrere Zylinder je Baum sind möglich, einer kann aber auch zwei Bäume versorgen, er wird zwischen ihnen angebracht und von beiden gemeinsam durchwurzelt. Mit dieser Methode lassen sich nicht nur alte Bäume sanieren, sie kann auch für Neupflanzungen verwendet werden. Die Autoren schlagen dafür vor, den jungen Baum über mehrere Zylinder im Pflanzloch gleichsam auf Splitstelzen zu setzen.

Wie die Splitzylinder am besten angelegt werden, ist mit vielen weiteren Hinweisen zum Thema dem Buch „Klimafester Baum?“ zu entnehmen, darin ist unter Matthecks Federführung Wissenschaft in launigen Darstellungen verpackt. Es ist in elektronischer Form für rund 10 Euro bei Amazon erhältlich.

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