Wissenschaft

#Rätselhafter Hühnerei-Fund

Was hatte es mit dieser ungewöhnlichen Grabbeigabe auf sich? Passend zur Osterzeit rückt das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege einen besonderen Fund aus seinem Archiv in den Fokus: Ein vermutlich hartgekochtes Hühnerei, das im 7. Jahrhundert einem fünfjährigen Knaben mit kindlicher Waffenausstattung ins Grab gelegt worden war. Auch zehn Jahre nach der Entdeckung lässt sich über die Bedeutung der Beigabe nur spekulieren, sagen die Experten.

Der Blick richtete sich auf die kleine Gemeinde Langenpreising im oberbayerischen Landkreis Erding. Am Ortsrand befindet sich eine archäologische Stätte, die in den vergangenen Jahren bereits mehrere Einblicke in die Bestattungskultur der geheimnisvollen Merowinger-Ära des Frühmittelalters ermöglicht hat. Zunächst hatten archäologische Untersuchungen dort die Überreste eines Grabhügels dokumentiert, in dem um etwa 680 n. Chr. ein Mann mit Reiterausrüstung bestattet worden war. Unweit davon wurden dann im Jahr 2014 weitere Gräber aus der gleichen Zeit entdeckt.

Ein reich ausgestatteter Knabe mit Hühnerei

Darunter befand sich auch das ungewöhnlich ausgestattete Kinder-Grab, das das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege (BLfD) nun erstmals speziell in den Fokus der Öffentlichkeit rückt. Die Archäologen entdeckten darin das Skelett eines Knaben im Alter zwischen vier bis sechs Jahren. Wie sich zeigte, war der Kleine erstaunlich martialisch ausgestattet beigesetzt worden: Man hatte ihm eine Gürtelgarnitur, eine Lanze und ein Schwert beigelegt. Diese gesamte Ausstattung entspricht dabei der eines reichen Männergrabes des 7. Jahrhunderts – allerdings mit dem Unterschied, dass die Objekte an die Größe des Kindes angepasst waren, erklären die Archäologen.

Das Hühnerei ist auf dem rechten Hüftknochen des Skeletts zu erkennen. Links zeichnet sich der Überrest des in Kindergröße angefertigten Schwertes (Sax) ab. © BLfD

Doch die kindliche Waffenausrüstung war nicht die einzige Besonderheit dieses frühmittelalterlichen Grabes: Das Team entdeckte ein circa fünf Zentimeter großes Objekt, das offenbar im rechten Beckenreich des Jungen deponiert worden war. Aus den Untersuchungen ging hervor, dass es sich um ein Hühnerei handelt. Vermutlich wurde es unbeschädigt und in einem gekochten Zustand in das Grab gelegt. Das Hühnerei aus Langenpreising wurde dann zusammen mit den anderen Funden in einer Restaurierungswerkstatt des Landesamts konserviert und archiviert. Welche Bedeutung die Grabbeigabe des Hühnereis in dem Kinder-Grab besessen hat, ist auch nach zehn Jahren noch unklar geblieben, schreibt das BLfD.

Was verbanden die Menschen mit dem Ei?

Grundsätzlich scheint klar, dass Eier schon früh symbolische Bedeutungen in verschiedenen Kulturen besaßen. Die frühesten archäologischen Belege für Eierbeigaben stammen dabei aus italienischen Gräbern aus dem 5. Jahrhundert vor Christus, schreibt das BLfD. Neben Hühner- und Gänseeiern wurden Verstorbenen manchmal auch künstliche Eier aus Ton und Bronze mitgegeben. In Gräbern junger Frauen werden sie als Symbol für ihre Fruchtbarkeit gedeutet. Basierend auf älteren Traditionen avancierten Eier dann aber schließlich im Christentum zum Symbol für Wiedergeburt und Auferstehung.

Führte eine solche Vorstellung auch schon zu der Langenpreisinger Grabbeigabe? „Welcher Brauch unserem bayerischen Hühnerei zugrunde liegt, bleibt bisher offen“, sagt Jochen Haberstroh vom BLfD. „Sicher ist, dass das Ei eine besondere symbolische Bedeutung für die Angehörigen des Verstorbenen hatte“. Offenbar kommt ihm zufolge aber auch schlicht eine symbolische Speise für das Jenseits infrage: „Die Lage des Eis im Bauchbereich könnte auf eine Speisebeigabe hinweisen. Denn vor allem Kindern wurden im Frühmittelalter die Speisen in dieser Position mitgegeben“, sagt der Archäologe.

Trotz der unklaren Bedeutung, handelt es sich bei dem Fund aber auf jeden Fall um einen interessanten Aspekt frühmittelalterlicher Bestattungskultur im heutigen Süddeutschland, so das BLfD.

Quelle: Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege

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