#Putins Einfluss an der Cote d’Azur
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„Putins Einfluss an der Cote d’Azur“
Im Duell zwischen den Kandidaten der bürgerlichen und der extremen Rechten um die Region Provence Alpen Côte d’Azur (Paca) fällt auch eine Entscheidung über den russischen Einfluss im drittgrößten französischen Wirtschaftsraum. Der Kandidat Marine Le Pens, Thierry Mariani, zählt zu den führenden Köpfen des von der Universitätsprofessorin Cécile Vaissié in einem Buch detailliert beschriebenen „Kreml-Netzwerkes in Frankreich“.
Der amtierende Regionalratspräsident Renaud Muselier hat wiederholt darauf verwiesen, dass sein Herausforderer französische und europäische Interessen zu verraten drohe. In der letzten Fernsehdebatte am Donnerstag vor der Stichwahl sagte Muselier: „Mariani hat als Trojanisches Pferd Putins im Europaparlament gewirkt. Auf der Krim und in der Ukraine verteidigt er prorussische Interessen.“
Wer erhält Zugriff auf EU-Milliarden?
Die Mittelmeerregion Paca soll laut Haushaltsplan bis 2027 EU-Geld in Höhe von zehn Milliarden Euro erhalten. Die beliebte Urlaubsregion mit mehr als fünf Millionen Einwohnern ist stark von europäischen Subventionen abhängig. Darauf verweist Paul Maurice vom französischen Institut für internationale Beziehungen, Ifri: „Die Regionen verwalten die EU-Fonds. Die Zuwendungen machen einen beträchtlichen Teil des Regionalhaushalts aus.“
Es sei fraglich, wie der EU-Kritiker Mariani auf dieses Geld verzichten wolle. „Er hat einen klar pro-russischen Diskurs und könnte versuchen, sich russische Alternativen zur EU-Finanzierung zu erschließen“, sagte der Politikwissenschaftler der F.A.Z. Die Beliebtheit der Côte d’Azur bei russischen Oligarchen sei bekannt.
Maurice erinnert daran, dass Mariani sich 2019 besonders lautstark gegen den Aachener Freundschaftsvertrag ausgesprochen hatte und ihn als „Übernahmeangebot Deutschlands“ zu diskreditieren versuchte. Das entspricht der Rhetorik, die Mariani auf vielen vom Kreml mitfinanzierten Seminaren eingeübt hat und die darauf hinwirken soll, Frankreich und Deutschland zu entzweien und die EU zu schwächen.
Eine Reise auf die Krim
Der 62 Jahre alte Berufspolitiker hat sich seit seiner Heirat mit der Russin Irina Chaikhoullina 2005 immer stärker als Fürsprecher Putins in seiner damaligen Partei UMP (heute: Les Républicains) positioniert. Seine Ehefrau stellte im Präsidentenwahlkampf 2007 auf dem Webkanal der Partei die Kampagne Nicolas Sarkozys in russischer Sprache vor. Mariani zog die Strippen, als Präsident Sarkozy kurze Zeit später eine „strategische Partnerschaft“ mit Moskau versprach und trotz Widerstands in Washington einen Verkaufsvertrag über zwei moderne Hubschrauberträger mit dem Kreml unterzeichnete.
Samstags um 9.00 Uhr
Nach der völkerrechtwidrigen Annexion der Krim wurde der Vertrag von der sozialistischen Staatsführung in Paris annulliert. Das hinderte Mariani jedoch nicht daran, sich mit einer Parlamentarierdelegation auf die Krim zu begeben und für eine Aufhebung der „ungerechten, demütigenden, provozierenden und kontraproduktiven Sanktionen“ gegen Russland zu werben. „Die Krim hat sich für Russland entschieden, daraus sollten wir ihr keinen Vorwurf machen“, äußerte wenig später der damalige Parteichef Sarkozy.
Im Präsidentschaftswahlkampf 2017 war es wiederum Mariani, der für den Kandidaten François Fillon die Russland-Verbindungen ausbaute. Er wurde als künftiger Außenminister eines Präsidenten Fillon genannt, mit direktem Draht in den Kreml. Fillon kann seither nicht genug von lukrativen Aufträgen für russische Denkfabriken und Unternehmen bekommen. Der „liebe Wladimir“, wie er Putin beim Petersburger Forum nannte, ließ Fillon jüngst in den Aufsichtsrat des Ölunternehmens Zaroubejneft berufen.
Neue Heimat bei Le Pen
Mariani jedoch verlor nach der Niederlage Fillons seinen Wahlkreis und fand bei Le Pen eine neue Heimat. Der Familienclan Le Pen ist mit Russland seit den sechziger Jahren verbandelt, als Jean-Marie Le Pen noch mit Nazi-Devotionalien handelte. Der inzwischen verstorbene Ikonenmaler Ilja Glasunow, ein späterer Putin-Freund, porträtierte Le Pen damals als schmissigen Fallschirmjäger ohne Glasauge. Das Porträt hängt bis heute in der Villa des Clans in Saint-Cloud und soll die Besucher aus Moskau begeistern. Marine Le Pen hat sich den Wahlkampf 2017 mit einem Kredit über elf Millionen Euro einer tschechisch-russischen Bank finanzieren lassen.
Mariani wurde mit ihrem Segen im Mai 2019 ins EU-Parlament gewählt, wo er gezielt die Ausschüsse unterwanderte, die sich mit der Abwehr russischer Einflussnahmen in der EU befassen. Mariani ließ sich als einer von neun Parlamentariern für den Europäischen Demokratiefonds nominieren, der 2012 gegründet wurde, um prodemokratische Akteure in der EU-Nachbarschaft zu unterstützen. Die Stiftung unter Vorsitz des deutschen CDU-Politikers David McAllister fand offensichtlich nichts dabei, dem prorussischen Abgeordneten Einblicke in die Förderung bedrohter Demokraten in Belarus und Russland zu geben.
Erst nach einem Artikel der linken Webzeitung Mediapart gab Mariani im September 2020 seinen Rücktritt aus der Stiftung bekannt, nicht ohne die „Intoleranz“ der Putin-Kritiker zu beklagen. Marianis Liste ist aus dem ersten Regionalwahlgang als stärkste Kraft hervorgegangen, weil er sich die ältere Wählerschaft erschloss, die in anderen Regionen für die bürgerliche Rechte stimmte. In der Mittelmeerregion, die durch islamistische Terroranschläge besonders erschüttert wurde, sind viele Wähler für sein Argument empfänglich, dass sich nur in einem Bündnis mit Putin die christliche Zivilisation gegen Attacken der Islamisten verteidigen lasse. Bislang hat Nicolas Sarkozy nicht geäußert, wen er in dem Bruderkrieg der früheren Parteifreunde Mariani und Muselier unterstützt. Seine Wahlempfehlung könnte entscheidend sein.
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